Kapitel 3

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Wie sollte es dann ertragen, ihn vielleicht gar nicht mehr zu sehen? Langsam fiel es mir schwer zu atmen, mein Herz begann zu rasen und ich merkte, wie ich eine Panikattacke bekam. 

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P.o.v. Tim

In der Dusche dachte ich über die Situation gerade eben nach. Dass Jan mich aufgrund seines Tourette-Syndroms biss, war für mich mittlerweile schon fast normal. Doch dieses Mal war es verdammt seltsam. Er war mir plötzlich so nah wie sonst nie und mir war kurz das Herz stehen geblieben, um daraufhin doppelt so schnell weiter zuschlagen. Es wirkte fast so, als wäre er kurz davor gewesen, mich zu küssen. Oder hatte ich mir das nur eingebildet?

Mir war aufgefallen, dass Jan in den letzten Wochen immer mehr Tics hatte, bei denen er mir näher kam, mich anfasste oder mich sogar ableckte. Dazu noch das Beißen, Finger in das Ohr oder den Mund stecken, an meine Brust fassen, in meinen Hintern kneifen oder draufschlagen,...
Hatte das etwas zu bedeuten? Bei anderen hatte ich das noch nie beobachtet, nur ich bekam das alles ab. War es, weil er bei mir keine Hemmungen mehr hatte und es einfach nicht mehr versuchte, es zu unterdrücken oder wollte er mir unbewusst näherkommen? Schnell verdrängte ich diesen Gedanken wieder, welcher bestimmt nur Wunschdenken von mir war. Nur weil Jan schwul war, hieß es nicht, dass er auf mich stand. Leider. Ich seufzte und machte das Wasser aus, da ich mir die Farbe fertig abgewaschen hatte. Mit einem Handtuch um meinen Körper huschte ich schnell in Jans Schlafzimmer und schnappte mir ein paar weite Sachen aus seinem Kleiderschrank. Für uns war es normal, uns unsere Klamotten zu teilen, weshalb ich ihn nicht erst fragte. 

Während ich mir die Sachen anzog, fiel mein Blick in den Spiegel, woraufhin ich augenblicklich stoppte und tief durchatmete. Obwohl man das, was Jan durch sein Tourette so von sich gab, nicht ernst nehmen durfte, musste ich Gisela doch recht geben. Ich hatte wirklich ganz schön zugenommen, was mir langsam selbst nicht mehr gefiel. Ob Jan vielleicht heimlich auch so dachte, es aber nicht zugeben wollte? Als fett würde ich mich nicht direkt bezeichnen, aber trotzdem konnte ich ihm so niemals gefallen. Falls ich es überhaupt könnte. Auch wenn ich es mir nicht anmerken ließ und es eigentlich echt dumm war, verletzten mich Giselas Kommentare bezüglich meines Gewichtes oder Aussehens schon ein wenig. 

Schnell zog ich mir das herausgesuchte T-Shirt über, um meinen Bauch nicht mehr sehen zu müssen und machte mich danach auf die Suche nach Jan. Nachdem ich bereits zwei Mal seinen Namen gerufen hatte und keine Antwort erhielt, bekam ich langsam ein ungutes Gefühl. In der Küche hatte ich noch nicht gesucht, weshalb ich mich schnurstracks dort hinbewegte. Ich öffnete die Tür und fand dort meinen besten Freund zusammengekauert und nach Atem ringend auf einem Stuhl vor. Eine Panikattacke. Auch wenn ich ähnliche Situationen schon ein paarmal miterlebt hatte und aufgrund meiner Ausbildung auch wusste, wie ich zu reagieren hatte, schockte und schmerzte es mich aufs Neue. Langsam, um ihn nicht zu erschrecken, ging ich auf ihn zu und legte beruhigend meine Hand auf seine Schulter. Erst da fiel seine Aufmerksamkeit auf mich, weshalb ich ihm unter die Arme griff und ihn weiterhin stützend zum Stehen brachte. "Hey, alles gut! Mit mir gemeinsam tief ein und ausatmen", redete ich in beruhigendem Ton auf ihn ein und machte es vor. Nach ein paar Atemzügen merkte ich, wie er sich bereits ein wenig entspannte, weshalb ich ihn auf dem Sofa im angrenzenden Wohnzimmer absetzte und ihm ein Glas Wasser brachte. Er trank langsam ein paar Schlucke, ehe ich es ihm wieder abnahm, auf dem Couchtisch abstellte und mich neben ihn setzte.

 Erschöpft lehne er sich an mich, was mein Herz nach dem kurzen Schockmoment gerade nicht unbedingt langsamer schlagen ließ. "Geht's wieder?", fragte ich ihn fürsorglich. Er nickte und bedankte sich für meine Hilfe, woraufhin sich Gisela wieder mit ein paar unpassenden Ausdrücken zu Wort meldete. Doch diese ignorierte ich, da ich mich allein auf den Jungen neben mir konzentrierte. Auch wenn ich wusste, dass er kein Mitleid wollte, tat er mir verdammt leid, da er es aufgrund seiner Krankheiten nicht einfach hatte. Ich wünschte, ich könnte ihm wenigstens eine abnehmen.

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Hey Leudis! Ich wollte mich mal für die Votes und Kommentare bedanken, hätte ehrlich gesagt nicht wirklich damit gerechnet, dass das hier jemand liest :D
Feedback ist immer gern gesehen, habt noch einen schönen Morgen, Mittag oder Abend!

When Gisela knows better... | Gewitter im Kopf Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt