Kapitel 1

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Klopf, klopf, klopf.

„Pippa? Pippa bist du wach? Los! Raus aus den Federn. Heute ist so ein schöner Tag. Also los, zieh dich an. Ich warte in der Küche auf dich."

Erschrocken wachte ich auf. Mein Herz raste als wäre ich einen Marathon gelaufen. Okay, ich weiß zwar nicht wie mein Pulsschlag nach einem Marathon wäre, da ich sicher nicht so sportlich war, doch so stellte ich mir das vor. Beruhigt setzte ich mich in meinem Bett auf. Es war nur eine Traum! Nur ein Traum. Erleichtert atmete ich auf. Es ist nicht real!

Ich strich über mein Gesicht und ich bemerkte die Tränen, wie in meinem Traum. Schockiert starrte ich meine nassen Hände an. Ich habe wirklich geweint! Nicht nur im Traum. Sondern auch in Echt. Es war so lebhaft und authentisch. Die Lichtung, die Familie, der Kampf. Die Leichen! Oh mein Gott!

Als mir die Details des Traumes wieder einfielen, stockte mein Atem. Wie kann ein Traum so grausam und schön zu gleich sein? Können nicht Einhörner auf einer Zuckerwatten Wiese herumtollen in meinen Träumen, wie bei normalen Menschen? Ich versuchte die Gedanken an den Traum zu verdrängen, aber die Bilder schoben sich immer wieder unerbittlich vor meine Augen. „Pippa! Nun komm schon! Du hast schon lange genug geschlafen!" unterbrach Tante Beatrice meine Gedanken. Ich schaute Gedanken versunken auf meine Uhr. Meine Tante hatte recht, ich musste aufstehen und mich fertig machen, also stieg ich aus meinem Bett, schnappte mir einen Hoodie und eine einfache Hose und rannte ins Badezimmer gegenüber. Während ich Zähne putzte schweiften meine Gedanken wieder zurück zu meinem lebhaften Traum. Er fühlte sich so real an, als ob dies Erinnerungen wären und nicht ein Traum, indem mein Verstand irgendwas vom vorherigen Tag verarbeitete. Stimmt, ich habe gestern diesen einen Film über diese Königsfamilie gesehen! Das wird der Grund für diesen seltsamen Traum sein.

Schulterzuckend spuckte ich die Zahnpasta aus und spülte meinen Mund mit Wasser aus. Danach öffnete ich meinen französischen Zopf und kämmte meine hellblonden Haare, die mir nun in sanften Wellen über meine Schultern fielen. Nun umrahmten meine Haare mein helles, mit ein wenig Sommersprossen überzogenes Gesicht. Ich sah in den Spiegel und mir blickten dieselben langweiligen, ausgewaschenen blauen Augen entgegen wie jeden Tag. Ich könnte jetzt probieren irgendwas an meinem Aussehen mit Make–Up zu verändern, aber dann wäre ich nicht mehr ich. Und mal davon abgesehen: So talentiert wäre ich darin auch nicht um mich aufzuhübschen. Also gehe ich so wie immer. Die „graue Maus" als die mich jeder sieht. Allerdings scherte es mich schon seit langen nichts mehr wie man mich nannte. Ich habe mich mit einer Situation abgefunden. Rasch zog ich mich an und flitzte nochmals in mein Zimmer, um meine Schultasche zu holen, danach lief ich schnurstracks runter in die Küche, wo Beatrice schon auf mich wartete.

„Guten Morgen" begrüßte ich meine Tante recht neutral. „Na was ist denn los, Sonnenschein? Sind heute die Wolken aufgezogen oder was hat dir die Wurst vom Brot geklaut? Hast du geweint?" fragte Beatrice mich besorgt und ich schüttelte sofort den Kopf. Ich war kurz davor, ihr von meinen bizarren Traum zu erzählen, unterließ dies aber. Einerseits wollte ich nicht, dass sie sich Sorgen um mich machte, aber andererseits war da dieses Gefühl, was mich davon abhielt. So als würde mich etwas davon abhalten es bekannt zu geben, weil es zu intim oder so war. Ach keine Ahnung, wie ich das erklären soll, dass ist irgendwie kompliziert. Also antwortete ich meiner Tante mit einem einfachen Schulterzucken. „Naja, heute bin ich halt mal nicht ganz so gut gelaunt wie sonst. Ich hab nicht so gut geschlafen, weißt du?" versuchte ich meiner Tante zu erklären. Ich wendete mich ihr ab und dem Kühlschrank zu, holte mir den Orangensaft raus und goss mir ein Glas ein. Mit dem Glas in der Hand, stellte ich mich an unsere Kochinsel aus Granit und schaute zu meiner Tante. Ihre schon grauen Haare hatte sie heute in eine kunstvolle Hochsteckfrisur drapiert, mit der sie ein bisschen strenger aussah. Dies unterstrich ihren Business Look noch zusätzlich. Man konnte ihr ansehen, dass sie als Sekretärin arbeitete. Ich sage nur: Gestriegelt und gebügelt! Kannte man meine Tante jedoch wusste man, dass sie das genaue Gegenteil zu ihrem Aussehen war. Und auch jetzt legte sich ein leichtes Lächeln wieder auf ihr fast faltenloses Gesicht. „Also es wäre ja gelacht, wenn wir deine Stimmung nicht aufbessern könnten. Hast du denn vergessen was heute ist?" fragte sie mich kichernd. Ich konnte ihr nur irritiert entgegen blicken, ratlos was sie mit dieser Aussage meinte. Nun lachte Beatrice herzhaft über meinen Ausdruck und ich wurde noch irritierte. Nun ja zumindest bis jetzt. Beatrice wendete sich von mir ab und als sie sich wieder zu mir drehte, hielt sie ein kleines Päckchen in der Hand, welches sie mir auffordernd entgegen streckte. „Happy Birthday zum 17., meine Süße. Ich wünsche dir alles, alles Gute für dein Leben. Das du in allen Lebenssituationen beschützt wirst, egal wohin dich dein Leben führen wird." sprach sie in feierlichen Ton und umarmte mich stürmisch. Perplex erwiderte ich ihre Umarmung und schaute sie dann erstarrt an. Erst danach fing ich an zu realisieren, das ich heute wirklich Geburtstag hatte! „Ich – ich habe heute Geburtstag?" fragte ich nochmals um mich zu versichern. Meine Tante nickte einfach nur energisch und schmunzelte. Ich habe meinen Geburtstag vergessen! Ist das zu glauben? Ich habe noch nie meinen Geburtstag vergessen. Nun lachte auch ich, vor allem über dieses Missgeschick meinerseits. „Dankeschön. Das ist sehr lieb von dir! Ich habe das total vergessen!" lachte ich immer noch weiter. Langsam nahm ich das kleine Päckchen aus ihrer Hand entgegen und schüttelte es erst mal vorsichtig. Hmm. Ein leises Rascheln ertönte. „Nun mach es schon auf! Spann mich nicht so auf die Folter!" nörgelte Beatrice mir gegenüber. Auch meine Neugierde war nun geweckt, weshalb ich nicht länger zögerte und die Schleife des Geschenks aufzog. Unter dem Geschenkpapier kam eine edel wirkende Schmuckschatulle zum Vorschein. Und was darin war, war noch wertvoller, als ich zu Beginn dachte. In der Schatulle lag eine Kette mit Herzanhänger. Das Besondere war aber nicht der Herzrahmen aus Silber, sondern das kleine Herz aus Saphir, welches in der Mitte des Silbers eingelassen war. Mein Mund klappte vor Erstaunen auf.

Die Chroniken der Arcani - das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt