Kapitel 10

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„Dann bist du... adelig?" fragte ich perplex. Nun ertönte nur ein Lachen. „Ja, das bin ich... Irgendwie." Ungläubig schüttelte ich den Kopf. „Also Philipp auch? Und was ist mit Robyn?" verhörte ich ihn weiterhin und sein Lachen hielt an. „Ja klar ist mein Zwillingsbruder auch adelig. Und Robyn ist auch adelig. Sein Vater ist Lord Derrington. Den Mann den du gestern kennengelernt hast. Er ist ein hohes Tier im Palast." Scheiße! Was soll das denn heißen? „Aber er ist kein Prinz, oder?" fragte ich zur Bestätigung. Er konnte keiner sein. Waren Prinzen nicht immer Gentlemanlike und freundlich, zuvorkommend und charmant? Okay, ein Charmeur ist er und auch ein Ritter in glänzender Rüstung, aber der Rest? „Nein, er ist kein Prinz." schmunzelte Alexander neben mir. Puh. „Aber warum fragst du mich so entgeistert? Ist es so unvorstellbar das wir von adeliger Herkunft sind?" stellte er die Gegenfrage. „Naja, du kommst gebildet und nett rüber, aber dein Bruder? Hat er den Benimm–Unterricht geschwänzt? Oder warum verhält er sich wie ein Arschloch? Und Robyn... er ist sicherlich ein Frauenheld, so wie er aussieht." „Mit letzterem hast du recht." Lachte er erstmal und fing dann an zu erklären. „Philipp... ist eigen. Er war schon immer misstrauisch und unterkühlt, aber wenn man ihn näher kennt ist er einer der nettesten und loyalsten Arcani die ich kenne. Nur vertraut er sehr wenigen und Menschen erst recht nicht –" „Was du nicht sagst! Aber er scheint mich so oder so zu verabscheuen!" unterbrach ich Alexander. „Nein! Verabscheuen nicht. Abscheu ist ein großes Wort und da nehmen andere diesen Platz ein. Das hat alles einen Grund und der hat nichts mit dir zu tun." erklärte er mir. „Okaaaay." zog ich das Wort lang. „Themawechsel! ... Wenn ich doch eine von euch bin, woher hab ich denn dann diese Kräfte? Ich dachte sie sind erblich bedingt?" wechselte ich nachdenklich das Thema. „Deine Tante ist bestimmt eine von uns! Apropo, wo sind deine Eltern?" fragte er vorsichtig. Ich glaube, er ahnte es schon, denn er hielt die Luft an und wagte es nicht mir in die Augen zu blicken. „Sie sind gestorben als ich noch sehr klein war, dann kam ich zu meiner Tante und sie zog mich auf. Aber zu deiner ersten Frage: Wie sollte man so was geheim halten? Also wenn meine Tante auch eine Arcani sein sollte?" fragte ich und versuchte die Traurigkeit aus meiner Stimme zu verbannen und mich auf das eigentliche Problem konzentrieren. Es ist ein Thema von fremden Menschen gerettet zu werden oder ein nettes Pläuschen zu halten, doch vor ihnen zu weinen ist intimer und erst recht das Wissen über meine verstorbenen Eltern. Und das ist mir unangenehm. „Das tut mir leid. Ich weiß wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren." flüsterte er leise und griff nach meiner Hand, die zwischen uns auf dem Bett lag. Und sie schenkte mir Kraft und durch sein Geständnis fühlte ich mich auch schon deutlich wohler. Sein Bedauern war echt und nicht nur so geheuchelt wie bei den meisten anderen. Er verstand mich wirklich! „Aber wenn du meinst, dass deine Tante keine Arcani ist, dann müsste auch deine Mutter oder dein Vater keiner sein. Dann wäre es jedoch nicht möglich, dass du eine von uns bist. Es sei denn –" er unterbrach sich selbst und seine Überlegungen und starrte entsetzt zu mir. „Was? Was könnte sein?" wollte ich nun neugierig wissen. „Kann es möglich sein, dass sie nicht deine Tante ist? Also nicht deine biologische?" Vehement schüttelte ich meinen Kopf. Das ist nicht möglich. Wie hätte Beatrice mir dann immer von meinen Eltern erzählen können? Oder? „Die andere Möglichkeit wäre nur noch, dass deine Eltern nicht deine Eltern waren. Denn beide Elternteile müssen ein Arcani sein um ein Arcani–Kind zu gebären." sagte er vorsichtig und strich mir beruhigend über meinen Handrücken. Sofort glitt meine andere Hand zu meiner Kette. Ein Geschenk meiner Mutter! Abrupt stand ich auf und löste mich von Alexander. „Das ist einfach unmöglich! Es muss eine andere Möglichkeit geben! Vielleicht täuscht du dich auch und ich bin gar keine Arcani wie du! Ich hab ja nicht einmal eine Fähigkeit!" Die Worte sprudelten nur so wie ein Wasserfall aus mir heraus und mein Entsetzten war deutlich aus meiner Stimme heraus zu hören. Ich kann es kaum fassen!

Erst soll ich nicht die sein für die ich mich die letzten 17 Jahren gehalten habe, sondern eine übernatürlichen Spezies angehören! Aber darüber hinaus soll meine Tante nun nicht mal mehr meine Tante sein! Das ist falsch! Unmöglich! Niemand kann einfach so in mein Leben treten und alles auf den Kopf stellen und mich an allem und jeden zum zweifeln bringen! Ich dachte an all die Erlebnisse mit Beatrice zurück, überlegte ob ich je auch nur einen Funken Magie an ihr wahrgenommen habe oder ein Indiz, das wir nicht verwandt waren, doch bis eben kam ich nicht mal auf die Idee dies zu hinterfragen! Es war mir einfach zu viel!

Die Chroniken der Arcani - das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt