Meine Sicht war wieder mal getrübt. Alles war dunkel und ich rannte in meinem Schlafanzug einfach so rum. Ziel- und Orientierungslos. „Komm zu mir." hallte auf einmal eine liebliche Stimme mir entgegen. Ich kenne sie! Das ist die Stimme der Frau aus meinen letzten Traum. Sobald sie dies sagte, wandelte sich meine Sicht und ich stand an einen mir bekannten Ort: Die Bibliothek Elimas. „Trau dich!" forderte die Stimme, aber ich sah niemanden. „Hallo? Ist da wer? Hallloho!" schrie ich hier herum, aber wie auch sonst bekam ich keine Antwort. Was soll ich mich denn trauen? Ich spazierte gelangweilt durch die Gänge voller Bücher bis ich an einem etwas dunkleren Regal als die anderen ankam. Altertümliche, dicke Bücher mit Ledereinband standen darin. Sie waren eigentlich unscheinbar, ich selbst bin schon unzählige Male daran vorbei gerannt. Doch jetzt besah ich mir die Bücher, die dort standen und überflog deren Titel. Die Mathematik der Welt, die Götter bei uns und den Menschen, Unglaubliche Bauwerke, Architektur, ... Nicht wirklich interessant. Es hatte kein wirkliches Thema und die Bücher trafen sicherlich nicht meinen Geschmack. Und Titel und Coverkäufe wären das auch nicht bei mir geworden. „Nimm es!" befahl mir wieder die weibliche Stimme und ferngesteuert kam ich ihren Befehl nach. Ich griff nach der Mathematik der Welt und glotzte es leicht überfordert an. Super Stimme, jetzt hab ich das Buch und weiter? Doch meinen Einwand vergaß ich sofort wieder, als ich Stimmen hörte. Aus der Bibliothek. Es war dunkel, es war Nacht, also wer schlich hier herum? Okay, mit Ausnahme von mir? Aber ich bin ja nicht wirklich anwesend...irgendwie. Auf verquerte Art und Weise. „Nein, nein, nein. Das ist das Falsche..." murmelte die Stimme immer wieder vor sich hin. Und erst da wurde mir klar, dass die Stimme von hinter dem Bücherregal kam. Ein geheimer Raum! Eilig zog ich an allen Büchern in den Regal, denn in den Filmen ist es immer so, dass wenn man ein Buch herauszieht geht die Geheimtür auf. Aber nicht hier bei mir. Verzweifelt stellte ich Mathematik der Welt wieder auf seinen ursprünglichen Platz und war anscheinend ein wenig zu ruppig, denn es stieß an die Verkleidung an. Ein leises, fast überhörbares, mechanischen Klackern ertönte und kurz darauf schwang das Bücherregal auf die Seite. Wow! Dass habe ich nicht erwartet, dachte ich ironisch aber ging langsam und vorsichtig auf das helle Licht zu, dass aus der Tür, die zu einer Geheimbibliothek führen musste, erstrahlte. Wie ein Spion näherte ich mich auf leisen Sohlen meinem Ziel und spähte in den Raum hinein. Überall lagen Schriftrollen auf dem urigen Holztisch verstreut, Bücher stapelten sich ins Unendliche, zusammen geknülltes Papier lag auf dem Boden verstreut und in der Mitte dieses Chaos saß ein alter Mann. Also wirklich alt. Mit weißen Haaren und so. Ein bisschen im Stil des Weihnachtsmannes! Ich war zwar noch nicht lange eine Arcani und lebte erst seit ein paar Monaten hier ohne eine wirkliche Ahnung von all dem zu haben, aber eines habe selbst ich schon erfahren: Das hier vor mir, war der verstorbene König Arminius. Betonung liegt auf verstorben!
Er saß auf einen dieser typischen Chefsessel, die ganze Privatbibliothek im Blick und von einigen Dokumenten umringt. Er befand sich auf der gegenüberliegenden Seite auf einer Empore, die mit der Seite von mir über einen schmalen Weg an der rechten Bücherwand verbunden war. Links von mir befand sich eine hölzerne Wendeltreppe, die mich weiter unter die Erde bringen würde. Spaß, sie führt einfach nur ein Stockwerk nach unten, unter die Erde. Ich meinte, ein Foto stand in einem Rahmen auf dem großen Schreibtisch des Königs und gerade betrachtete er es Haare raufend. „Ich muss es hinkriegen! Für dich, mein Schatz!" murmelte er zu sich selbst oder eher zu dem Bild und warf sich wieder in das Lesen seiner Lektüre. Achtsam ging ich hinein und lief ihm entgegen. Auf meinen Weg, ließ ich meinen Blick über die ganzen Bücherregale schweifen und untersuchte die dargebotenen Bücher. Königshäuser Luxants, Die verschiedenen Ausprägungen der Fähigkeiten, Förderung der Talente, Göttergaben, Geschichte Luxants und der Königreiche, Stammbaum der Königsfamilien und der wichtigsten Adelsfamilien, Memoiren der Regenten I-VIII,... Hier standen unglaubliche und vor allem interessante Bücher. Die brauch ich!, dachte ich noch als ich jäh unterbrochen wurde. Ein wütender Ausruf ließ meine Gedanken innehalten und ich blickte zu der Quelle dessen. „Argh!" schrie der einstige König und ließ erschöpft seinen Kopf auf seine angewinkelten Arme sinken. Seine Haltung sackte ein, zeugte von Hoffnungslosigkeit und Erschöpfung. Vergessen war das Buch, denn dieser Mann vor mir erhaschte mein Mitleid und ich näherte mich dem König. Normalerweise kenn ich mich nicht so, auch wenn ich hier in Artemia eindeutig sozialer und offener war. Mitleid mit einem Fremden? Eher weniger. Aber dieser alte Mann... ich weiß nicht, es kommt mir vor, als würde ich ihn kennen, als könnte ich seine Last nachspüren. Aber egal.
Ich umrundete den riesigen Holzschreibtisch und schaute über des Königs Schulter, um so zu sehen, über was er brütete. Auf der rechten Seite des Pults standen so etwas wie Stifte und ein Familienbild. Es waren 12 Personen zu sehen wie ich nach dem Zählen feststellen musste. Hinten standen der König und wahrscheinlich seine Frau, mit edlen Gewändern und ihren imposanten Kronen, rechts neben seiner Frau stand ein junger Mann vor dem ein kleiner Junge, schätzungsweise um die 5 Jahre, stand und sich an den jungen Mann lehnte. Wahrscheinlich sein Vater. Auf der linken Seite neben dem König stand eine jüngere Version von Prinzipal Northtrop, zusammen mit einem Mann und dann musste das kleine Mädchen auf dem Arm von der Prinzipal Florence sein. Doch im eigentlichen Fokus lag das Paar, dass auf der Bank saß. Eine sehr junge Frau mit Diadem in ihren langen, gewellten blonden Haar, die ein Baby in Armen hielt und liebevoll zu dem Mann neben sich blickte, vor ihnen im Gras saßen zwei drollige Jungs und auch ihnen war sofort anzusehen wer sie waren. Philipp und Alexander. Gütig legte der König eine Hand auf die Schulter der Frau und strahlte einen gewissen Stolz aus. Sie sahen alle so glücklich und zufrieden aus, deshalb wurde ich ein wenig neidisch. Hier strahlte mir eine Großfamilie entgegen, zwar sehr edel und reich gekleidet, dennoch war die Liebe auf dem Bild nicht zu verkennen. So etwas habe ich mir immer gewünscht. Ähnlichkeiten zwischen mir und meinen Verwandten erkennen, jemanden an meiner Seite zu haben, der in Guten wie in Schlechten Tagen an meiner Seite weilt und mir beisteht. Oder sich einfach nur über den verrückten Onkel mit den sechs Zehen tratschen - ich weiß verrückt, aber ihr wisst was ich meine.
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Die Chroniken der Arcani - das Geheimnis
FantasyWas ist, wenn das Leben das du kennst, für dich endet? Wenn alles woran du geglaubt hast eine Lüge war? Was wenn du nur eine Lüge warst? Wenn du plötzlich ein Leben leben sollst, von dem du keinerlei Ahnung hast? Ein schicksalhafter Tag verändert al...