Kapitel 20

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Ellie ging alleine zurück in ihr Zimmer und räumte ihr veranstaltetes Chaos vom Morgen aus Klamotten und Lernsachen auf. Auf dem Bett, auf den Schreibtisch und selbst im Bad fand sie Stifte oder Arbeitsblätter! Sie muss lernen!

Klopf, klopf, klopf.
„Bin gleich wieder bei dir, mein Kleiner! Nicht weg laufen!" verkündete sie noch und lief lachend zu ihrer Tür. Sie hat sich doch gerade eben erst von Pippa verabschiedet, aber sie konnte schon verstehen, dass sie nun wieder auftauchte. Vielleicht hätte Ellie sie nicht einfach mit dem Geschirr stehen lassen sollen. „Schon wieder da, Pip..." Sie riss erheitert die Tür auf und stockte mitten im Satz. Vor ihr stand nicht Pippa, wie sie ursprünglich dachte, sondern der Prinz höchstpersönlich! Erschrocken musterte sie ihn einige Sekunden wie er da in voller Pracht vor ihrer Tür stand und sie freundlich anlächelte. Sie glaubte fast im Himmel zu sein oder zu träumen, denn er sah so makellos und perfekt aus! „Ähm, h-h-hallo..., eure Hoheit!" stammelte sie nachdem der Prinz sich amüsiert räusperte. Verlegen färbten sich Ellies Wangen langsam rot und sie lehnte sich an ihre Tür, weil ihre Knie schwach wurden. „Guten Tag, darf ich eintreten?" fragte der Prinz höflich und zeigte in das Rauminnere. Schnell nickte sie und demonstrierte so ihre Einwilligung. Eilig schloss sie die Tür hinter ihm und atmete tief durch. Heilige Götter! Der Prinz ist in meinem Zimmer! Kurz vorm Hyperventilieren schaute sie zum Prinzen, der sich interessiert ihr Zimmer ansah. Zum Glück hat sie eben noch ein wenig aufgeräumt!, dachte sie noch bei sich und atmete erleichtert auf. Unvorstellbar wie es gewesen wäre, wenn der Prinz in ihrem chaotischen Zimmer stände und dies gemustert hätte! „Wie kann ich euch dienen, eure Hoheit?" fragte sie leise und deutete einen Knicks an. Sie hat keine Ahnung was das Protokoll bei solch einer Begegnung fordert, vor allem da sie nicht wusste welcher Zwilling vor ihr stand. Er ist lässig angezogen, naja für seine Verhältnisse als Prinz. Also, würde sie mal behaupten, schließlich sah sie den Prinzen nicht tagtäglich und verkehrte schon gar nicht in seinem Freundeskreis. Doch ein normales Hemd und eine Anzughose würde sie schon fast als legere für einen Prinzen betiteln. „Als erstes: Unterlasse bitte dieses: eure Hoheit–Getue. Ich bin wie jeder andere. Und du brauchst auch nicht zu Knicksen oder geschwollen mit mir reden." erklärte er ihr grinsend und hielt ihr freundlich die Hand hin. „Ich bin Alexander. Schön dich kennenzulernen, Ellie." Zweifelnd und verwirrt nahm sie die angebotene Hand an und schüttelte sie. Er kennt meinen Namen!, freute sie sich innerlich wie ein Schnitzel und hörte nur noch in Gedanken wie Henry auf seinem Baumstamm ein leises, witzelndes Mädchen murmelte. Auffordernd und wartend sah Alexander zu Ellie und bis diese verstand, dass sie vielleicht etwas entgegnen und auch die Hand des Prinzen loslassen sollte, verging einiges an Zeit. „Oh, ups. Sorry!" entschuldigte sie sich schnell und schaute dann schüchtern zum Prinzen, der das Reden in dieser Konversation übernahm. „Wir haben eine gemeinsame Freundin: Philippa Allington. Und wie mir zu Ohren gekommen ist, seit ihr sogar beste Freunde, oder?" „Ja, ja das sind wir, eure... Alexander." verbesserte sie sich schnell und beobachtete Alexander, wie er auf Henry zu trat und ihn streichelte. „Hat sie dir erzählt, was ihr passiert ist? Was alles vorgefallen war?" fragte er Ellie betrübt. Ellie nickte nur einfach und fing an das Gespräch zu schildern. „Ja hat sie. Vor ein paar Tagen erst. Es ist schrecklich. Weißt...du wer es war?" „Ja. Ich weiß es und eine handvoll weiterer Personen aus dem innersten Kreis meiner Mutter. Aber da kommen wir auch schon zu einem der Themen, die ich mit dir besprechen wollte." Sie nickte bloß und beobachtete ihn aufmerksam wie er durch ihr Zimmer spazierte. „Pippa weiß nichts davon. Sie wurde in all dies hinein gezogen und hat noch keine richtige Ahnung wie es hier ist. Sie hat erst kürzlich ihre Tante und ihr vorheriges Leben verloren. Das ist schwer für sie, auch wenn sie sich tapfer gibt. Ich möchte sie aus der ganzen Sache heraushalten. Sie soll keine unnötige Angst bekommen, verstehst du? Ich meine, sie muss schon genug händeln, da müssen wir ihr nicht auch das noch aufbürden. Siehst du das nicht auch so?" Alexanders Lächeln war wunderschön und Ellie schmolz ein wenig mehr dahin, während sie zaghaft nickte. „Du bist ihr eine gute Freundin, sie schwärmt regelrecht von dir!" Alex dachte bestimmt gerade an sie, nach seinem seligen Lächeln zu urteilen und auch Ellie freute sich über dieses Kompliment ihrer Freundin und musste an sie denken, welche so talentiert und hübsch ist. Ellie glaubt sogar, dass sie sich ihrer Anziehungskraft nicht mal bewusst war. Pippa ist es nicht gewöhnt von den Leuten um sie herum gemocht zu werden und wenn sie es dann herausfindet, fällt sie beinahe aus allen Wolken, so verblüfft ist sie. „Ihr Kompliment kann ich nur zurück geben. Pippa ist eine unglaubliche Person. Ich weiß schon gar nicht mehr wie es hier ohne sie auf Elima war! Und du hast recht, die leidet stark unter dem Tod ihrer Tante, auch wenn sie es nicht zugeben möchte. War es..., du weißt schon, ...Excidium?" fragte sie und wurde zum Ende hin immer leiser und ängstlicher. Traurig nickte Alexander ihr nur zu, ermahnte sie aber sofort wieder: „Sag nichts zu Pippa! Sie hat genug zu tun mit Elima und all dem, da braucht sie sich nicht noch um so eine Belanglosigkeit Sorgen zu machen!" Ellie wusste nicht ob das nur so eine kleine Belanglosigkeit ist wie Alexander es darstellt, doch wer wäre sie dem Prinzen zu widersprechen? „Und kein Wort zu jemanden anderen! Dies ist eine streng geheime Unterredung zwischen uns beiden, die eigentlich nie satt gefunden hat!" beherrscht redete er auf sie ein, doch er konnte den besorgen Unterton nicht komplett aus seiner Stimme verbannen. Jetzt war sie sich sicher! Sie waren zurück! Dieser Gedanke wiederholte sich am laufenden Band in ihrem Kopf und rief Furcht hervor. Sie war noch ein Baby gewesen als die Angriffe ihren Höhepunkt fanden, doch die Erzählungen waren grausam genug, sodass sie als junges Mädchen schon den ein oder anderen Alptraum hatte. Und das jetzt wieder einfach so Arcani verschwanden, Waisenhäuser abbrannten oder die Kriminalitätsrate stieg war das selbe Schema wie damals, deshalb dachte sie sofort an sie, aber es nun wirklich bestätigt zu bekommen ließ ihr Blut in Wallung geraten. Die Gerüchte sind also wahr. „Also, wie gesagt, nichts verlässt diesen Raum. Sobald die Tür hinter mir ins Schloss gefallen ist, vergisst du am besten die ganze Unterhaltung. Solltest du trotzdem was ausplaudern, zieht das Konsequenzen nach sich." Ellie, die einfach nur sprachlos zu ihm aufsah, nickte übertrieben, sie versuchte sich nicht die Angst anmerken zu lassen, doch scheiterte kläglich. Alexander durchschaute sie schon von der ersten Sekunde, schließlich war es das, was man ihn in den letzten Jahren lehrte. Menschen lesen. Und Ellie hier war komplett weiß wie eine Kalkwand und hatte riesige Augen bekommen, die nur von Furcht strotzten. Dies erweichte sein Herz und er legte eine Hand auf ihre angespannte Schulter. „Hör mal, mach dir keine Sorgen. Das Königshaus hat alles unter Kontrolle. Elima ist eine der bestbewachtesten Orte in ganz Artemia und wir sind auf Angriffe jeglicher Art vorbereitet. Also, du bist hier sicher!" versuchte er sie aufzuheitern und schenkte ihr ein charmantes Lächeln, welches sofort ihre Augen erstrahlen ließ, doch ihn selbst plagten nun die Erinnerungen an jene Zeit. Noch heute hat er dieses angsterfüllte und erschöpfte Gesicht seiner Mutter vor Augen, doch er bewundert sie für ihre Tapferkeit und Herzlichkeit, trotz der Hürden die sie schon überwinden musste. Sie gibt niemals auf!

Die Chroniken der Arcani - das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt