Kapitel 48

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Ich motzte den ganze Weg über und versuchte meine beiden Freundinnen davon zu überzeugen, dass dieser Ball doof wäre und ich dort sicherlich nicht auftauchen müsste. Wenn wir ehrlich sind, mochte ich es einfach nur nicht alleine ohne Begleitung irgendwo aufzutauchen und hasste es wie ein kleines Mauerblümchen in der Ecke stehen zu müssen, weil niemand mit mir redete. Würde ich mich gerne noch auffälliger beleidigen lassen wollen, gehe ich einfach zu Lord Colton. Der hat immer einen gehässigen Spruch für mich auf Lager! 

"Ich will da nicht hin. Ich kenne dort keinen!" nörgelte ich und wehrte mich mit Händen und Füßen, aber zusammen waren Ari und Ellie stärker als ich und zogen mich unerbittlich Richtung Festplatz. „Natürlich kennst du jemanden. Prinz Alexander, Prinz Philipp, Robyn und du kannst immer noch neue Leute kennenlernen. Das ist überhaupt nicht so schlimm wie du denkst. Na jetzt komm mal in Bewegung. Der Ball ist schon in vollen Gängen, du verpasst noch alles." 

Bis zum Eingang der Schule begleiteten meine Freundinnen mich noch. Sie verabschiedeten sich noch von mir und Liv und dann entließ auch ich Liv in den Wald zum Jagen. Warum konnte ich nicht ebenfalls so sang- und klanglos im Wald verschwinden wie sie? So alleine wie ich war, lief ich durch die Schule raus auf einen Hintergarten, wo schon die großen Scheiterhaufen standen, die nur darauf warteten entzündet zu werden. Ich schlüpfte hinter Bäumen hervor und beobachtete erstmal all die Arcani, die sich hier tümelten. Kaum zu glauben das fünf Tage so schnell zu Ende gehen konnten, denn letztlich fühlte es sich nur an wie Minuten, doch irgendwie war ich froh nun endlich Zeit zu haben um durchzuatmen, da der letzte Wettkampf in Winanda erst gegen Ende des Schuljahres war. Bedienstete rannten mit Tabletts voll von Getränken und Häppchen an mir vorbei und ich folgte ihnen unauffällig. Im hinteren Teil des Gartens sah ich einen Baldachin über einem Holzpodest gespannt, wo ich schon wieder die edlen Throne des Herrscherpaares ausmachen konnte. Alex und Phil konnten gar nicht weit weg sein, aber in der Masse erkannte ich sie nicht und so mischte ich mich einfach unters Volk und versuchte es zu genießen so unerkannt zu bleiben. Einige Paare standen schon auf der Tanzfläche, die umsäumt war von Lampiongirlanden. Ich beobachtete die Tänzer, schnappte mir ein Flötenglas mit prickelndem Inhalt und nippte immer wieder daran, bis ich plötzlich meinen Namen geschrien hörte. „Pippa!" Ich spuckte vor lauter Schreck einen Teil der Flüssigkeit zurück ins Glas und schaute in die tiefgründigen grünen Augen von Alex auf, der auf mich zugestürmt kam. Auch er war in seiner Uniform wie Phil am Nachmittag gekleidet, doch zum ersten mal sah ich die Orden auf der rechten Seite genauer und das Wappen direkt darunter. Das Wappen faszinierte mich am meisten. Ein silberner Hirschkopf mit Geweih umrahmte das eigentliche Wappen, welches eine Mondsichel zeigte mit drei Pfeilen auf einen weißen Untergrund. Über dem Wappen sah man eine Gold-silberne Krone mit einem großen blauen Stein, ein Saphir. „Pippa, du siehst wunderschön aus." Staunte Alex und seine Augen funkelten wie das satteste Grün einer Wiese. Ich senkte verlegen den Kopf und schaute dann peinlich berührt auf all die interessiert drein blickenden Gaffer, die auf Alex aufmerksam wurden und nun wohl auf neuen Klatsch hofften. Eigentlich war es schon witzig, wie alle hier so edel gekleidet waren, aber trotzdem lechzte jeder nach dem Amüsement von Tratsch. Alex nahm meine Hand, küsste meinen Handrücken mit einer Verbeugung und bat mich dann um einen Tanz. Die anderen Anwesenden zogen erschrocken die Luft ein, nahmen dann aber wieder ihre Gespräche auf und ich lief leicht überfordert an Alex Arm auf die Tanzfläche, während ich ihm zu zischte, dass ich doch keinen der Tänze kannte. „Halt dich einfach an mich. Lass mich führen." Unsicher nickte ich nur, denn ich befand mich schon zwischen Alex Armen und die Musik setzte ein. Zusammen stöckelte ich ungelenk über die Wiese und sah die ganze Zeit runter auf meine Füße, bis Alex mein Kinn hob. „Vertraust du mir?" „Ja, schon, aber..." „Dann lass dich führen und denk nicht so viel darüber nach. Es ist bloß tanzen." Ich nickte und fokussierte statt dem Boden nun alles was sich hinter Alex Schulter befand und da trafen meine Augen plötzlich auf das blaue Meer von Robyns und eine Welle aus Wut und Ärger schwappte über mich. Er erdolchte mich beinahe mit seinen Blicken was wirklich unangenehm war und mich beinahe ins Stolpern brachte. Es verwirrte mich, aber tief in mir, wusste ich, dass ich wegen ihm aus dem Konzept kam und sich diese Gefühle gegen meine Nähe zu Alex richteten. Nachdem Robyn bemerkte, dass ich seinen Blick auffing schlich sich etwas flehendes in seinen Blick, aber ich riss mich davon los und führte lieber eine Konversation mit Alex, der mir ständig Komplimente über meine Schönheit machte, dass ich schon rot anlief. Der Tanz war ähnlich einem Walzer und mit der Zeit hatte ich den Dreh raus und es machte mir Spaß. Ich entspannte mich, ja ich lachte sogar über die echt unlustigen Witze Alexanders und nach einigen Erklärungen erfuhr ich, dass dieser Tanz „Divinius libre" hieß. „Für dein erstes Mal machst du das wirklich gut. So als würdest du schon Ewigkeiten tanzen." Ich glaube so war es auch. Beatrice hat ihn mit mir früher getanzt... Ich auf ihren Füßen stehend und zur Musik wippend. Ich schmunzelte über diese Erinnerung, aber sie stimmte mich im gleichen Zug auch traurig und das merkte Alex natürlich sofort. „Alles klar? Was ist los?" „Ich glaube meine Tante hat mir diesen Tanz beigebracht." „Wirklich?" „Ja. Aber ich verstehe nicht warum." Gestand ich, tanzte weiter und weiter, bis ich eine Pause für meine und Alex Füße brauchte. „Es würden dich gerne ein paar Leute kennenlernen und ich würde dir auch gerne einige vorstellen." Bat er mich und zog mich nach einem kurzen Nicken mit sich zum Podest. „Dort oben sind einige der ranghöchsten Adeligen und Berater meiner Eltern. Vielleicht kennst du den ein oder anderen auch schon." Wir stiegen die kleine Treppe herauf und als erstes kam mir Philipp entgegen getorkelt. Gut angetrunken und sehr anhänglich. „Pippa! So ein guter K-kampf. Was du alllles gelernt hast, in... in dieser kurzen Zeit. Du b...bist besser als jeder andere bisher..." lallte er und umkrallte meinen Körper in einer festen Umarmung. „Danke, Phil. Aber du solltest jetzt aufhören zu trinken." „Nein! Es fängt gerade an l...luuustiig zu werden." Er stolperte die Treppe herunter und fiel einem leicht bekleideten Mädchen um den Hals, das nur bereitwillig die Stütze für den Prinzen spielte. Das Mädchen hätte auch eine von Avanias Klonen sein können, aber von unserer Schule kannte ich sie nicht. Hoffentlich weiß er was er tut.

Die Chroniken der Arcani - das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt