Nach einer Fahrt die gefühlte Stunden dauerte, hielten wir an und jemand öffnete meine Seite der Autotür und nahm mich bei der Hand um mich rauszuziehen. Wir standen anscheinend auf einem Rollfeld, denn das Nächste was ich wirklich registrierte war die Innenkabine eines Flugzeuges. Ich suchte die Toilette auf und wusch mir das Blut von den Hände und dem Gesicht. Ich wollte mich frisch fühlen, aber das tat ich nicht. Ich fühlte mich einfach nur elendig. Und so ging ich stillschweigend auf die vierer Sitzgruppe zu, wo schon die drei Jungs saßen. Erst schwieg ich noch, lauschte nur den belanglosen Gesprächen, bis mich der Anstand dazu zwang etwas zu sagen. „Danke. Danke das ihr mir das Leben gerettet habt." „Nichts zu danken. Aber lauf bitte nie wieder weg und jag uns solch einen Schrecken ein!" Bat Alex mich und legte seine Hand schützend über meine. Ich nickte nur einmal flach und es war wieder still. „Wie habt ihr mich gefunden?" „Unser Tracker hat dich über deine Sachen, die du im Zimmer stehen gelassen hast, gefunden. Ziemlich praktisch diese Fähigkeit!" Meinte Alex dann auch und lehnte sich schmunzelnd zurück. Ich sagte noch so was wie „Aha", starrte dann aber nur noch raus aus dem Fenster und versuchte mit kontrollierter Atmung auch die Gedanken aus meinen Verstand zu vertreiben. Ich konnte und wollte nicht mehr an das Blut, die Kälte oder den Tod denken! „Falls es dich interessiert: Wir fliegen nach Hause. Nach Artemia." Aus leblosen Augen starrte ich ihn an und zuckte mit den Schultern. Nicht mal diese Aussage, dass ich mein Zuhause vielleicht für immer verließ, holte mich aus meiner Lethargie. Mir war egal wohin man mich brachte, hauptsache weg von hier. Weg von den Erinnerungen und alles was mich an Beatrice erinnerte. „Hast du irgendwelche Fragen, die wir dir beantworten können?" Fragte Alex abermals besorgt und drückte meine Hand. Ich schaute in seine grünen ehrlichen Augen und konnte das Mitleid und die Trauer auch in seinen sehen. Selbst Philipp schien für einen Moment seinen Argwohn vergessen zu haben und mein Leid zu teilen. „Wer waren diese Männer? Warum wollen sie mich?" Räusperte ich mich und erntete nur ein Seufzen von Robyn neben mir. „Wir wissen nicht was diese Leute von dir wollen. Aber jetzt bist du in Sicherheit und sie können dir nie wieder etwas antun!" Schwor er mir, aber ich starrte nur weiter einen Punkt an. „Sie haben meine Tante ermordet. Und ich- ich habe einen von ihnen umgebracht!" Stotterte ich flüsternd. „Das war wirklich nicht schlecht. Fast schon beeindruckend!" Lobte Philipp, bekam aber sofort einen Ellenbogen von Alex in die Rippen weshalb er sich beschwerte. Bei mir löste es aber nur Grauen aus bevor ich mich versah, rannte ich auf die kleine Flugzeugtoilette und leerte das wenige was in meinem Magen war in die Schüssel. Die Galle brannte in meinem Hals, doch zur Abwechslung war das ein Schmerz den ich in Kauf nahm. Er lenkte mich ab. Als ich zurück kam zu der kleinen Gruppe wurde ich von Alex mit diesen Worten empfangen: „Du hast dich verteidigt Pippa. Er war kein guter Mann und er hat es verdient, also denke auch nicht nur eine Sekunde, dass du etwas falsch gemacht hast! Und das mit deiner Tante tut mir so Leid. Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr." Er klang ehrlich und das war alles was ich brauchte. „Danke. Wo ist Artemia eigentlich?" Wechselte ich das Thema, als das Schweigen zu unangenehm wurde und Philipp antwortete. „Nirgends wo du schon mal warst." „Also nicht auf der Erde?" „Nein. Hörst du mir überhaupt zu? Es ist eine Art Parallelwelt." „Okay. Was passiert dann?" „Du wirst mit uns zur Schule gehen. Deine Kräfte müssen geschult werden, um keine Gefahr für dich und andere zu sein. Es ist ein Internat für die Reichen Artemias. Du wirst morgen deinen Gen- und Persönlichkeitstest haben und dann kann es auch schon los gehen." Lächelte mich Alex zaghaft an. „Warum einen Gen- und Persönlichkeitstests?" „Naja, einige unserer Fähigkeiten schlagen sich auch auf den Charakter aus. Feuerbändiger sind oftmals temperamentvoll, impulsiv. Luft- und Wasserbändiger werden oft als beruhigend oder kühl beschrieben, wie auch Heiler. Und dieser Test spiegelt unsere Fähigkeiten wieder; sie sind in unserer DNA nachweisbar." Alex hielt die Konversation aufrecht und labberte mich voll über die verschiedenen Sportvereine, die ich im Laufe der Zeit an der Schule besuchen sollte, die verschiedenen Unterrichtsfächer oder vor welchen Lehrern man sich in Acht nehmen sollte. Er versuchte alles um mich auf andere Gedanken zu bringen und dafür war ich ihm dankbar. Dafür und dass er die ganze Zeit über meine Hand hielt. Seine Wärme strahlte auf mich über und war das einzige was die Kälte ein wenig aus meinem Körper vertrieb. So skurril diese ganze Sache auch war - andere Welten und Spezies, der Tod meiner Tante, meine irgendwie-Entführung - irgendwie vertraute ich Alex, setzte meine Hoffnung auf ihn und das Wort meiner Tante, dass ich hier sicher wäre. Es war ihr letzter Wille und wie könnte ich mich gegen diesen wehren? Immer wieder kamen Menschen zu uns an den Tisch, berichteten von irgendwas, übergaben Notizen zum Unterschreiben und oder zum Reden und da wurde mir bewusst, dass die drei hier, sicherlich jemand bedeutendes in diesem fremden Land sein mussten, solch ein Trara machte man um sie. Als Alex einmal die Hand hob, eilte eine Frau sofort auf ihn zu um ihn seinen Wunsch nach einer Kleinigkeit zu Essen zu erfüllen und mit einem riesen Tablett, Silberbesteck und hochwertigen Teller zurückkam. Da staunte ich schon ein wenig, doch keinen der Anwesenden schien es zu stören, dass die drei hier im Flugzeug anders behandelt wurden. „Du wirst Elima lieben!" Versprach mir Alex und da sank das Flugzeug auch schon langsam. Wie wir jetzt wirklich hier herkamen war mir immer noch ein Wunder, aber meine Neugier hielt sich gerade in Grenzen. Ich war froh als es durch den Lautsprecher tönte, dass wir in wenigen Minuten landen würden und dann ging auch schon alles so schnell. Alle packten ihre Sachen zusammen und machten sich aufbruchsbereit, aber Alex nahm nur vorsichtig meine Hand, weshalb ich statt aus dem Fenster zu ihm sah. „Wenn wir gleich landen empfängt dich eine Frau - Cassarah - und bringt dich an die Akademie. Dort zeigt sie dir dein Zimmer und du kannst dich einrichten." „Und wo bist du?" „Wir müssen noch woanders hin, aber ich verspreche dir, ich komme sobald ich kann wieder zurück und dann können wir reden." Er lächelte mich aufmunternd an, aber ich wollte nicht das er ging. Was würde dann mit mir passieren? Konnte ich die Kälte auch ohne seine Wärme überstehen? Er zog seine Hand zurück um fertig zu essen, aber eigentlich wollte ich ihn gar nicht loslassen, aber sonst hätte ich wohl wie ein Klammeräffchen gewirkt und das wäre wahrlich das letzte gewesen, was ich wollte. Deshalb starrte ich einfach wieder aus dem Fenster und versuchte alle Gefühle oder Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen.
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Die Chroniken der Arcani - das Geheimnis
FantasíaWas ist, wenn das Leben das du kennst, für dich endet? Wenn alles woran du geglaubt hast eine Lüge war? Was wenn du nur eine Lüge warst? Wenn du plötzlich ein Leben leben sollst, von dem du keinerlei Ahnung hast? Ein schicksalhafter Tag verändert al...