Kapitel 39

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Ohne Erbarmen zogen mich Ellie und Ari mit sich quer über den Campus. Ich motzte und zeterte, dass sie mich doch endlich loslassen sollten, doch das überhörten sie schlichtweg. „Jetzt stell dich doch nicht so an! Man könnte meinen, wir wollen dich entführen oder sonst was! Schau doch nur, die anderen starren schon!" meinte Ellie Augen rollend und zog mich nochmals kräftig, sodass ich stolpernd fast Bekanntschaft mit dem Boden machte. Na, schönen Dank auch! „Ihr entführt mich aber! Müssen wir denn jetzt schon los?" „Wann sollten wir denn sonst dorthin? Heute Nacht?" Jetzt wo Ari das einwarf, fand ich das gar keine schlechte Idee. „Komm schon, du hast es doch versprochen! Und außerdem solltest du langsam mal mehr von Artemia kennenlernen und nicht nur hier in Elima rum hocken." meinte auch Ellie. Nun betraten wir das kühle Lehrgebäude und machten uns auf den Weg ins Sekretariat. „Ich hab gar nichts versprochen, aber bitte, ich komme mit. Auch wenn ich alles wichtige über Artemia in Büchern nachlesen könnte!" Kindisch wie wir gerade waren, streckte mir Ellie die Zunge raus und ich erwiderte dies. Adriane verdrehte nur lächelnd ihre Augen und lief unbeirrt weiter. „Dann wollen wir mal, Ms. Allington!" Wir kamen im Sekretariat der Schule an und wie beim letzten Mal saß die alte Frau hinter dem Schreibtisch und las in ihrem Touch–Pad. „Hallo!" meinte ich übertrieben fröhlich und erntete dafür einen missbilligenden Blick. „Was kann ich für euch tun?" entgegnete die Frau gähnend. „Wir würden gerne die Kreditkarte für Philippa Allington abholen. Sie wissen schon, als Repräsentant!" Charmant lächelte Adriane die Frau an und stützte sich zwinkernd auf den Tisch ab. „Das dauert. Aber wollen sie es heute schon beantragen?" „Das kann ich verstehen, aber sie können diesen Vorgang doch sicherlich beschleunigen, oder?" Hinterhältig grinste Ari auf die alte Frau herunter und wedelte mit einem kleinen Samtsäckchen vor ihrer Nase rum. „Sie wissen doch auch sicherlich wer ich bin." „Nein, ich weiß nicht wer sie sind." „Mein Vater ist Lord de Floreant und ich bin Adriane de Floreant. Und wie sie sicherlich wissen, ist meine Familie immer großzügig bei erbrachten Leistungen." Laut scheppernd ließ sie das Säckchen auf den Tisch fallen und man merkte wie sich der Gesichtsausdruck der Alten merklich veränderte. „Aber sicher doch. Heute Abend ist er für sie fertig, Lady." meinte die Alte jetzt mit einem aufgekleisterten Grinsen, dass mir schon beim Zusehen wehtat. „Der frühe Nachmittag wäre mir fast lieber." „Selbstverständlich." „Ich wusste doch, dass wir uns einig werden." Mit einem perfekt inszenierten Hüftschwung stöckelte Adriane davon. Überrascht eilten Ellie und ich ihr hinterher und stellten sie, sobald wir aus dem Gebäude waren, zur Rede. „Wisst ihr, ich habe eine Sache von Avania gelernt. Mit Geld bekommt man alles." Verschmitzt grinste sie, während warf ihre Haare über die Schulter und setzte den typischen Gesichtsausdruck von Avania auf. Wir konnten nach einem eindeutig ausgetauschten Blick uns nicht mehr halten und brachen in schallendes Gelächter aus, sodass uns einige Schüler schon komisch betrachteten. „Also nach deinem Unterricht bei Coach Malloy, holen wir deine Karte ab und es kann losgehen!" freute sich Adriane, nachdem wir uns wieder beruhigten und geschlagen umarmte ich meine beiden Freundinnen und lief in meinen Klassenraum.

Mein Muskelkater war nicht gerade förderlich in den darauffolgenden Stunden. Die Trainingseinheiten mit Colton, Dowrich und Malloy waren kräftezerrend. Kein Erbarmen, keine Rücksicht auf Verluste nur Schweiß und davon nicht zu wenig. Meine lautstarken Proteste ignorierten alle gekonnt. Aber wenigstens war ich produktiv. Nach dem Training versuchte ich mich schnell wieder ausgehfein zu machen, holte Liv zu mir und eilte wieder auf den Campus, wo Ellie und Ari sich die Sonne auf den Leib scheinen ließen. „Auch mal da?" fragte Ari feixend und stand ächzend von der grünen Wiese auf. Doch während Ari mir erzählte, sie hätte schon meine Karte abgeholt, kümmerte sich Ellie um Liv. Liv war schon eine Süße wie sie hier so alles beschnupperte und schwanzwedelnd ihre Umgebung erkundete. In der letzten Woche ist sie nochmals ein gutes Stück gewachsen und jetzt ging sie mir schon fast bis zum Knie. Wo ist die Zeit nur geblieben? „Da ist ja meine Kleine. Ja wer ist hier denn so aufgeregt? Ja wer ist es denn?" Ellie kniete sich hin und knuddelte die aufgedrehte Liv, die immer wieder hin und her sprang und ihre Freude kaum zügeln konnte. Liv schleckte Ellie über die Wange und versuchte sie umzuwerfen, worauf Ellie dann auch anfing zu giggeln. In Babysprache redete sie auf Liv ein und diese wurde noch hibbeliger. „Ellie, sie ist kein Baby also hör auf so mit ihr zu reden! Und Liv. Komm her. Beruhige dich." versuchte ich beide überschwellenden Gemüter zu beruhigen, doch keiner hörte zu. „Die werden sich schon noch beruhigen. Spätestens wenn sie merken, dass wir nicht mehr da sind. Also lass uns gehen." schlug Ari vor und im Arm des anderen eingehakt, erzählten wir uns Geschichten auf dem Weg in die Stadt. Mit der Zeit folgten uns dann auch Ellie und Liv, die gemerkt hatten, dass wir weg waren. Mit Alex bin ich damals in einem dieser Pferderennwägen gefahren, doch ich merkte erst jetzt wie nah die Stadt war, denn nach einem kurzen Fußmarsch konnten wir die ersten Häuser schon wieder erblicken. Anders als in den Großstädten meiner Welt, sind das hier kleine Wohngebäude. Bunt, sonnig und blumig. Keinerlei Wolkenkratzer aus Glas und Chrom, keine Autogeräusche oder Abgase, dafür aber Vogelgezwitscher. Es wurde vielerlei Art von Stein verbaut, viele Säulen und alles sah so elegant aus. So stellte ich mir teilweise den Baustil der Antike vor. An allen Fenstern waren Fensterläden angebracht und Blumenkästen strahlten mir von überall her entgegen. Zusammen mit der gepflasterten und doch holprigen Straße bekam das Ganze einen besonderen Flair und ich verliebte mich Stück für Stück mehr in diese Stadt – nein in dieses Land! All diese Facetten verzauberten mich und erwärmten mein Herz, denn dieses Land war schöner als alles, was ich je gesehen habe. „Also wo gehen wir als erstes hin? In den Schuhladen? Oder kaufen wir zuerst Klamotten ein?" Ellie drehte beinahe schon durch, so aufgeregt war sie. Man sollte ihr einfach keinen Auslauf geben. Sie drehte sich freudig im Kreis, sodass ihre Haare herum flatterten. „Ich finds hier wunderschön! Ganz anders als auf der Erde." gab ich immer noch überwältigt von mir und genoss die Sonnenstrahlen, die auf uns herunter schienen. „Nicht wahr? Ich weiß zwar nicht wie es auf deiner Erde aussieht, aber das hier ist etwas ganz besonderes. Vallentia ist etwas ganz besonderes." stieß Ari aus und fügte hinzu, dass es nun endlich los ginge mit dem shoppen. „Also wo fangen wir am besten an..." überlegte sie noch laut und marschierte dann schon wieder zielstrebig auf eine der kleinen, teuer aussehenden Boutiquen zu.

Die Chroniken der Arcani - das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt