Beverly
Insomnia. Das schicke Wort für Schlaflosigkeit und meinen ständigen Begleiter.
Obwohl das Bett unfassbar kuschlig und weich war, konnte ich nicht einschlafen. Ich fühlte mich absolut nicht sicher in dieser neuen Umgebung, voller Hexen und Zauberer. Ich fürchtete, mitten in der Nacht aus meinem Schlaf gerissen zu werden und von Gestalten, mit dunklen Roben und Kerzen in der Hand, in einen Geheimraum geführt zu werden, um dort einen Schwur abzulegen, oder sowas. Den Schwur, alles in meiner Macht stehende zu tun, um ihnen zu helfen. Bis zum Tod.
Nach dem Abendessen hatte ich eigentlich mit Arthur reden wollen, um mir endlich Klarheit zu verschaffen, aber in dem riesigen Gebäude hatte ich mich zig Mal verlaufen (ich war in einem Raum gelandet, der aussah, als gehöre er einem verrückten Wissenschaftler, mit aufgeschlagenen Büchern auf den vielen Tischen, den Glasbehältern, mit den verschiedenfärbigen Flüssigkeiten und den Gläsern mit fragwürdigen Inhalten im Regal) und es schließlich aufgegeben. Ich würde ihn morgen nach dem Frühstück abfangen. Ich hatte während des Essens auch mit Brikeena reden wollen, aber ich mochte sie und wollte diese Sympathie nicht dadurch zerstören, in dem ich sie zwang, mir zu sagen, was hier gespielt wurde.
Gegen Mitternacht schlich ich aus meinem Zimmer. Fast erwartete ich, Wachmänner postiert an allen Ecken vorzufinden. Aber dem war nicht so. Einerseits beruhigte mich das, weil mich so niemand verpetzen konnte, andererseits war es höchst unpraktisch, weil ich so niemanden nach dem Weg fragen konnte. Was ich vermutlich ohnehin nicht getan hätte, ich weiß nicht, warum ich mich darüber ärgerte. Nichts desto trotz lief ich durch das ganze Schloss, in der Hoffnung irgendwann per Zufall Aidan's Zimmer zu finden und mich nicht wieder in Einsteins Labor zu verirren.
Überall standen hohe Halterungen mit Kerzen herum, die die Gänge beleuchteten und ich fragte mich, ob es nicht an der Zeit war, sowas wie Deckenleuchten anzubringen, denn ich fühlte mich in ein anderes Jahrhundert katapultiert. Klar, überall hingen Kronleuchter herum, aber die waren für die Nacht vermutlich zu hell, was sprach also gegen kleine Wandlampen? Die Kerzen vermittelten nicht unbedingt ein schlechtes Gefühl, aber bei der Menge fürchtete ich einen Brand.
Als ich um eine Ecke bog prallte ich mit jemandem zusammen, der einen Kopf größer war als ich.
„Verdammt, was machst du denn hier?", fragte ich Chase und versuchte mein hämmerndes Herz zu beruhigen.
„Na, vermutlich dasselbe wie du", erwiderte er.
Missbilligend zog ich eine Augenbraue hoch. „Das bezweifle ich."
Er kniff gespielt nachdenklich die Augen zusammen. „Ja, ich auch", nickte er schließlich. „Du kannst mir nicht zufällig sagen, wie ich von hier aus weiterkomme, oder?"
„Ich mach es, wenn du es machst." Und so verbrachten wir fast fünf Minuten auf dem Gang und versuchten einander den Weg zu den Zimmern unserer Freunde zu beschreiben.
„Na dann." Er klopfte mir auf die Schulter. „Schlaf gut, Bevy."
„Du auch." Ich folgte seiner Wegbeschreibung, so gut ich konnte und kam nach etwa zehn Minuten wirklich in dem Gang an, in den Brikeena uns heute Vormittag geführt hatte. Ich fragte mich, ob die Statuen, die hier überall herumstanden, die wahren Wachen waren. Ob sie Arthur zuflüsterten, was im Schloss vor sich ging. Gewundert hätte es mich nicht.
Brikeena hatte mir beim Abendessen erzählt, dass die Statuen die Kinder von Iona und Theodoric präsentierten. Seitdem betrachtete ich sie genauer, wenn ich an ihnen vorbei kam und überlegte, ob mir die Gesichter bekannt vorkamen. Brikeena hatte ich noch nicht entdeckt und Arthur auch nicht. Und die anderen kannte ich nicht gut genug, um sie einordnen zu können.
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Wicked Game (Band 3)
Paranormal„Wenn wir uns unser Leben aussuchen könnten, wären wir auch nicht glücklicher." *** Einen Zauberspruch schreiben, der einen Zauberer mit Phönixblut in den Adern töten kann. Nichts leichter als das, wenn man eine ausgebildete Hexe mit Jahrhunderte la...