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Aidan

Ich hatte eine knappe Stunde versucht, Trev zur Vernunft zu bringen, aber er wollte Addie nicht gehen lassen und ohne seine Zustimmung wollte meine Schwester nicht hier her kommen.

„Deine Prioritäten haben sich verschoben", hatte ich zu meiner Schwester gesagt, als Trev keine Lust mehr gehabt hatte, mit mir zu diskutieren.

„Nein. Trev ist nach wie vor der wichtigste Mensch in meinem Leben. Aber ich muss gleichzeitig auf zwei Menschenwesen aufpassen." Das verstand ich natürlich. Und mir war auch klar, dass sie, nach allem, was sie Trev angetan hatte, nun übermäßig auf das achtete, was er wollte. „Wenn es nur um mich ginge, hätte ich euch geholfen. Das weißt du."

Jetzt irrte ich wieder orientierungslos durchs Schloss, in der Hoffnung, etwas zu finden, das mir bekannt vorkam, damit ich zurück finden würde. Tatsächlich war es auch nicht sonderlich schwer, denn ich fand den Haupteingang und musste von dort aus nur in den zweiten Stock, zu Trish's Zimmer, um ihr zu sagen, dass sie Addie morgen eher nicht für Pyjamapartys herholen würde.

Doch als ich in ihren Flur einbog, kam es mir nicht allzu abwegig vor, Brikeena in demselben Zimmer vorzufinden.

Meine Vermutung bestätigte sich, als ich die -unverkennbaren und nicht gerade leisen- Stimmen vernehmen konnte. Doch als ich vor Trish's Türe zum Stehen kam, fiel mir auf, dass ich auch das laute Atmen und leise Schnarchen aus den anderen Zimmern hören konnte.

Na toll!

„Du hast deine eigene Mutter umgebracht?", fragte Brikeena schockiert.

Am liebsten wäre ich jetzt weggelaufen, aber ich wusste, dass ich die beiden im ganzen Schloss würde hören können. Dämliches, dämonisches Supergehör! Ich wollte bereits meine Faust heben, um anzuklopfen, doch gleichzeitig wollte ich dieses sensible Gespräch nicht unterbrechen. Trish sprach nie über ihre Mutter.

„Ja", sagte sie kleinlaut.

„Alle Achtung. Ich wünschte, ich hätte die Nerven, das durchzuziehen."

Bei näherer Betrachtung war Brikeena vielleicht doch nicht unbedingt die Person, mit der Trish darüber sprechen sollte.

„Meinst du das ernst?"

„Was glaubst du denn?"

„Dass dein Leben noch lange nicht mies genug war, um sowas zu sagen."

„Glaubst du, ja?" Brikeena klang nicht verärgert.

Gott, es ist so unmoralisch, die zwei zu belauschen. Klopf an!

Aber meine Faust hing reglos in der Luft.

Jeder", begann Brikeena. „Den ich jemals geliebt habe, ist entweder gestorben oder wurde ermordet oder hat mich hintergangen. Und das ist Großteils meiner Mutter zuzuschreiben. Sie hat viele schlimme Dinge getan, Gingermädchen."

Das hatte sie bestimmt. Ich war mir sicher, dass mehr als die Hälfte dieser Familie Dreck am Stecken hatte. Aber Iona hatte vermutlich (buchstäblich) mehr Leichen im Keller als alle zusammen. Sie schien sehr viel Einfluss zu haben und mächtige Menschen waren nicht unschuldig.

„Ich würde dich nie hintergehen", murmelte Trish und meine Faust zog sich wie von selbst zurück.

Okay, stopp. Was zur Hölle hab ich verpasst?

„Nimm's mir nicht übel, Gingermädchen, aber das Wort einer Person, die ihre eigene Mutter umgebracht hat, ist nicht unbedingt sehr glaubwürdig", schmunzelte Brikeena.

„Das ist unfair. Meine Mom war nicht..."

„So umwerfend wie ich?"

Trish lachte. „Klar." Dann verstummte sie. „Ich würde dich wirklich nie hintergehen. Wir sind doch Freundinnen, oder nicht? Und ich betrüge meine Freunde nicht, niemals."

Wicked Game (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt