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Aidan

Seit einer guten Stunde hatten Addie und ich es uns mit Lorcan im Thronsaal auf den Sesseln und dem großen Sofa vor dem Kamin bequem gemacht. Addie hatte ihre Lerne-so-viele-Leute-wie-nur-möglich-Aufgabe ziemlich ernst genommen, aber sofort wieder vergessen, als Lorcan auf Vaya zu sprechen gekommen war. Anscheinend waren sein Dämon und Addie's Dämon Zwillinge mit gespiegelten Gaben.

Meine Schwester war hin und weg, was vielleicht auch ein kleines Bisschen daran lag, dass ihr Lorcan gefiel. Klar, sie liebte Trev über alles, aber der Kerl hier war genau ihr Typ. Vielleicht sogar mehr als Trev. Lorcan war witzig, offen, lebhaft. Groß, dunkle Augen, dunkle Haare. Aber ich machte mir, was das anging, absolut keine Sorgen. Meine Schwester genoss lediglich die Aufmerksamkeit, die Lorcan ihr schenkte.

Und obwohl ich bei den Gesprächen vielleicht zumindest ein klein wenig hätte aufpassen sollen, um vielleicht noch etwas Brauchbares über meine eigenen Kräfte herauszufinden, konnte ich meinen Blick nicht von Brikeena und Trish nehmen, die einige Meter von uns entfernt händchenhaltend an einem niedrigen Tisch saßen und sich unterhielten. Ich hatte keine von beiden in den letzten Tagen sonderlich häufig gesehen. Trish war täglich einmal vorbeigekommen und hatte nach Beverly gesehen. Brikeena hatte sich zweimal nach ihr erkundigt. Aber alles in allem waren die beiden völlig in ihren Liebesgefühlen gefangen, sodass ich mich fragte, wie viel sie von dem, was um sie herum geschah wirklich mitbekamen.

Ich erinnerte mich zu gut daran, wie es sich anfühlte, von dem anziehenden, attraktiven Charakter einer Person so überschwemmt zu werden, dass man Probleme beim Luftholen hatte. Aber ich behaupte, dass ich dabei nie unbedingt den Bezug zur Realität verloren hatte. Die zwei hingegen hatten wirklich nur noch Augen füreinander.

Deshalb bemerkten sie Chase und Beverly auch erst, als sie direkt vor ihnen standen. Chase hielt sich etwas weiter im Hintergrund, aber seine angespannte Körperhaltung und die zusammengezogenen Augenbrauen ließen auf nichts Gutes hoffen. Ich stieß Addie an und nickte zu den beiden hinüber. Im Saal war es totenstill geworden und jeder schien gespannt darauf zu warten, was Beverly nun schon wieder anstellen würde.

Der entnervte Ausdruck auf Trish's Gesicht entging mir nicht und machte mich schon beinahe traurig, doch Brikeena sah erwartungsvoll auf.

„Es tut mir leid", begann Beverly schließlich und ließ ihren Blick flüchtig durch den Raum schweifen. Entweder machte es sie nervös, dass sie im Mittelpunkt stand, oder aber es war genau das, was sie bezwecken wollte. Sie hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und sah reumütig auf Brikeena herab.

Addie und ich tauschten einen verwirrten Blick.

„Was denn?", fragte Brikeena überrascht.

Beverly atmete tief durch. „Du hattest recht... Es tut mir leid. Du stehst nicht auf Cillian's Seite. Ich war... neben der Spur und habe mir etwas zusammen gereimt. Das habe ich eingesehen."

Addie's Körperhaltung entspannte sich, aber ich kannte Beverly gut genug, um die Härte in ihrer Stimme herauszuhören, die sie mit aller Kraft zu verstecken versuchte.

Ein wenig überrumpelt und unsicher nickte Brikeena. „Danke... Das weiß ich zu schätzen. Aber du musst dich nicht entschuldigen. Ich bin dir nicht böse. Wirklich nicht."

Beverly lächelt kurz. „Gut, ich habe nämlich eine Frage, jetzt, da dieses kleine Missverständnis aus dem Weg geräumt ist."

„Und zwar?"

Beverly's Gesichtszüge verhärteten sich und sie warf ein kleines Stoffsäckchen auf den Tisch vor Brikeena, ohne sie aus den Augen zu lassen. „Ich wüsste gerne, was das ist."

Wicked Game (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt