36

135 17 4
                                    

Aidan

Kennt ihr das?

Wenn einem Gedanken nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Wenn sie unaufgefordert heranwachsen und immer größer werden, bis man sie einfach in die Tat umsetzen muss.

Kennt ihr das?

Ein paar Wochen, vielleicht Monate würde Beverly noch durchhalten, aber dann würde sie -was auch immer passieren würde- nicht mehr dieselbe sein. Sie war ja jetzt schon nicht mehr dieselbe, die sie gewesen war, als ich sie kennen gelernt hatte, aber das Bisschen, das noch von ihr übrig war, wollte ich mit allen Mitteln vorm Untergang bewahren.

Wenn ich etwas tun wollte, um den dauerhaften Schaden zu minimieren, dann musste es bald passieren. Sie musste aus diesem ewigen Kreislauf ausbrechen, der aus lernen-versagen-noch-mehr-lernen-besser-versagen bestand, wenn auch nur für einen Tag.

Also suchte ich Brikeena auf, die mit Trish in der Halle mit den Instrumenten geblieben war. Beide saßen am Klavier dicht beieinander, als ich in den Saal einbog. Sie bemerkten mich gar nicht.

Brikeena spielte ein paar Töne sanft und flüssig.

„Siehst du? Mit dieser Technik geht es noch viel leichter."

Trish legte ihre Hand auf den Flügel und spielte dieselben Töne in einer tieferen Tonlage.

„Es klingt wirklich weicher."

Brikeena nickte. Die beiden lächelten einander an, und bevor es peinlich für mich als Zuschauer werden konnte, räusperte ich mich.

Trish fuhr hoch und rutschte so schnell wie möglich von Brikeena weg.

„Ich will ja nicht stören", begann ich und näherte mich den beiden. „Aber ich brauche deine Hilfe, Brikeena."

Sie stand auf.

„Jederzeit. Was brauchst du? Soll ich wen für dich umbringen? Oder brauchst du ein Versteck für eine Leiche?"

Ich zog die Augenbrauen zusammen und auch Trish sah unsicher zu ihr hoch. „Was?"

„So regeln wir die Dinge hier eben." Unschuldig zuckte Brikeena mit den Schultern und ich beschloss, dass ich lieber gar nicht wissen wollte, wie sie das meinte.

„Bev und ich müssen morgen nach Wexford."

Brikeena kniff irritiert die Augen zusammen und Trish setzte sich aufrecht hin. „Warum?"

„Es geht ihr nicht gut, sie muss hier weg, zumindest für einen Tag. Wir werden ihre Tante besuchen."

„Ich dachte, sie hat keine lebenden Verwandten mehr."

„Kannst du mir helfen, oder nicht?", fragte ich, ohne auf ihre Frage einzugehen.

Sie nickte sofort. „Klar. In Schottland kann ich keine Portale im Schloss oder auf der Insel erschaffen, dort wirkt ein Schutzzauber, der das verhindert. Aber hier wirkt keiner, also sollte es kein Problem sein, euch von A nach B zu transportieren."

„Gut."

„Hältst du das für eine gute Idee?", fragte Trish und sah mich unsicher an. „Was, wenn... ihr auf jemanden stößt, der ihre Magiespur sehen kann, und dann... Ich glaube nicht, dass das gut geht."

Gut, da hatte Trish recht. Es war riskant, am helllichten Tag durch ganz Wexford zu marschieren, während alle möglichen Hexen und Zauberer hinter ihr her waren.

„Kannst du uns nicht direkt vor das Haus ihrer Tante transportieren?"

„Wenn Beverly weiß, wo es ist und wie es dort aussieht, dann kann ich natürlich auch ein loses Portal erschaffen, dass euch überall hinbringen kann, ja. Sie muss den Ort nur visualisieren können."

Wicked Game (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt