72

138 19 7
                                    

Aidan

„Ich weiß, wie wir Cillian aufhalten können!", rief Beverly. „Wie wir all das beenden können."

Mir blieb das Herz stehen. Ich hatte ja wirklich mit vielem gerechnet. Aber damit nicht. War das ein Trick? Denn es wäre zu schön gewesen, um wahr zu sein. Chase und ich sahen einander an und während mich Freude, Erleichterung und eine große Portion Skepsis durchfluteten, sagte Chase genervter Blick in etwa: Und das konnte sie uns vorhin nicht sagen?

Es wurde totenstill im Saal und alle starrten Beverly mit offenem Mund an. Corona, die zur Abwechslung mal auf dem Sofa und nicht auf dem Thron saß, klappte das Buch zu, in dem sie eben noch gelesen hatte, stand auf und kam auf Beverly zu.

„Ich höre."

„Erst musst du versprechen, dass du weder Brikeena noch Misoa etwas antust. Dass du sie nicht hinrichten lässt und wir sie vor Cillian beschützen."

„Und warum um alles in der Welt sollte ich das tun?"

„Weil Brikeena mir gerade geholfen hat auf die Antwort zu stoßen."

Corona zog die Augenbrauen zusammen. „Denkst du, du kannst mit mir verhandeln? So funktioniert das nicht."

„Dann wird es das ab jetzt wohl."

Ich presste die Lippen zusammen. So frech zu sein, war kein kluger Schachzug.

„Ich habe es satt, dass du glaubst, mir auf der Nase herumtanzen zu können!", fauchte Corona. „Entweder du sagst mir auf der Stelle, was du glaubst zu wissen, oder du siehst gleich dabei zu, wie ich deine Schoßhündchen ersticke." Ihr Blick glitt zu mir und Chase. Das alte Machtspiel, mit dem sie Beverly immer drangekriegt hatte.

Nur heute nicht und ich fragte mich besorgt, was Beverly vorhatte, denn sie grinste Corona nur überlegen ins Gesicht.

„Jetzt hat sie den Verstand verloren", raunte Chase mir zu. „Wir sollten laufen. Auf drei!" Ich wäre bereit gewesen, auf diesen Plan einzusteigen, hätte Beverly nichts gesagt.

„Du wirst ihnen nichts tun. Weder Chase, noch Addie, noch Trish, noch Aidan."

„Drei", begann Chase unruhig. Beverly machte Corona lediglich mit jeder Sekunde zorniger.

„Und was bringt dich zu dieser Annahme?"

Beverly drehte sich demonstrativ zu uns, zog Chase das Messer vom Gürtel, packte sein Handgelenk und schnitt quer über seinen Unterarm, bevor er reagieren konnte.

„Spinnst du?", riefen Chase und ich gleichzeitig erschrocken aus, doch es war Beverly, die schmerzlich das Gesicht verzog.

Chase Arm blutete nicht.

Verwirrt sah ich zwischen Beverly, Corona und Chase hin und her. Beverly sah wieder zu Corona auf, und zog sich den Ärmel des linken Armes hoch, an dem sich ein langer Schnitt entlang zog und die rote Flüssigkeit bis zu ihren Fingerspitzen rann.

Ungläubig atmete ich auf. Das hatte der Zauber bewirkt? Wie unfassbar dumm und clever zugleich?

„Sie sind verzaubert." Beverly sah Corona unschuldig an und gab Chase, der auf seinem Arm noch immer nach einer Schnittwunde suchte, das Messer zurück. „Verletzt du sie, verletzt du mich. Tötest du sie, tötest du mich."

Corona zitterte beinahe vor Wut. Wenn ein Mensch buchstäblich kurz vor der Explosion hätte stehen können, dann wäre sie dieser Mensch gewesen.

„Du hältst dich wohl für besonders schlau", knurrte sie.

„Ich habe keine Angst vor dir", stellte Beverly klar und ging auf sie zu. Der Schnitt an ihrem Arm musste höllisch wehtun und das Blut tropfte auf den Boden, aber sie ließ sich nichts anmerken. „Alles, was ich will, ist, dass meine Freunde in Sicherheit sind. Und dazu zähle ich auch Brikeena und Misoa." Beverly musterte Corona. Etwas lag in ihrem entschlossenen Blick, das Stolz in mir aufkeimen ließ. Sie war wahrlich nicht mehr das hilflose, ängstliche Mädchen, das ich damals auf der Straße aufgelesen hatte. Sie war bereit, sich gegen die unheimlichste, psychisch labilste Hexe hier aufzulehnen, um uns zu beschützen.

Wicked Game (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt