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Aidan

Es war das erste Mal, dass ich Beverly tatsächlich spüren konnte. Das erste Mal, dass ich fühlte, dass sie auf ihrem Zimmer war und eine andere Energie ausstrahlte, als die letzten Tage. Deshalb war es keine Überraschung mehr, sie wach auf ihrem Bett sitzen zu sehen, Chase am Fußende und Trish direkt neben ihr unter der Decke. Die dunklen Ringe unter Beverly's Augen hoben sich jedoch deutlich von der blassen Haut ab und ihre honigblonden Haare waren zerzaust und struppig. Nichts desto trotz war ich vielleicht noch nie so glücklich gewesen, sie wieder zu sehen. Und obwohl sie in meinen Vorstellungen bereits in meinen Armen lag und ich ihren Duft einatmete, war die Realität wesentlich trockener, als ich nur herausbrachte: „Du bist wach."

Sie nickte und schien genauso wenig mit mir anzufangen zu wissen. „Sieht so aus."

„Wie geht es dir?"

„Ich lebe."

„Mehr will ich momentan gar nicht."

Ein kurzes Lächeln huschte ihr über die Lippen. Sie war immer noch unendlich erschöpft und zwischen uns mussten immer noch einige Dinge geklärt werden. Die Stimmung war eigenartig. Mir entgingen auch die unangenehmen Blicke nicht, die Trish und Chase austauschten, aber ich ignorierte sie.

„Worüber habt ihr geredet?", fragte ich schließlich.

„Bev erzählt uns, was ihre Mom ihr erzählt hat" klärte Trish mich auf und Beverly verzog das Gesicht.

„Sag doch nicht Mom zu der Hexe. Sie ist nicht meine Mutter. Nur eine Frau, die mich als Mittel zum Zweck benutzen will."

„Aber hast du nicht gesagt, dass dieser Auferstehungszauber nur bei jemanden wirkt, den sie liebt?", hakte Trish irritiert nach und ich setzte mich Chase gegenüber.

„Keine Ahnung. Sie meinte, wenn man jemanden auferstehen lässt, den man liebt, stirbt jemand, den man liebt im Gegenzug. Theodoric hat den Preis quasi im Voraus bezahlt. Sie kann mich ruhig lieben, aber ich sehe sie trotzdem nicht als meine Mutter."

Ich blinzelte Beverly verwirrt an. Wenn ich etwas früher gekommen und die ganze Story gehört hätte, wäre ich vielleicht nicht ganz so planlos gewesen.

„Ich bin für den Tod meines Vaters verantwortlich", meinte sie trocken, sah mir in die Augen und ich fragte mich, warum sie sich weigerte, Iona ihre Mutter zu nennen, aber kein Problem damit hatte, Theodoric als ihren Vater zu betiteln. Sie begann dann, die ganze Geschichte von vorne zu erzählen. Obwohl Trish und Chase alles schon einmal gehört hatten, fielen ihnen immer neue Fragen ein, aber entweder konnte Beverly diese nicht beantworten, oder sie hatte es in der vorangegangenen Version einfach zu erwähnen vergessen.

„Okay, also ist der neue Plan, der alte Plan?", hakte Chase schließlich nach. „Wir gehen alle nach Irland, weil du dort sicherer bist? Ich sag doch, du hättest gleich auf mich hören sollen."

„Ich bin nirgends sicher", widersprach Beverly und legte den Kopf schräg. „Es ist vollkommen egal, wo ihr mich versteckt. Cillian wird mich früher oder später finden, es ist nur eine Frage der Zeit. Und mir ist das später eben einfach lieber, deshalb Irland." Chase sah sie immer noch triumphierend an, woraufhin Beverly eilig hinzufügte: „Du hattest nicht recht."

„Finley hat gesagt, dass, wer auch immer dich angegriffen hat, uns vielleicht nur wissen lassen wollte, dass er oder sie weiß, wer du bist", warf ich ein und zog die Aufmerksamkeit meiner Freunde auf mich.

Trish runzelte die Stirn. Mittlerweile war es dunkel draußen und sie hatte sich mit einem Polster vor dem Bett auf den Boden gesetzt und es sich dort bequem gemacht. „Wozu? Um ihr Angst zu machen? Warum sollten sie warten? Warum Beverly nicht sofort töten, wenn sich die Chance ergibt?"

Wicked Game (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt