ɱαɾɾιαɠҽ

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"Ich habe dir Taylor nicht auf den Hals gehetzt", widerspricht er mir und eine tiefe Falte liegt zwischen seinen Augenbrauen, wodurch er richtig bedrohlich und böse aussieht. "Sie hat das Foto von uns bei der Tower Bridge gefunden, als sie mein Handy durchsucht hat, und Kendall vom Kino, eine ihrer besten Freundinnen, hat ihr gesteckt, dass ich mit dir unterwegs bin, statt bei ihr zu sein und von dort an ist alles sehr schwierig geworden. Taylor war schon im Urlaub misstrauisch, aber da konnte ich sie zum Glück noch abwimmeln. Sie wollte immer genauer wissen, wo ich bin und was ich mit wem mache und vor ein paar Tagen hat sie dann Eleanor mit in diese Sache gezogen und sie zu mir auf die Arbeit geschickt. Natürlich war dann für dich alles plötzlich ein verdammt großer Haufen Scherben und nachdem ich bei dir war, hat Taylor mir zu Hause einen riesen Aufstand wegen der ganzen Sache gemacht und dann habe ich ihr dummerweise an den Kopf geworfen, dass ich sie schon Wochen mehr oder weniger betrogen habe."

"Wieso musstest du unbedingt deine Heterosexualität auf Biegen und Brechen in Frage stellen? Wieso auf diese Art und Weise? Du bist neununzwanzig, Harry, da hat man doch wohl einmal zehn Minuten Zeit, um sich einen Typ zu schnappen und mit ihm in eine Ecke zu verschwinden. Gab es denn wirklich keine anderen Option als mich?"

Meine Stimme zittert und hört sich tonlos und brüchig an, aber daran kann ich nichts ändern und diese Sätze liegen mir auf dem Herzen, da werde ich mich auch nicht von so etwas aufhalten lassen.

"Oh, ich wünschte, ich hätte die Gelegenheit gehabt, glaub mir. Aber ich hatte sie bedauerlicherweise nicht. Taylor und ich waren uns seit Kindertagen versprochen und Schwule bei meinem Vater eher ungern gesehen. Als wir noch Kinder waren, waren Taylor und ich die besten Freunden. Wir gingen gemeinsam durch dick und dünn, obwohl ich nicht immer einfach war, und waren dann auch in der High School ein Pärchen, aber ich habe mich dabei nie zu hundert Prozent am richtigen Platz gefühlt, während sie sich immer mehr in mich verguckt hat und da es sowieso schon feststand, dass wir sobald unsere Volljährigkeit eintreten würde, heiraten würden, habe ich mich damit abgefunden."

"Wir leben im Einundzwanzigsten Jahrhundert in England und du kommst aus einer normalen Familie, willst du mir wirklich weißmachen, dir wäre es verwehrt worden, jemanden zu heiraten, den du liebst?", unterbreche ich ihn ungehalten und werde mit einem düsteren Blick des Lockenkopfs gestraft.

"Ja, genau das versuche ich dir hier gerade mitzuteilen, Louis", knurrt er und verschränkt die Arme fest vor der Brust. "Mein Vater hat eine Immobilienfirma, die vor fünfundzwanzig Jahren kurz vor dem Bankrott stand, doch Taylors und mein Vater kannten sich gut und haben ein Abkommen geschlossen, bei dem ich bis heute nicht genau weiß, was sie wirklich abgemacht haben. Ich weiß nur, dass sich die Firma von Taylors Vater mit der meines Vaters zusammengetan hat und es seitdem wieder fabelhaft läuft. Aber ein Teil der Abmachung war, dass sie Taylor und mich verheiraten, damit wir irgendwann die Firma gemeinsam erben und noch weiter an die Spitze treiben können. Meinem Vater ist es wichtig, dass alles, was er sich jetzt aufbaut, in der Zukunft weitergeführt wird. Ich bin mir sicher da laufen noch ganz andere Spielchen im Hintergrund, aber was mich mein ganzes Leben schon am meisten belastet, ist meine arrangierte Ehe, in der ich nicht glücklich bin."

Ich bleibe ganz still und sage kein Wort mehr, lausche einfach Harrys Geschichte, die er mir gerade völlig überraschend preisgibt, wofür ich ihm sehr dankbar bin, denn so bekomme ich einen Einblick in seine Gefühlswelt und die Gedanken, die er sich macht. Und vielleicht verstehe ich dann auch sein Verhalten besser.

"Ich bin mein Leben lang schon unglücklich." Er holt einmal tief Luft, ehe er seine Erzählung weiterführt und bricht dabei kein einziges Mal den Augenkontakt zu mir ab. "Ich weiß, dass es mir nicht schlecht geht und dass es Millionen Menschen gibt, denen es tausendmal schlimmer im Leben ergangen ist, dir zum Beispiel, aber es ist trotzdem nicht einfach für mich. Und dann stehst plötzlich du vor mir und lässt mich noch einmal Dinge überdenken, mit denen ich dachte, schon vor Jahren endlich abgeschlossen zu haben. Damit natürlich nicht genug, du schläfst in der Umkleide und ich kann nicht anders, als dir die Wohnung meiner Eltern anzubieten und bin an diesem Tag natürlich so besoffen, dass ich gleich versuche, dich zu küssen, was du verständlicherweise alles andere als gut gefunden hast. Aber von da an musste ich fast durchgängig an dich denken. Ich wollte gar nicht wissen, wie es wäre, wenn ich dich nicht herumbekomme. Liam hat mir immer wieder gesagt, dass ich einen an der Klatsche habe und dich nicht belästigen soll, aber dann hast du dich doch tatsächlich zu meiner völlig hirnverbrannten Idee überreden lassen und du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich war. Wenn ich bei dir war, habe ich fast vergessen, dass ich Verpflichtungen habe und später zurück zu meiner Frau und Eleanor muss. Versteh mich nicht falsch, ich liebe Eleanor wie mein eigenes Kind, aber Taylor war für mich nie mehr als eine Freundin und das wird sie auch nie sein. Du bist die erste Person auf dieser Welt unter den unzähligen, die ich schon kennengelernt habe, mit der ich gerne zusammen wäre und die mir wirklich Herzklopfen beschert und ich bereue, wie grauenhaft ich mich dir gegenüber oft verhalten habe. Ich weiß, das ist keine Entschuldigung, aber ich bin selbst so unsicher und empathielos gewesen, dass ich versucht habe, das auf eine vollkommen entsetzliche Art zu überspielen und keine Rücksicht genommen habe. Doch mein Vater zählt auf mich, Taylor und Eleanor zählen auf mich und genauso eine Menge zukünftige Geschäftspartner und Kunden. Außerdem brauche ich das Geld, das ich monatlich von meinem Vater bekomme. Wie du selbst weißt, verdient man in der Küche zwar nicht schlecht, aber auch nicht die Welt und ich zahle derzeit die Miete von Taylors und meinem Haus und zusätzlich noch von der Wohnung meiner Schwester Gemma, die du damals in der Bar kennengelernt hast, weil sie zur Zeit arbeitslos ist und als Künstler mit ihren paar Bildern lange nicht genug verdient. Natürlich greifen ihr auch meine Mutter und Robin finanziell unter die Arme, aber ohne mein Zutun, reicht das keineswegs und sobald mir mein Vater das Geld streicht, weil ich auf einmal meine mit dir seine ganzen Pläne über den Haufen zu werfen, kann ich weder das Haus noch sonst etwas bezahlen und bei einer Scheidung von Taylor wird sie mich bis aufs letzte Hemd ausziehen. Ich hatte vor, das mit dir so schnell wie möglich zu vergessen, deswegen bin ich auch so harsch zu dir, wenn ich überhaupt einmal mit dir spreche..."

Als er geendet hat, sieht er mich fast schon verzweifelt an und mit einem Mal wird mir klar, dass Harry ebenso wie ich im Leben eine Menge Pech gehabt hat und ich ihm keine Vorwürfe machen kann, nur weil er nicht seine gesamte Existenz wegen mir aufgibt.

"Es tut mir leid, dass ich so egoistisch war", flüstere ich und ringe mir ein wenig überzeugendes Lächeln ab, aber es bringt wenigstens auch ihn dazu, die Mundwinkel ein wenig zu heben. "Ich wusste nicht, dass es für dich so schwierig wäre, dich auf mich einzulassen, aber ich denke jetzt verstehe ich, wieso es dir nicht möglich ist."

"Du bist nicht egoistisch und es ist nicht deine Schuld, es ist meine. Ich hätte nie etwas mit dir anfangen dürfen, aber jetzt ist es zu spät", haucht Harry und in seinen Augen liegt ehrliche Traurigkeit. "Aber es sei dir versichert, dass ich dich unfassbar gerne habe, Louis."

"Ich dich auch", erwidere ich und nun beginnen die Tränen doch zu fließen, doch ich lasse es einfach geschehen.

"Nicht weinen", bittet er kaum hörbar, überwindet den Abstand zwischen uns und wischt vorsichtig mit seinem Daumen die salzigen Tropfen von meinen Wangen. "Nicht weinen, sonst fange ich auch noch an."

"Ich kann nicht anders", flüstere ich und verliere mich beinahe in seinen unfassbar schönen grünen Augen, mit denen er mich so liebevoll betrachtet, dass mein Herz vor lauter Zuneigung überquillt.

"Vertrau mir, wenn es einen Weg gäbe, um mit dir zusammenzukommen, ohne mich dadurch in den finanziellen Ruin zu treiben, ich würde ihn an deiner Seite gehen."

"Aber den gibt es nicht", wispere ich und er schüttelt mit glänzenden Augen den Kopf.

"Nein, den gibt es nicht", bestätigt er, ehe er seine Lippen sehnsüchtig auf meine drückt und die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Toben bringt. Der Kuss ist unschuldig, salzig und tut unfassbar weh, aber ich genieße ihn trotz allem, denn es ist ein Kuss von Harry.

-

Jetzt wissen wir alle über Harrys komplizierte Situation Bescheid und wieso er sich nicht einfach in eine Beziehung mit Louis stürzen kann, auch wenn er es gerne tun würde.

Bis zum nächsten Update
Maybe

[1490 Wörter]

Only the Brave || larry stylinson fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt