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„You bring an energy I've never felt before"
- Galantis feat. OneRepublic
Leo startet den Motor und die Maschine vibriert unter uns. Ich schrecke aufgrund des lauten Geräuschs zusammen und schlinge meine Arme instinktiv um seine Taille, nur um mich kurz darauf noch stärker an ihm festzuhalten als er röhrend losfährt. Angespannt schließe ich die Augen, während der Verkehrslärm Londons in meinen Ohren dröhnt und die Sicherheit, die mich Leos Nähe hat spüren lassen, vergessen lässt. Wie viel lieber ich jetzt doch im sicheren Innenraum eines Autos sitzen würde. Als Leo dann nach einigen Minuten das Tempo reduziert, hoffe ich schon, dass wir an seinem Ziel angekommen sind und öffne die Augen. Doch anstatt auf einen Parkplatz zuzusteuern, schlängelt sich Leo an Autos vorbei, um näher an eine rote Ampel zu gelangen. Gerade als ich denke, dass ich kurz durchatmen kann, springt diese wieder auf grün und Leo gibt Gas. Diesmal lasse ich die Augen auf und bekomme große Augen als mir bewusst wird, wie schnell wir wirklich durch die Straßen fliegen. Denn genauso fühlt es sich an. Die Kombination aus der Geschwindigkeit und dem kühlen Fahrtwind gibt mir das Gefühl von Freiheit, welches die Angst ein kleines bisschen zur Seite schiebt, und mich sogar zum Lächeln bringt. Nie hätte ich gedacht, dass es mir auch nur ein bisschen gefallen könnte, doch ich bin sogar fast ein wenig traurig als Leo diesmal wirklich am Straßenrand hält und den Motor ausschaltet. Zitternd, sowohl vor Adrenalin als auch vor Kälte, steige ich von dem Motorrad. Während ich noch am Verschluss des Helms fummle, weil meine Finger so steif von der Kälte sind, zieht Leo sich seinen Helm mit einer flüssigen Bewegung vom Kopf. Wie können seine Haare bloß immer noch so gut aussehen?
„Lass mich dir helfen", sagt er und schiebt mit seinen warmen Händen meine nach unten. Die Kälte in mir wird durch seine warme Berührung überdeckt. Als er den Verschluss gelöst und mir den Helm vom Kopf gezogen hat, stehen wir voreinander, unsere Blicke miteinander verankert. Einerseits fühlt es sich wie eine Ewigkeit an bis er sich räuspert und seinen Blick von meinem löst, um den Helm zu verstauen, andererseits könnte ich noch endlos lang so vor ihm stehen und ihm einfach in die Augen sehen, die mich immer noch faszinieren und von denen ich wohl nie genug bekommen werde.
Um mich von dem Gefühl, welches er in mir auslöst, abzulenken, sehe ich mich in der kaum befahrenen Straße um, die ich nur allzu gut kenne. Ein paar Meter die Straße rauf, erblicke ich mein Lieblingscafé und hoffe inständig, dass das Leos Ziel ist. Vielleicht nimmt mir die gewohnte Umgebung ein bisschen meiner Unsicherheit und ich sitze nicht nur wie ein scheues Reh vor ihm.
„Kommst du?" Leo ist mir mittlerweile ein paar Schritte voraus und sieht mich ungeduldig an. Als ich zu ihm aufgeschlossen habe, steuert er tatsächlich direkt auf das Claire's zu. Erleichterung durchfährt mich. Er möchte nur einen Kaffee mit mir trinken. Das bekomme ich hin, rede ich mir ein.
Im Laden bestelle ich mir mein Standardgetränk, einen Cappuccino mit Haselnusssirup und gesüßter Mandelmilch. Ich ernte zwar einen belustigten Blick von Leo, lasse mich davon aber nicht beeinflussen und antworte mit einem Schulterzucken. Wir bekommen einen Fensterplatz und ich wärme meine kalten Finger an meinem heißen Getränk auf.
„Bist du öfter hier?", frage ich ihn und hoffe damit ein zwangloses Gespräch anzufangen. Vielleicht möchte er ja auch gar nicht über Freitag reden und es ist alles halb so schlimm. Wir könnten tatsächlich sowas wie Freunde werden.
„Ja, der Kaffee ist ziemlich gut."
„Der beste der Stadt", stimme ich ihm zu, was ihm ein Lächeln entlockt. Ein atemberaubendes Lächeln, dass mich für einen Moment aus der Bahn wirft. Wie kann ein Mensch so schön sein?
„Du wolltest mir also aus dem Weg gehen", ändert er das Thema so abrupt, dass mein Körper sich anspannt und ich seinem Blick ausweiche. Nervös spiele ich an dem Ring am rechten Ringfinger. Eine Angewohnheit, wenn ich mich unsicher fühle.

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Like The Sea (Band 1)
RomanceEmma ist reich, klug und gutaussehend. In einer Welt aufgewachsen, in der Reichtum und das Auftreten die größte Rolle spielen, versucht sie immer, selbstbewusst und unfehlbar zu wirken. Niemand soll wissen, wie sehr sie eigentlich an sich selbst zwe...