16
„I'll be there for you
When the rain starts to pour."
- The Rembrandts
Auf dem Weg zum Restaurant versuche ich, meine Gefühle mit aller Macht zu verdrängen. Er ist es nicht wert. Keine Gedanken, die ich an ihn verschwende, ist er wert. Er hat mich angelogen, mich zu etwas gemacht, was ich nicht sein möchte. Ich sollte ihn einfach vergessen.
Mit diesem Vorhaben gehe ich in das Restaurant und entdecke Vicky sofort mit Jess an einem Tisch sitzen. Vicky hat nichts davon erzählt, dass Jess mitkommt, aber ich freue mich. Es ist gefühlt schon Ewigkeiten her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Es ist einfach so viel passiert in letzter Zeit. Erst das Foto, dann die Trennung von Logan und die Sache mit Leo. Ich könnte wirklich mal ein bisschen Ruhe in meinem Leben gebrauchen.
Jess begrüßt mich mit einer überschwänglichen Umarmung, die tatsächlich kurz meine Gedanken vergessen lässt. Ich mochte Jess vom ersten Tag an. Als sie nach den Sommerferien letztes Jahr in unsere Klasse gekommen ist, hat sie mit ihrem breiten Lächeln direkt den ganzen Klassenraum eingenommen. Ihre glänzenden schwarzen Haare und die mandelförmigen, dunkelbraunen Augen hat sie den philippinischen Wurzeln ihrer Mutter zu verdanken. Jess ist direkt, neugierig und immer unterwegs. Ich glaube es gibt keinen Tag, an dem sie einfach mal nichts macht und nicht unter Leute geht. Sie liebt die Aufmerksamkeit, die sie bekommt und nutzt diese immer zu ihrem Vorteil.
„Du siehst ganz schön fertig aus", stellt sie besorgt fest. Sag ich ja, sie ist direkt.
„Die Uni ist ziemlich anstrengend." Es ist zwar keine Lüge, aber nun mal auch nicht die ganze Wahrheit.
„Die Uni ist doch nicht anstrengend. Gegen die Schule ist das doch nichts."
„Wenn man nicht hingeht ist das wohl so", stellt Vicky fest, woraufhin Jess lachend mit den Schultern zuckt. „Die Freiheit muss man doch ausnutzen. Da bin ich lieber unterwegs und gehe mit den Jungs feiern. Ich sag euch, die Studenten können das viel besser."
„Die Jungs, ja?" Ich lasse mich auf den Stuhl fallen und nehme einen großen Schluck Rotwein, den Vicky schon vor sich stehen hat.
„Oh ja. Wenn ich gewusst hätte, dass so heiße Typen in der Uni rumlaufen, hätte ich mich keine Sekunde dagegen gesträubt. Aber jetzt...", mit einem Schwung wirft sie ihre Haare zurück, „ist es wie eine einzige Party."
Das ist wohl der größte Unterschied zwischen Vicky, mir und Jess. Sie nimmt es nicht besonders genau mit Verpflichtungen, während Vicky und ich doch ziemlich pflichtbewusst und ehrgeizig sind. Jess hat schon immer alles etwas lockerer genommen.
„Und hast du dir schon einen ausgesucht?", erkundigt sich Vicky bei ihr und bestellt dann mit winkender Hand einen Kellner zu unserem Tisch.
„Einen? Ihr wisst doch, ich bin da nicht so." Sie zwinkert uns zu und kramt dann ihr Handy aus ihrer Tasche, um uns Fotos ihrer ‚Jungs' zu zeigen.
„Können sie uns noch einen Rotwein bringen und dann die Nummer 6, die 14..." Vicky zählt die halbe Karte auf, aber so gehört es sich schließlich, wenn man Sushi isst. Währenddessen schwärmt Jess weiter von ihrer Unizeit und ich überlege tatsächlich für ein paar Sekunden, ob ich das nicht auch so machen sollte. Dieses Mädchen hat auf jeden Fall wesentlich weniger Probleme als ich. Sie tanzt geradezu durchs Leben.
„Und wie sieht es bei euch aus? Vicky, was ist mit William?" Froh darüber, dass Jess sich so sehr auf Vicky konzentriert, lehne ich mich zurück und sehe meine beste Freundin ebenso erwartungsvoll an. Es interessiert mich auch wie es bei ihr läuft.
DU LIEST GERADE
Like The Sea (Band 1)
RomansaEmma ist reich, klug und gutaussehend. In einer Welt aufgewachsen, in der Reichtum und das Auftreten die größte Rolle spielen, versucht sie immer, selbstbewusst und unfehlbar zu wirken. Niemand soll wissen, wie sehr sie eigentlich an sich selbst zwe...