Kapitel 35

168 13 3
                                        

35

„We all need a soul to rely on

A shoulder to cry on."

- Alan Walker & Ava Max

Den nächsten Tag verbringe ich damit, die Gedanken an Leo möglichst weit von mir wegzuschieben und mich auf die Uni zu konzentrieren, die ich in den letzten Tagen viel zu stark vernachlässigt habe. Die beiden Dinge sind jedoch einfach gesagt als getan. Jedes Mal, wenn mein Handy vibriert, springe ich auf, weil ich doch irgendwie hoffe, dass es Leo ist. Auch wenn ich nicht weiß, was ich überhaupt von ihm hören möchte. Vielleicht würde mir eine einfache Entschuldigung reichen.

Montagmorgen erfahre ich von Claire, die als erstes in der Uni ist, dass sie und Scott sogar noch mit Jesse feiern gegangen sind. Sie erzählt mir, dass sie erst um fünf Uhr morgens zuhause war und ich wirklich was verpasst habe. Bei meiner Stimmung konnten sie sich glücklich schätzen, dass ich nicht dabei gewesen bin. Mit mir hätten sie bestimmt nicht besonders viel Spaß gehabt.

"Ich hatte so einen Kater am nächsten Tag." Als Scott und Liz auch im Vorlesungssaal sitzen, versinken Claire und Scott in einem Gespräch über die legendäre Party, während Liz immer wieder mit ihren Fingern unauffällig ein Herz in deren Richtung formt. Ich muss lachen, stoße ihr aber den Ellenbogen in die Seite, damit sie aufhört, bevor es den beiden auffällt.

"Leo hat mich nach dir gefragt." Mit schräg gelegtem Kopf sieht Liz mich an als würde sie meine Reaktion genau analysieren wollen. "Er hatte ziemlich schlechte Laune."

Liz öffnet den Mund, um noch etwas zu sagen, schließt ihn aber direkt wieder als der Professor in den Raum kommt und die Vorlesung mit einer witzigen Anekdote startet.

Den ganzen Tag bin ich so konzentriert darauf, nicht an Leo zu denken, dass ich den Professoren genauestens zuhöre und mich von nichts ablenken lasse. Zuhause versuche ich diese Produktivität weiterzuführen. Ich hole den Stoff sofort nach bis ich abends mit meinem Vater esse. Danach setze ich mich sofort wieder dran.

Erst als es gegen neun Uhr an meiner Tür klopft, werde ich aus meiner Konzentration gerissen.

"Ja?", rufe ich und rechne damit, dass mein Vater in mein Zimmer kommt. Aber er ist es nicht. Es ist Leo.

Überrascht stehe ich von meinem Stuhl auf und stoße dabei unsanft gegen den Schreibtisch.

"Was machst du hier?"

Leo tritt in den Raum und schließt die Tür hinter sich. Dann sieht er sich in meinem Zimmer um. Besonders lange bleibt sein Blick an einer riesigen Collage von Vicky und mir hängen, die sie mir zu meinem sechzehnten Geburtstag geschenkt hat.

"Ich möchte mit dir reden", sagt er dann nach einer gefühlten Ewigkeit.

Ich bin kurz davor mit einem einfach 'okay' zu antworten, entscheide mich dann aber für eine Antwort, die es ihm nicht so einfach macht. Ich vermisse ihn zwar, bin aber auch immer noch ziemlich wütend und enttäuscht. "Und was, wenn ich das nicht möchte?"

"Em, bitte." Er sieht unsicher aus, wie er in meinem Zimmer steht, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Seine grünen Augen sind auf mich gerichtet. Ich muss wegsehen, damit ich nicht sofort nachgebe.

"Du hast doch selbst gesagt, dass wir nicht zusammenpassen. Was willst du dann damit erreichen?"

Zögerlich kommt Leo auf mich zu und bleibt nur einen Meter vor mir stehen. Wie zum Schutz verschränke ich die Arme vor meiner Brust. "Ich habe das nicht so gemeint."

"Warum hast du es dann gesagt?"

Meine Augen brennen und eine einzelne Träne verlässt meinen Augenwinkel. Ich sehe zum Boden, damit er nicht sieht, dass ich weine. Ich möchte das nicht, es lässt mich schwach aussehen.

Like The Sea (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt