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„We got so close to love
But you had to go and mess it up."
- NOTD, Felix Jaehn & Captain Cuts feat. Georgia Ku
Oh Mist. Als ich ins Freie trete und nach meinem Handy greifen möchte, fällt mir auf, dass ich meine Tasche oben liegen gelassen habe. Ich war einfach froh, aus dieser Situation und vor allem vor Spencers eindringlichem Blick fliehen zu können." Ich habe meine Tasche vergessen", stelle ich fest. Ohne zu zögern drückt Carly mir ihren Schlüssel in die Hand.
"Geh hoch, ich warte hier."
"Sicher? Du musst doch..."
"Alles gut, ich habe noch Zeit." Sie lächelt mich an und ich drehe mich um und gehe wieder in das Gebäude.
Eigentlich würde ich es lieber vermeiden, Leo nochmal zu begegnen. Es ist... Ich weiß einfach nicht, was ich von der Situation denken soll. Ich habe ihm meine Lebensgeschichte anvertraut und er erzählt mir nicht einmal, dass er Besuch von einem alten Freund hat. Was verschweigt er mir dann sonst noch alles? Ich hätte ihn richtig zur Rede stellen sollen, ich habe zu schnell nachgegeben. Wie immer.
Aber ich wollte ihm vor Spencer keine Szene machen. Vielleicht hat er ja eine ganz plausible Erklärung für die ganze Situation, wenn wir nochmal in Ruhe darüber sprechen können.
Eine Stimme in meinem Kopf sagt mir zwar, er wird mir auch beim nächsten Mal nur Ausreden auftischen, aber ich schiebe diese Stimme beiseite. Ich will das nicht glauben. Ich habe doch eigentlich ein gutes Gefühl bei uns beiden.
Gedankenverloren schließe ich die Tür auf. Das Wohnzimmer ist leer.
Ich sehe meine Tasche auf dem Sofa zwischen zwei Kissen liegen und möchte eigentlich nur schnell danach greifen und dann wieder verschwinden, doch als ich mich wieder Richtung Wohnungstür drehen möchte, höre ich immer lauter werdende Stimmen aus Leos Raum. Streiten sie sich etwa? Wegen mir? Spencer war zwar etwas unverschämt, aber das ist doch kein Grund, sich zu streiten.
Ich weiß ich sollte sie nicht belauschen, aber Leos Zimmertür zieht mich magisch an.
"Hast du es ihr wenigstens erzählt?", höre ich Spencer ihn fragen.
"Nein, natürlich nicht", sagt Leo.
"Was ist nur falsch mit dir?" Spencer hört sich ziemlich sauer an. "Du kannst das doch nicht ernst meinen!"
"Sie würde mich hassen, Spence." Es ist der Klang seiner Stimme, der mir einen Schauer über meinen Rücken jagt. Ich verkrampfe meine Finger um die Henkel meiner Tasche, ein ungutes Gefühl breitet sich in mir aus. "Außerdem tu nicht so als wärest du immer total unschuldig. Du bist der Arsch von uns beiden."
Spencer lacht sarkastisch. "Wirklich? Damit möchtest du dir das gut reden?"
"Ich kann es doch so oder so nicht mehr ändern."
"Du könntest aber mit offenen Karten spielen. Dieses Mädchen ist total verliebt in dich und du verarschst sie nur."
Bei Spencers Worten schnappe ich nach Luft. Er verarscht mich nur? Aber wir... wieso?
"Ich verarsche sie nicht."
„Du hast der Presse ihr Handy geschickt, auf dem ein verdammtes Nacktfoto von ihr war. Die ganze Welt hat das gesehen."
Es dauert lange, viel zu lange, bis ich verstehe, was Spencer da von sich gibt. Doch dann überrollt mich der Schmerz, der Schock so plötzlich und so brennend, dass ich mich kaum noch bewegen kann.
Nein. Ich habe das Gefühl mein Herzschlag setzt aus. Das hat er nicht gemacht. Warum sollte er? Spencer muss sich irren, er muss einfach.
"Aber da kannte ich sie noch nicht! Außerdem, woher soll ich denn wissen, dass sie so ein beschissenes Foto auf ihrem Handy hat?!"
Die Bestätigung direkt aus seinem Mund zu hören, fühlt sich so an als würde mein Herz in tausend Teile brechen und jedes einzelne Teil davon meine Lunge durchbohren. Ich habe das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Jeder Muskel meines Körpers gibt nach. Meine Tasche fällt auf den Boden, doch ich reagiere bei dem lauten Geräusch nicht. Ich sehe weiter auf den offenen Türschlitz, hoffe, dass ich alles nur träume, während mir Tränen in die Augen schießen.
Ich sollte gehen, einfach weglaufen und nie wieder herkommen. Doch dafür bleibt mir keine Zeit mehr. Die Tür öffnet sich und Leo steht direkt vor mir. Er sieht ebenfalls geschockt aus und bewegt sich nicht.
"Scheiße", sagt Spencer, welcher hinter Leo steht. Doch ich interessiere mich nicht für ihn. Ich frage mich nur, ob Leo weiß, was er mir damit angetan hat.
Endlich reagiert mein Körper und ich hebe die Tasche vom Boden auf, bevor ich mich umdrehe und zur Tür stürme, damit ich nicht völlig vor ihm zusammenbreche. Ich möchte die Wohnungstür hinter mir schließen, doch Leo hält sie auf
„Emma! Em.. Bitte warte doch."
Kraftlos drehe ich mich zu ihm um. Es tut so weh, ihn anzusehen. Der Anblick seiner grünen Augen, die für mich gerade noch Wärme und Geborgenheit bedeutet haben, schmerzen jetzt nur noch. "Warum?" Meine Stimme ist kratzig und jedes Wort schmerzt. Die Tränen laufen mir haltlos über die Wangen. "Damit du mich weiter anlügen kannst? War das alles nur ein Witz für dich?"
"Nein, ich... Lass es mich erklären." Er greift nach meiner Hand, doch lässt sofort wieder los als er mein schmerzverzerrtes Gesicht sieht.
"Hast du wenigstens noch eine nette Story über mich gefunden, die du an die Presse geben kannst? Oder war das alles umsonst?" Bei dem letzten Satz lässt meine Stimme mich im Stich. Trotzdem schiebe ich noch mit letzter Kraft hinterher: "Wolltest du mich einfach nur nochmal am Boden sehen? Herzlichen Glückwunsch, das hast du geschafft."
"Emma..." Mehr als meinen Namen sagt er nicht.
"Ich möchte dich nie wiedersehen." Bei meinen Worten sieht es so aus als würde Leos Körper sofort in sich zusammenfallen. Ich nutze den Moment, stürme die Treppenstufen runter, an Carly vorbei, die uns geschockt ansieht und renne nach draußen.
Ich versuche Luft zu holen, mich zu sammeln, aber es gelingt mir nicht. Ich habe mich in ihn verliebt, so richtig, während ich nur ein Spiel für ihn war. Ich verstehe es nicht. Was habe ich ihm getan? Was an mir hat ihn dazu gebracht so etwas zu tun? Bin ich so ein schlechter Mensch für ihn?
Unser Wagen steht vor der Tür und als Jones mich sieht, öffnet er die Tür für mich. Er ist sichtlich überrascht von meinem Zustand, setzt an, etwas zu sagen, lässt es dann aber. Besser so. Sobald ich auf dem Ledersitz sitze, spüre ich wie mich meine letzte Kraft verlässt und ich lasse den Tränen freien Lauf.
Ich habe die ganze Zeit gedacht, er wäre das Meer für mich. Würde mich beruhigen, wie der sanfte Wellengang und mir die Kraft geben, die einem durch die Adern fließt, wenn man die Seeluft spürt, sie durch die Haare weht und sich um einen legt wie ein Schutzschild. Er hat es geschafft, dass ich mich so sicher, so geborgen fühle wie schon lange nicht mehr. Er hat meine Mauern eingerissen, mich verletzlich gemacht und das alles nur um mich letztendlich zu zerstören und mir alles zu nehmen. Ja, er war das Meer für mich. Einnehmen und zerstörerisch, mit so viel Kraft, dass ich nicht die Möglichkeit hatte, mich in Sicherheit zu bringen und mich so vor ihm zu schützen.
Fortsetzung folgt...
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Like The Sea (Band 1)
RomanceEmma ist reich, klug und gutaussehend. In einer Welt aufgewachsen, in der Reichtum und das Auftreten die größte Rolle spielen, versucht sie immer, selbstbewusst und unfehlbar zu wirken. Niemand soll wissen, wie sehr sie eigentlich an sich selbst zwe...