7. Kapitel

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„Neuer Rekord!", grinste Emmet, als wir am nächsten Tag das Haus der Cullens betraten. Edward, der neben ihm am Fenster lehnte, schüttelte bloß den Kopf. „Emmet, ich würde vorsichtig sein an deiner Stelle", warnte Bella ihn. „Bei mir hast du damals das Armdrücken verloren, aber Vanessa ist noch zu ganz anderen Dingen fähig." Ihr Schwager hob die Augenbrauen. „Aber nur aufgrund ihrer Vergangenheit", bemerkte er. „Sie hat keine besondere Gabe." „Na, und. Denkst du, sie braucht eine, um dich fertig zu machen?", neckte Jasper ihn. Davon musste ich grinsen. Mein Blick huschte kurz zu Edward hinüber und dann hörte ich plötzlich die Stimmen der anderen in meinem Kopf. Instinktiv machte ich einen Schritt nach hinten. Carlisle legte sofort einen Arm um mich. „Liebling? Alles in Ordnung?", wollte er wissen. Interessant. Wenn meine Vermutung zutrifft, dann sollte sie das auch bei Jasper können oder bei Alice oder Renesme. Das war Edwards Stimme in meinem Kopf. Als Agentin der AFHIAW konnte ich Gedanken lesen, aber dazu musste ich mich darauf konzentrieren und diese Gabe bewusst heraufbeschwören. „Edward?" Bella trat neben ihren Mann und nahm dessen Hand. „Was hörst du?" „Vanessa hat meine Gabe übernommen", teilte er uns mit. Emmet runzelte die Stirn. „Sie kann auch Gedanken lesen?" „Ja, Emmet", bestätigte ich. „Das würde bedeuten, dass sie ..." Jasper brach ab. „... unsere Gaben in sich speichern und jederzeit benutzen kann, wenn sie das möchte. Anders als die Fähigkeiten als Agentin muss sie diese jedoch nicht bewusst abrufen", vollendete Edward seinen Satz. Bitte? War so etwas überhaupt möglich? „Wenn das wahr ist, wird sie unbesiegbar sein", hauchte Alice und ihr Blick huschte zu mir. Wenn die Volturi davon erfahren ... Nein! Vanessa wo willst du denn hin? Ich hatte das Anwesen verlassen und rannte zum Wald. Carlisles Stimme war am lautesten und meine Ohren verrieten mir, dass er mir folgte. Nun legte ich noch einen Zahn zu. Wohin wollte ich denn überhaupt? Egal. Hauptsache weg. Nur weg. Weg von meiner neuen Familie. „Vanessa, bitte, bleib stehen!", rief Carlisle. Vor mir tauchte die Lichtung auf. Weiter eilte ich. Weiter und weiter. Ohne Ziel. Eine Hand packte meine und wirbelte mich herum, so dass ich stehen bleiben musste. „Vanessa, bitte, rede mit mir", bat Carlisle mich. „Rose hat doch recht. Wenn die Volturi davon erfahren, welche Gabe ich habe, werden sie alles daran setzen mich für sich zu gewinnen. Aro ist bereits hinter Alice und Bella her, da er niemanden wie sie hat. Eine weitere Trophäe wird er sich nicht entgehen lassen", erklärte ich. „Wir sind eine Familie. Wir beschützen einander", entgegnete Carlisle. „Carlisle, ich werde euch nicht unnötig in Gefahr bringen", stellte ich klar. „Nicht, wenn ich es verhindern kann." „Vanessa, du gehörst doch dazu. Wir stehen das gemeinsam durch. So wie damals bei Renesme. Außerdem, wie sollten die Volturi es in Erfahrung bringen?" Seine Worte ergaben Sinn. Die Volturi konnten nicht sehen, was an anderen Orten geschah. Sie nicht, aber manche Agenten der OFZ. „Die OFZ könnte es ihnen mitteilen und Alice kann sie nicht sehen, da sie ja nicht wirklich Teil dieser Welt sind", verkündete ich. Carlisle legte seine Arme um mich und seine Nähe beruhigte mich. „Alice wird es sehen, sobald sich die Volturi dazu entscheiden uns einen Besuch abzustatten." „Nicht, wenn sie bewusst im Hintergrund agieren", widersprach ich. „Dann wirst du es eben sehen. Ihr könnt euch aufteilen", schlug Carlisle vor. Ein Seufzer entwich mir. „Carlisle, ich möchte niemanden verletzen. Niemand soll meinetwegen Angst um diejenigen haben, die er liebt", wisperte ich. Er ließ mich los und legte eine Hand auf meine Wange. „Wenn du gehen willst, kann dich niemand daran hindern. Selbst Edward wäre nicht schnell genug, um dich einzuholen und Alice kann dich nicht sehen. Bleib bei uns. Bitte. Bleib bei mir." Schmerz war aus seiner Stimme zu hören und das las ich auch in seinen goldenen Augen. Langsam nahm ich seine Hände und drückte sie. Ich gehörte zu Carlisle, ebenso er zu mir. Konnte ich von ihm verlangen mit mir unsere Familie zu verlassen? Sie würden es wahrscheinlich verstehen. Dennoch ... Zudem konnten wir mit den anderen viel mehr erreichen, für den Fall, dass die Volturi uns einen Besuch abstatten würden. „Also gut, Carlisle", gab ich nach. „Du hast mein Wort, dass ich nicht weglaufen werde." Er lächelte und strich eine Strähne aus meinem Gesicht. „Danke, Vanessa. Ich liebe dich." „Ich liebe dich", raunte ich und legte meine Lippen auf seine. Wir ließen uns Zeit auf dem Rückweg und so kam es, dass die Sonne unterging, als wir wieder bei dem Haus ankamen. „Hast du sie beruhigen können?", forschte Bella bei Carlisle nach, kaum dass wir eingetreten waren. Daraufhin nickte der Angesprochene. Bella kam zu mir. „Vanessa, wir helfen dir. Du gehörst zur Familie dazu und wir sind für einander da. Versprochen", sprach sie und legte eine Hand auf meine Schulter. „Danke, Bella." Sie nickte nur und verließ danach das Haus. Carlisle strich mit dem Daumen über meinen Handrücken und wir traten ebenfalls aus dem Haus. In unserem angekommen, ließ er meine Hand los und ich setzte mich in einen der Sessel im Wohnzimmer. Carlisle ließ sich in den gegenüber fallen. „Soll ich dir ein Bad einlassen?", raunte er. „Gerne", stimmte ich zu. Er erhob sich und ließ mich allein in dem Zimmer. Meine Augen huschten zu dem Bücherregal und ich blinzelte. In der nächsten Sekunde erblickte ich Augustus und einen Mann, den ich nicht kannte. „Wir sollten den Zauber fallen lassen", schlug der unbekannte Mann vor. „Sobald dies geschieht und Esme zurückkehrt, wird Vanessa sich auf den Rückweg in ihre Welt machen." Augustus schüttelte den Kopf. „Meine Leute haben mir mitgeteilt, dass sie Carlisle geheiratet hat. Sie wird ihn nicht verlassen", argumentierte er. „Sie ist das Kind zweier Agenten. Sie hat die oberste Regel der AFHIAW mit der Muttermilch in sich aufgenommen. Stell den Plot wieder her", entgegnete der Fremde. Augustus hob die Augenbrauen. „Sag bloß, du hast dich doch in diese Vampirfrau verliebt", neckte der andere Mann ihn. „Natürlich nicht", stellte Augustus sofort klar. Nein! Eine Hand legte sich auf meine. Vor Schreck sprang ich zurück. „Was hast du gesehen?", hakte Carlisle bei mir nach. Mein Oberkörper zitterte, ebenso meine Arme. „Liebling?" Er nahm meine Hände und ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen. „Esme ... Sie ... hat sich nicht aus freien Stücken in Augustus verliebt", begann ich und senkte den Blick. „Sie wurde ... mit einem Zauber belegt ... und die Männer, die das getan haben, überlegen nun, ob sie ... sie davon befreien." Carlisles Daumen zeichnete kleine Kreise auf meine Fingerknöchel. „Carlisle, ich wollte mich nie zwischen dich und Esme stellen. Niemals." Meine Stimme klang gepresst. Ein Kloß bildete sich in meiner Kehle. Mein Körper wurde geschüttelt und wenn ich könnte, würde ich laut schluchzen. Carlisle sagte nichts. Das irritierte mich. Seine Gedanken konnte ich gerade auch nicht richtig lesen. Zwar hörte ich seine Stimme, aber die Worte drangen nicht zu mir durch. „Sieh mich an", wisperte er. Folgsam hob ich den Blick. In seinen goldenen Augen las ich Liebe. Reine Liebe. Nichts weiter. „Esme wird es verstehen, wenn sie davon erfährt. Sie war immer verständnisvoll. Nichts wird meine Gefühle für dich ändern, Vanessa. Nichts. Meine Liebe zu dir gilt bis in alle Ewigkeit." Ich biss mir auf die Unterlippe. „Carlisle, ihr gehört aber zusammen. Wenn das nicht in Ordnung gebracht wird, dann ..." Er legte einen Finger auf meine Lippen, um mich daran zu hindern weiter zu reden. „Wir beide gehören zusammen, Vanessa." Seine Lippen fanden meine, doch ich löste mich nach kurzer Zeit wieder. „Jetzt brauche ich wirklich ein Bad", bemerkte ich. Er nickte und strich noch einmal kurz über meine Wange. Das Wasser war angenehm warm. Mit Carlisle konnte ich nicht darüber reden, was ich alles gesehen hatte. Er würde es nicht verstehen. Niemand von ihnen. Jetzt brauchte ich meine Familie. Nur schade, dass ich keinen Kontakt mit ihnen aufnehmen konnte. „Beruhige dich", sagte ich mir. „Vielleicht klärt sich die Situation bald von selbst." Mit diesen Gedanken schloss ich die Augen und tauchte unter die Wasseroberfläche. Carlisle stand im Schlafzimmer. „Geht es dir besser?", wollte er sanft wissen. „Etwas", hauchte ich und ließ mich von ihm näher an sich ziehen. „Freut mich." Meine Lippen fanden seine und dann machten wir dort weiter, wo wir die letzte Nacht aufgehört hatten.


Bleib bei mir - Twilight FF (Beendet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt