27. Kapitel

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„Vielleicht war es ein Fehler, mich nicht gleich für die Uni einzuschreiben", murmelte ich, als ich abends im Wohnzimmer des Hauses saß, das Renesme, Jacob, Carlisle und ich uns teilten. „Wieso?", erkundigte Jacob sich, der gegenüber von mir auf dem Sofa saß. „Die Gedanken der Männer und die Blicke sind, nun ja, ungewohnt", erklärte ich. „So schlimm und das nach deinem ersten Arbeitstag?", grinste der Werwolf. „Wie hast du das nur davor in Forks ausgehalten?" Daraufhin zuckte ich nur die Achseln. „Du hast ja immer noch gearbeitet, nachdem Carlisle dich verwandelt hat. Du hast nur eine Option, Vanessa. Gewöhn dich an die Blicke. Außerdem geht es Edward noch schlimmer. Er muss die Gedanken der anderen hören, wenn sie seine Frau sehen. Du kannst diese Gabe ausschalten, er nicht." Jake hatte recht mit seinen Worten. Für mich gab es keinen Grund so zu jammern. „Stimmt absolut. Es war nicht richtig von mir mich so zu beklagen", seufzte ich. „Wie lief es denn bei euch beiden?" „Die meisten Leute sind echt nett und ich hab schon ein paar Freunde gefunden, mit denen ich viele Seminare habe", erzählte Renesme. „Das ist schön zu hören", kommentierte ich. „Wäre ja auch ein Wunder, wenn sie nicht mit dir befreundet sein wollten", sprach Jacob und drückte einen Kuss auf Renesmes Stirn. Die beiden waren so süß zusammen. Alice hatte damals mit ihren Vision absolut richtig gelegen. „Gut, habt ihr noch Hunger?", forschte ich nach und stand auf. „Eher Durst, aber eine Kleinigkeit würde ich zu mir nehmen", entgegnete Renesme. „Du, Jacob?" „Zu einem Sandwich sag ich nicht Nein", antwortete dieser. „In Ordnung. Dann mach ich dir eines. Für dich auch, Renesme?" Sie nickte. „Edward wollte in einer halben Stunde noch mit Bella, Alice und Jasper jagen. Du kannst dich ihnen ja anschließen", schlug ich vor. „Klingt gut", meinte sie. „Was ist mit dir, Vanessa? Warst du schon auf der Jagd?" „Nein, aber ich geh später mit Carlisle, Rosalie und Emmet", ließ ich sie wissen, während ich eine Packung Schinken aus dem Kühlschrank holte. Schließlich waren die Sandwiches fertig und ich brachte sie den beiden. Jacob machte sich sofort darüber her. Davon musste ich schmunzeln. Sein Appetit war wirklich gewaltig. Werwolf eben. „Wann geht es bei euch morgen los?", hakte ich nach. „Bei mir um acht und bei Jacob um zehn", teilte Renesme mir mit. Alles klar. „Dann habt ihr das Haus kurz für euch. Carlisle und ich fahren morgen um halb acht hier los." Jacob nickte. Die Türglocke läutete, kurz nachdem Renesme sich zur Jagd verabschiedet hatte. Rasch lief ich zur Haustür und öffnete. Carlisle stand dort. „Wie lief es noch?", wollte ich wissen und schloss die Tür hinter ihm. „Ganz gut. Wie fandest du deinen ersten Arbeitstag?" Mit wenigen Worten setzte ich ihn ins Bild. „Verständlich, aber lass dich davon nicht beeinflussen. Du kennst die Wahrheit und ich auch. Um mehr brauchst du dir keine Gedanken zu machen", beruhigte er mich. „Was jedoch, wenn mich jemand blöd anmacht und ich aus Reflex der Person eine Ohrfeige verpasse? Mit meiner Stärke schenke ich ihr damit vielleicht noch einen Hörsturz", meinte ich. Carlisle nahm meine Hände und drückte sie. „Dazu wird es nicht kommen, meine Schöne. Deine Selbstbeherrschung ist besser als du ahnst. Vertrau dir und alles wird gut." „Hm", machte ich. „Es bringt wirklich nichts vom worst case auszugehen. Wieso male ich mir gleich immer die schlimmeren Situationen aus?" „Vanessa, du hast auch deine positiven Eigenschaften. Vergiss das nicht. Du wirst es schaffen, gelassener zu sein, was das angeht", versprach mein Ehemann mir. In diesem Moment hörte ich einen Schlüssel und einen Augenblick später schnappte ich Renesmes Geruch auf. „Das war ja eine ... oh! Carlisle, wir müssen sofort los. Danke, Renesme", sprach ich und verließ das Haus. Meine Füße schlugen den Weg ein, der mich zu Edwards Stimme in meinem Kopf führte. Carlisle folgte mir. „Was ist passiert?", erkundigte er sich. „Sie haben einen verwundeten Menschen gefunden. Jasper hat ihn zuerst entdeckt. Er blutet ziemlich und Edward vermutet, dass ein Vampir dafür verantwortlich ist", berichtete ich. „Haben sie das Gift entfernt?" „Ja, aber der Blutverlust ist dennoch ziemlich hoch." Carlisle nickte und ich legte einen Zahn zu. Drei Minuten später erreichten wir Edward und Bella, die neben einer jungen Frau auf dem Waldboden knieten. „Endlich", hauchte Edward und ich hörte deutlich die Erleichterung aus seinem Unterton heraus. „Edward, wo sind Alice und Jasper?", forschte Carlisle nach, während ich dem Mädchen eine Hand auf seine Wange legte, um es zu heilen. „Sie verfolgen den Geruch des Vampirs, der ihr das angetan hat", informierte sein Sohn uns. Der Atem des Mädchens wurde langsamer und tiefer. Ich ließ sie los. „Scheint, als müssten wir nochmal ins Krankenhaus", bemerkte ich. „Gut. Edward, wir treffen uns anschließend bei euch. Wir müssen wissen, womit wir es hier zu tun haben", beschloss Carlisle, während er das Mädchen in seine Arme nahm. Aus irgendeinem unbekannten Grund versetzte mir das einen Stich. Während der Fahrt schwiegen wir. Im Krankenhaus berichtete ich kurz und bündig, was geschehen war. Das Mädchen wurde in die Notaufnahme gebracht und wir wurden wieder nach Hause geschickt. „Vanessa, rede mit mir. Was bedrückt dich?", forschte Carlisle auf der Heimfahrt nach. „Als du das Mädchen zum Auto getragen hast, hab ich ... Eifersucht gespürt. Das macht keinen Sinn und es ist dumm, sinnlos und was weiß ich was noch. Sie war dennoch da", entgegnete ich. „Das tut mir leid, Vanessa. Glaube mir, ich wollte nicht, dass du eifersüchtig wirst", entschuldigte er sich sofort bei mir. So typisch Carlisle. „Das ist mir klar und ich weiß gar nicht, was mit mir los ist. Sonst bin ich nicht so drauf. Carlisle, ich vertrau dir. Immer", erwiderte ich. Daraufhin herrschte erneut Stille im Auto. In meinem Kopf jedoch nicht. 

Als Carlisle und ich später im Bett unseres Schlafzimmers lagen, musste ich daran denken, was meine Tante mir über die OFZ erzählt hatte. Würde die Organisation tatsächlich so etwas wagen? Zuzutrauen war es ihnen auf jeden Fall. „Vanessa?" Carlisle nahm meine linke Hand und zeichnete kleine Kreise auf den Handrücken. „Was ist?", hakte ich nach. „Soll dich massieren?" „Wenn du es mir anbietest, lehne ich es nicht ab", wisperte ich und versuchte meine Überraschung zu verbergen. Er ließ meine Hand los und seine langen Finger massierten sanft meinen Rücken, nachdem ich mich umgedreht hatte. Seine Berührung tat so unglaublich gut. Wärme durchströme jede Faser meines Körpers. Ich schloss die Augen, um die Massage besser genießen zu können. „Danke, Carlisle", hauchte ich, als er aufhörte und ich schaute ihn wieder an. „Gerne, Vanessa. Jederzeit." „Du gibst mir echt das Gefühl, dass ich nichts für dich tu", flüsterte ich. Sofort schüttelte er den Kopf. „Vanessa, diesen Gedanken vergisst du am Besten gleich wieder. Du tust so viel für mich, aber du drückst es eben anders aus als ich. Man sieht es nicht gleich, aber deine Worte machen mich so froh. Du verrichtest deine Arbeit gewissenhaft und du übst an einem Schutzschild, der mich auch dann umgibt, wenn du nicht in meiner Nähe bist. Du liebst mich und das allein ist schon das größte Geschenk, das du mir machen kannst." „Möchtest du, dass ich dich kraule?" Er lachte leise und küsste kurz meine Stirn. „Gerne, Vanessa. Ich liebe dich. Für immer." „Ich liebe dich, Carlisle. Für den Rest meines Daseins", raunte ich. Er wandte mir den Rücken zu und ich machte mich daran, mit dem Kraulen anzufangen.


Bleib bei mir - Twilight FF (Beendet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt