23. Kapitel

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Das Buch Licht und Schatten lag aufgeschlagen auf dem Wohnzimmertisch, als ich den Raum betrat. Hm. Wer hatte denn darin gelesen? Da schnappte ich einen Geruch auf. Einen vertrauten Geruch, auch wenn ich ihn nicht erwartet hatte. Wo steckte sie bloß? „Leonie, komm raus", rief ich. Ein leises Lachen ertönte und dann erschien vor mir meine Tante. „Hallo, Vanessa", begrüßte sie mich und zog mich in eine fest Umarmung. „Hey", erwiderte ich ihren Gruß und ließ sie los. Nicht, dass ich sie noch erdrückte. „Was führt dich hierher?", wollte ich wissen und schlug das Buch zu. Anschließend steckte ich es in den Karton, der auf dem Boden stand. „Deine Mum hat dir doch sicherlich erzählt, dass die OFZ versucht hat, Obi Wan und mich aus dem Weg zu räumen, oder?", erkundigte sie sich. „Das ist richtig", bestätigte ich und holte weitere Bücher aus dem Regal. „Wir konnten uns erfolgreich verteidigen, auch wenn es nicht gerade einfach war. Deine Cousine hat ein paar Kratzer abbekommen, aber ansonsten fehlt ihr nichts. Obi Wan hat seine linke Hand verloren, aber die habe ich ihm nachwachsen lassen", fuhr meine Tante fort. „Wie hast du das denn angestellt?", forschte ich nach und blickte sie durch zwei Strähnen meines goldenen Haars an. „Mithilfe der Magie. Tja und dann dachte ich, dass ich schon lange nichts mehr von dir gehört habe. Deswegen bin ich hier", beendete sie ihre Geschichte. „Leonie, das ist nicht alles. Hat dir meine Mum etwa nicht von meiner Gabe berichtet?", hakte ich nach und klebte den Karton zu. Sie schwieg für einen Moment. „Entschuldige, ich vergesse, wie erwachsen du geworden bist. Zu dumm, dass sich unsere Diegesen nicht auf den gleichen Zeitachsen bewegen. Die OFZ ist mit ihrer Unternehmung gescheitert und es wird dauern, bis sie sich für einen erneuten Angriff gerüstet haben, aber deine Mutter hat mir ausgerichtet, dass sie versuchen werden, zu einem früheren Zeitpunkt in die Geschichten einzutreten und somit zu verhindern, dass wir, also du und ich, den Helden unter die Arme greifen können", teilte sie mir mit. „Das bedeutet, dass ich eines Tages ohne Carlisle an meiner Seite zu mir kommen werde und unter Umständen dann wieder ein Mensch bin", schlussfolgerte ich. Leonie nickte. „Ganz genau." „Glaubst du wirklich, dass es dazu kommen könnte?" Meine Stimme zitterte leicht. Meine Tante zuckte mit den Achseln, doch ich las Mitleid in ihren blauen Augen. „Möglich ist es auf jeden Fall, aber lass deswegen den Kopf nicht hängen. Vielleicht wählen sie auch eine ganz andere Taktik. Möglicherweise halten sie es für schlauer, wenn sie die Helden vom rechten Weg abbringen. Das klingt auch plausibel, findest du nicht?" „Doch", bestätigte ich und strich eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. „Wohin zieht ihr eigentlich?", wollte Leonie wissen. „Rate", grinste ich und verschloss meinen Geist. Ihre Mundwinkel huschten nach oben. „Diese Strategie hilft immer", kommentierte sie. „Leider warst du nicht schnell genug. Es freut mich. Alaska soll wirklich schön sein und euch machen die Temperaturen ja nichts aus." „Da hast du recht", lächelte ich. In diesem Moment hörte ich Schritte, die sich dem Haus näherten. An ihrer Art erkannte ich, dass sie zu Carlisle gehörten. Sofort trat ich aus dem Wohnzimmer und lief zur Haustür. „Hallo, mein Herz", begrüßte mein Mann mich, nachdem er eingetreten war. „Hallo, mein Schatz", erwiderte ich den Gruß und schloss die Tür hinter ihm. Carlisle betrat das Wohnzimmer und grüßte meine Tante mit einem freundlichen Hallo. Er und ich nahmen gegenüber von ihr auf dem Sofa Platz. „Hast du schon alles gepackt?", erkundigte Carlisle sich bei mir. „Natürlich, Carlisle. Auch wenn mir die Entscheidung bei manchen Büchern schwergefallen ist", nickte ich. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Leonie lächelte. In ihren Gedanken kristallisierte sich eine Frage heraus, doch sie traute sich nicht sie auszusprechen. Dafür bestand kein Anlass, meiner Ansicht nach. Ein Seufzer entwich meiner Tante. „Wie habt ihr zu einander gefunden?", forschte sie nach. Carlisle schenkte mir einen Blick, in dem ich leichte Verblüffung erkennen konnte. „Sie ist nun einmal neugierig und ich verstehe sie. Mich interessiert es beispielsweise sehr wie sie mit Obi Wan Kenobi zusammen gekommen ist", wisperte ich und zwar so leise, dass Leonie mich nicht hören konnte. „Wenn du Zeit hast, setzen wir dich gerne ins Bild", meinte Carlisle. „Bei mir zuhause ist alles in bester Ordnung", versicherte meine Tante ihm. „Von daher kann ich so lange bleiben wie ich möchte." Na, dann. „Der Direktor der AFHIAW hat Lisa und mich in diese Welt geschickt, damit wir Bella dabei helfen würden durch die Schwangerschaft zu kommen. Die OFZ plante nämlich Edward, Carlisle und Alice zu töten", begann ich mit der Erzählung. „Als ich das hörte, freute ich mich unglaublich, denn ich hatte Carlisle schon immer von allen Cullens am interessantesten gefunden. Du wirst sicherlich verstehen, dass ich den Auftrag mit Freuden annahm. Meine Schwester und ich landeten nicht weit entfernt von Forks. Jetzt hieß erst einmal, dass wir uns einen Job suchten, bei dem wir möglichst oft Kontakt zu den Cullens hatten. Das Krankenhaus, in dem Carlisle arbeitet, suchte gerade eine Sekretärin und so bewarb ich mich umgehend für die Stelle. Lisa hingegen schaffte es sich einen Posten als Kellnerin in der Stadt zu angeln. An meinem ersten Arbeitstag sah ich dann auch Carlisle zum ersten Mal und war einfach nur geblendet von seiner Schönheit. Natürlich versuchte ich das zu unterdrücken, um mich auf meine Arbeit konzentrieren zu können." Leonie nickte. „Interessant, Vanessa. Ist sie dir früh aufgefallen, Carlisle?" Mein Mann legte eine Hand auf mein Knie. „Das ist sie in der Tat, Leonie. Ihr Geruch war irgendwie anziehend, aber ich wusste, dass meine Liebe Esme galt und ich glaubte damals auch, dass ich sie bis in alle Ewigkeit an meiner Seite haben würde. Vanessa verrichtete ihre Aufgaben pflichtgemäß und ich plauderte gerne mit ihr, wenn die Arbeit das zuließ. Etwas irritiert war ich schon angesichts der Tatsache, dass sie so viel über mich und meine Familie in Erfahrung gebracht hatte. Als ich eines Tages nach der Arbeit zu meinem Wagen lief, verfiel ich plötzlich in eine Art Starre. Kein Körperteil reagierte mehr auf die Befehle meines Gehirns. Da bekam ich seit langem Panik und dann tauchte vor mir ein Mann auf, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Er war ein Mensch und er lächelte hämisch. „Dann wollen wir dich mal in Stücke reißen", sprach er und hob die Hand. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn Vanessa nicht plötzlich etwas gerufen hatte und ich daraufhin meine Bewegungsfreiheit zurück erlangte. Ab da war es ein Kinderspiel den Mann zu besiegen und seit jenem Moment beobachtete ich sie etwas aufmerksamer", teilte Carlisle meiner Tante mit. „Das kann ich mir vorstellen", kommentierte diese. „Mir entging das natürlich nicht und ich spürte, dass Carlisle mich irgendwann darauf ansprechen würde, doch ich hatte keine Ahnung, was ich ihm sagen sollte", übernahm ich. „Glücklicherweise, nun, das ist Ansichtssache, kam es nicht so schnell dazu. An einem Tag erfuhr ich aus Carlisles Gedanken, dass er sich von Esme getrennt hatte, da sich diese neu verliebt hatte. Da musste ich mir eingestehen, dass ich Carlisle die ganze Zeit nicht nur als einen guten Freund und Arzt gesehen hatte. Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass meine Gefühle erst einmal Achterbahn fuhren, aber ich gab mir alle Mühe das nicht zu zeigen. Lisa und mir glückte der Auftrag, den wir bekommen hatten und an meinem letzten Tag im Krankenhaus, stand ich etwas aufgelöst im Pausenraum. Ein Teil von mir wollte diese Welt nicht verlassen. Wollte Carlisle nicht zurück lassen. Er fand mich und bot seine Hilfe an, nachdem er sich erkundigt hatte, was bei mir los sei. Wir fuhren erst zu seiner Familie und das war das erste Mal für mich, dass ich die anderen Cullens live sah. Sie fanden mich auf Anhieb sympathisch, was mich erst etwas wunderte, doch ich nahm es kommentarlos auf. Carlisle fuhr mich noch zu mir nach Hause und begleitete mich in meine Wohnung. Mittlerweile hatte ich mich etwas beruhigt und gerade, als ich mich von ihm verabschieden wollte, küsste er mich." Leonie sog scharf die Luft ein. „Hast du danach noch etwas zu ihr gesagt, Carlisle?" Der Angesprochene nickte. „Das hab ich. Verzeih mir, du sollst meinetwegen nicht noch mehr leiden, aber ich musste dies tun. Wenigstens einmal. Dies waren meine Worte und danach ging ich. Zurück in unserem Anwesen, fing Edward mich draußen auf der Veranda ab. „Carlisle, ich wünsche mir für dich, dass sie eines Tages hierher zurückkehrt", sprach er. „Du liebst sie, aber du musst dir das eingestehen können." „Danke, Edward", entgegnete ich. Dem Rest meiner Familie erzählte ich nichts davon. Renesme wuchs heran und dann geschah die Sache mit den Volturi. Edward und Bella brachen zusammen mit ihrer Tochter und Jacob zu den Denalis auf, um sie als Zeugen zu gewinnen. Ich blieb zuhause und eines Abends sah ich, dass sich Vanessa dem Anwesen näherte. Natürlich war ich überglücklich und ich eilte die Treppe nach unten, um sie hereinzulassen." „Wieso hat der Direktor dich wieder in die Diegese geschickt?", forschte Leonie bei mir nach. „Aus dem einfachen Grund, dass die Agenten der OFZ fliehen konnten und noch etwas mit dieser Welt vorhatten. Für mich war das gar keine Frage und ich freute mich riesig, dass ich zurückkehren durfte. Als ich mich auf den Weg zum Anwesen machte, war ich etwas nervös. Vor allem der Gedanke daran, Carlisle gleich gegenüberzustehen, brachte meine Nervosität auf ein mir bis dahin unbekanntes Niveau. Nachdem ich beim Anwesen angekommen war, klingelte ich. Carlisle öffnete die Tür und mein Herz schlug noch einen Takt schneller. „Vanessa, wie schön dich zu sehen", begrüßte er mich. „Möchtest du reinkommen?" „Ja", stammelte ich und trat ein. Er schloss die Tür hinter mir und führte mich ins Wohnzimmer. Dort nahm ich auf dem Sofa Platz und er setzte sich mir gegenüber. „Also, ich werde doch noch für recht lange Zeit in Forks bleiben", teilte ich ihm mit und bemühte mich das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. Er lächelte daraufhin und nahm meine rechte Hand. „Das freut mich sehr, Vanessa", hauchte er. Etwas in mir drängte mich dazu ihn nach dem Kuss zu fragen, doch ich war mir nicht sicher, ob dies angebracht war. Schließlich siegte meine Neugierde. „Carlisle, warum hast du mich geküsst? Haben dich deine Emotionen unter ihre Kontrolle gebracht?", stotterte ich und wagte nicht ihm in die Augen zu schauen. Er schwieg daraufhin und ich fühlte mich immer unwohler, was du sicherlich verstehen kannst. „Vergib mir, die Frage war nicht richtig", sprach ich und stand auf. „Dann mach ich mich auf den Heimweg. Wir sehen uns morgen auf der Arbeit." „Warte", bat er mich und nahm meine Hand. Also blieb ich stehen und schaute ihm in die Augen. „Was ist?", wisperte ich und spürte wie das Blut in meine Wangen schoss. „Vanessa, der Kuss hat mir etwas bedeutet. Mehr als du wahrscheinlich ahnst", erklärte er. Mein Herz blieb einen Moment lang stehen und ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte. „Dann weiß ich ja Bescheid", entgegnete ich. Er grinste daraufhin und ich aktivierte meine Gabe des Gedankenlesens. Einer seiner Gedanken überraschte mich leicht. Eine innere Stimme jedoch rief mir zu, dass ich aufhören sollte so ängstlich zu sein. „Du darfst", erlaubte ich ihm. Carlisle zog eine Augenbraue hoch. Mein Herz schlug mittlerweile so schnell und so stark, dass ich fürchtete, es könnte irgendeinen Schaden davon erleiden. „Stell dich nicht so an", sagte ich mir und ich trat noch näher an Carlisle heran. „Küss mich", raunte ich. „Bitte." Im ersten Moment reagierte er nicht, doch dann trafen seine Lippen auf meine und ich wollte mich nie wieder von ihm lösen. Irgendwann jedoch musste ich wieder Luft holen und so lösten wir uns voneinander. „Du bist so schön", flüsterte er, obwohl ich davon überzeugt war, dass mein Kopf gerade einer Tomate gleichen musste. „Danke und du bist wunderschön", erwiderte ich. „Wunderschön in allem, was du tust." Er schüttelte leicht den Kopf und dann ging ich." „Interessant, Vanessa. Hat es dann lange gedauert, Carlisle, bis sie dir ihre Liebe gestanden hat?", hakte Leonie nach. „Gar nicht so lange. Am nächsten Tag wusste ich, dass ich meine Gefühle für sie nicht länger leugnen konnte und wollte. Sie sollte davon erfahren und ich sagte mir, dass ich dies auf eine besondere Art und Weise machen wollte. Also kaufte ich das Buch, das sie unbedingt haben wollte und schrieb auf die erste Seite die Worte Für meine große Liebe. Das legte ich in ihrer Wohnung auf den Küchentisch und wartete auf sie. Sie bemerkte mich recht lange nicht, als sie ihre Wohnung betrat. Schließlich tat sie es doch und ich brachte sie in die Küche. Sie schlug das Buch auf und las die Worte. Ich hörte wie ihr Herz schneller schlug und sie drehte sich zu mir um. Ihre Wangen waren leicht rosig, was sie unglaublich niedlich wirken ließ. „Ist das deine Handschrift?", wollte sie von mir wissen. Daraufhin nickte ich bloß und nahm ihre Hand. „Seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, war ich verzaubert von dir. Ich liebe dich, Vanessa", erklärte ich. Sie holte tief Luft. „Carlisle ich bin nicht gut genug für dich. Du bist so schön und perfekt. Daneben bin ich der totale Waschlappen", meinte sie, was in meinen Augen absolut nicht stimmte. „Für deine Zweifel besteht kein Anlass, Vanessa. Für mich bist du alles", stellte ich klar. „Ich liebe dich auch", flüsterte sie nach einer Weile und mir wurde warm am ganzen Körper. Ab diesem Moment sind wir zusammen", beendete Carlisle unsere Geschichte. „Das ist wirklich süß", kommentierte meine Tante. „Es freut mich sehr für dich, Vanessa, dass du dir Carlisle ausgesucht hast und er dich auch." „Dankeschön", lächelte ich. Da klopfte jemand an die Haustür. „Das wird vermutlich Edward sein", sprach Carlisle und wir drei erhoben uns. „Tut mir leid, dass du uns ausgerechnet heute besuchen wolltest, Leonie." Diese winkte ab. „Schon in Ordnung, Carlisle. Genießt Alaska und ich werde vielleicht irgendwann wieder vorbeischauen. Vielleicht bringe ich dann Obi Wans und meine Geschichte mit." „Die würde ich sehr gerne hören", versicherte ich ihr. Meine Tante schmunzelte. „Das glaub ich dir aufs Wort, Vanessa." Mittlerweile standen wir im Flur des Hauses. Mein Mann öffnete die Tür. Tatsächlich stand Edward da. „Die Abfahrt wird sich etwas verzögern", teilte er uns mit. „Lass mich raten: Alice braucht doch noch einen Koffer für ihre Klamotten", vermutete ich. Edwards Mundwinkel huschten nach oben. „Genau ins Schwarze getroffen, Vanessa. Gut, ich wollte nur, dass ihr Bescheid wisst. Bis nachher." „Bis dann", nickte Carlisle. Leonie war verschwunden. „Möchtest du noch ein Bad nehmen?", erkundigte mein Mann sich bei mir. „So wie ich Alice kenne, wird sich die Abfahrt nicht nur um zehn Minuten nach hinten verschieben." Davon musste ich grinsen. „Gerne, Carlisle", hauchte ich. Er drückte einen Kuss auf meine Stirn und lief ins Badezimmer.


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