9. Kapitel

749 23 0
                                    

Mehrere Wochen vergingen und mir war etwas unwohl dabei, dass sich die Agenten der OFZ wegen Esme noch nicht entschieden hatten. Was konnte sie nur daran hindern, eine Entscheidung zu treffen? Kopfschüttelnd lenkte ich meine Gedanken an einen anderen Ort. Carlisle blickte mich an. „Alice hat gesehen, dass die Voltrui uns einen Besuch abstatten werden", verkündete er. Augenblicklich verkrampfte sich etwas in mir und ich hörte auf Kreise auf das Bettlaken zu malen. „Weshalb unternehmen sie die Reise?", wollte ich wissen und war mir nicht sicher, ob ich die Antwort kennen wollte. Carlisle nahm meine Hand. „Wegen Renesme. Aro möchte gerne herausfinden, wie sie sich entwickelt hat. Er ist fasziniert von ihr." „Also hat es ihm nicht gereicht, als Alice ihm damals den Beweis geliefert hat", bemerkte ich und spürte, wie sich meine Muskeln lockerten. „Anscheinend nicht", lächelte Carlisle. „Werden sie keine Fragen stellen, wenn sie bemerken, dass ich jetzt ebenfalls unsterblich bin?" „Doch, aber ich werde ihnen einfach die Wahrheit sagen. Wir haben damit keine Regeln verletzt und sollte Aro dich kennenlernen wollen, wird er nichts sehen", beruhigte er mich. „Dadurch wird in ihm doch der Wunsch erwachen mich zu wollen", erkannte ich. „Möglich, aber er weiß auch, dass du dich ihm nie anschließen wirst. Aro ist nicht dumm. Er hat keine Chance gegen uns." Ein Seufzer entwich mir. „Zudem lasse ich dich nicht so einfach gehen", fuhr Carlisle fort. „Nicht, wenn ich es verhindern kann." Seine Worte zauberten ein Lächeln auf meine Lippen und ich beugte mich nach vorne, um den Abstand zwischen uns zu überbrücken. Der Kuss begann sanft und zärtlich, wurde dann jedoch leidenschaftlicher und ich gab mich dem Verlangen hin. Wir bekamen einfach nicht genug voneinander. Unsere Körper pressten sich eng aneinander, um ja keinen Zwischenraum zu ermöglichen. Nur langsam ließ das Verlangen nach und ich genoss jede einzelne Sekunde. „Schatz, was möchtest du eigentlich zu deinem Geburtstag?", forschte Carlisle nach. Irritiert runzelte ich die Stirn. „Alice", stelle ich dann fest und er grinste. „Wer sonst? Also?" „Eigentlich habe ich alles, was ich mir jemals gewünscht habe. Eine wunderbare Familie. Freunde. Einen Mann, der mich so liebt wie ich bin", raunte ich. „Mir fällt nichts ein, Carlisle." „Das macht doch nichts", lächelte er und drückte einen Kuss auf meine Stirn. „Mir wird schon etwas einfallen." „Ganz bestimmt", nickte ich und kuschelte mich enger an ihn. Arm in Arm verharrten wir eine Weile im dem großen Bett. Schließlich wussten wir jedoch, dass es Zeit wurde zu den anderen zurück zu kehren. Wir betraten das Haus und aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Renesme wutschnaubend an uns vorbeizog. „Alles in Ordnung?", forschte Carlisle sogleich nach. Bella entwich ein Seufzer. „Sie hat mir erzählt, dass die Jungs aus ihrer Klasse morgen eine kleine Party planen und sie will dort unbedingt hin, aber ich halte das für keine gute Idee. Wer weiß, wie sie reagieren werden, sobald sie von ihrer Gabe erfahren", teilte sie uns mit. „Renesme ist kein kleines Kind mehr", versuchte Edward sie zu beruhigen. „Sie weiß, dass sie unser Geheimnis hüten muss." „Jacob weiß vermutlich nichts davon, oder?", meldete ich mich zu Wort. Stille. Sie brauchten auch nichts zu sagen. Ihre Gedanken genügten mir. „Er könnte sich nur unnötig aufregen und sich dann verwandeln. Das wollte ich vermeiden", erklärte Bella schließlich. „Sie wird sich schon wieder einkriegen. Gibt es etwas neues wegen Esme?" Daraufhin schüttelte ich bloß den Kopf. „Bisher nicht und das macht mir irgendwie Sorgen. Wieso sollten sie sich Zeit lassen?" „Du kennst diese Menschen besser als wir, Vanessa", sprach Edward. „Überrascht werden können wir nicht." Das stimmte. „Also, wann werden die Volturi ungefähr hier sein?", erkundigte ich mich und schnitt damit ein anderes Thema an. „Alice nach in einem Monat. Aro, Caius, Marcus, Jane, sowie Felix und Alec werden es sein", ließ Edward mich wissen. Ok. „Deswegen brauchen wir uns aber keine Gedanken zu machen. Sie kommen wegen Renesme hierher und nicht wegen dir." Er hatte recht, aber dennoch war mir etwas mulmig bei dem Gedanken daran. Carlisle nahm meine Hand. „Wo sind die anderen?", forschte er nach. „Jasper und Alice sind noch in der Stadt und Rosalie und Emmet noch auf der Jagd." Bei dem letzten Wort machte sich plötzlich mein Durst bemerkbar. Instinktiv legte ich eine Hand an meine Kehle. „Dann gehen wir auch, wenn das für euch in Ordnung ist." „Natürlich, Vanessa", lächelte Bella. „Geht nur. Viel Spaß." Ihre Augen funkelten leicht, woraufhin ich nur die Augenbrauen nach oben zog. Carlisle und ich traten aus dem Haus und liefen zum Wald. Im Laufe der Jahre hatte ich bei der Jagd eine Vorliebe für Gazellen entwickelt, auch wenn ich den Grund dafür nicht kannte. Wie üblich trennten Carlisle und ich uns und es beruhigte mich, dass ich weiterhin seine Stimme in meinem Kopf hören konnte. Im Gegensatz zu Edward konnte ich noch zusätzlich mein Gebiet eingrenzen, in dem ich die Gedanken anderer Personen hörte. Ein Reh geriet in mein Blickfeld. Zwar keine Gazelle, aber besser als nichts. Meine Instinkte übernahmen und ich leerte meinen Kopf. Das liebte ich besonders an der Jagd. Es war eine ausgezeichnete Gelegenheit, um auf andere Gedanken zu kommen. Gerade, als ich mein Tier ausgesaugt hatte und mich auf den Rückweg machen wollte, erblickte ich vor mir wieder den Raum mit den beiden Agenten der OFZ. Augustus hatte die Arme verschränkt und schritt auf und ab. „Die Frist ist um", erklärte der andere. „Was unternehmen wir jetzt wegen dieser Vampirfrau? Lösen wir den Zauber, oder halten wir ihn weiterhin aufrecht? Dir ist aber klar, dass, wenn wir letzteres tun, ihn nicht mehr von ihr nehmen können." „Das habe ich nicht vergessen, Liam", zischte Augustus. „Wir sollten den Zauber von ihr nehmen", entschied er nach einer Weile und ich meinte Erleichterung aus seiner Stimme heraus zu hören. Liam zuckte die Achseln. „Wie du wünschst. Komm mit, dann führen wir das gleich in die Tat um." Das Bild wechselte. Nun sah ich ein ... Wohnzimmer, wenn ich mich nicht täuschte. Esme saß auf dem Sofa und lächelte, als Augustus erschien. „Hallo, mein Schatz", begrüßte sie ihn. Augustus sagte nichts. Stattdessen nahm er neben ihr Platz und legte eine Hand auf ihre Stirn. Anschließend murmelte er Wörter in einer Sprache, die ich zwar kannte, aber nicht übersetzen konnte. Als sich sein Mund wieder schloss, blinzelte Esme. Sie starte Augustus an, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. Nein! Meine Befürchtung hatte sich bestätigt. „Esme, ich muss mich bei dir entschuldigen", hauchte Augustus und trat zurück. „Vanessa?" Etwas legte sich auf meine Wange und dann schaute ich in Carlisles goldene Augen. Meine Zunge fühlte sich auf einmal ganz pelzig an. „Was hast du gesehen?", wisperte er. Meine Kehle war wie zugeschnürt. So schüttelte ich den Kopf und machte einen Schritt nach hinten. Carlisle folgte mir. Seine Gedanken hatten schon den richtigen Weg eingeschlagen. Er packte meine Arme und zog mich an sich. „Lass mich los", bat ich ihn. „Warum willst du weglaufen? Sie haben den Zauber aufgehoben, aber das bedeutet doch nicht automatisch, dass Esme mich immer noch liebt." „Du hast keine Ahnung, wie mächtig solche Zauber sein können!", argumentierte ich. Schärfer als beabsichtigt. „Vanessa, ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich dich nicht daran hindern werde, wenn du gehst. Wie damals bitte ich dich auch jetzt bei mir zu bleiben. Bitte. Verlass mich nicht", sprach Carlisle und sein Tonfall war weiterhin ruhig. Er begriff es nicht. Er verstand nicht, worum es hier ging. Esme würde nach Forks zurückkehren. Zu den Cullens. Zu Carlisle. Vielleicht würde sie verstehen, dass Carlisle sich in mich verliebt und mich geheiratet hatte, aber meinetwegen würde der Plot nie wieder so sein wie es geplant war. Nie mehr. „Es tut mir leid, Carlisle, aber ich kann nicht", raunte ich und befreite mich von ihm. Schmerz trat in seine goldenen Augen und ihn so zu sehen, versetzte mir einen Stich. „Glaubst du, ich kann meine Gefühle für dich einfach so vergessen? Selbst, wenn Esme wieder hier ist, werde ich sie nicht mehr lieben", stellte Carlisle klar. „Nicht sofort, aber mit der Zeit ganz bestimmt", versicherte ich ihm und nur mit Mühe unterdrückte ich das Zittern in meiner Stimme. Carlisle schüttelte den Kopf. Er kniete vor mir nieder. „Vanessa, ich flehe dich an. Bleib hier. Bitte. Wir stehen das gemeinsam durch. Ich liebe dich doch." „Ich liebe dich auch", erwiderte ich und nahm den Ehering ab. Anschließend ließ ich ihn vor mir ins Gras fallen. „Wenn du eine Chance mit Esme haben sollst, geht das nicht, wenn du bereits vergeben bist", erklärte ich und drehte mich um. Carlisle streckte eine Hand nach mir aus, doch er hielt mich nicht fest. „Du hast deine Entscheidung getroffen", flüsterte er. „Wenn du sie änderst, bin ich hier und ich werde immer auf dich warten." „Nur solange du noch etwas für mich empfindest", korrigierte ich ihn. Dann rannte ich los Richtung kanadische Grenze und drehte mich nicht einmal um.


Bleib bei mir - Twilight FF (Beendet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt