~Willkommen im realen Leben

1.6K 77 27
                                        

Ausnahmsweise hatte Gott meine Gebete erhört, oder der Bus hatte mich einfach nur lieb und ich kam doch noch gerade so pünktlich an.

Der Busfahrer kannte mich schon und nickte mir nur zu, was bedeutete, dass ich weiter gehen durfte, ohne lange meinen Ausweis suchen zu müssen.

Erleichtert, da ich ihn wahrscheinlich sowieso zu hause vergessen hatte ging ich nach ganz hinten durch, wo meine beste Freundin Jamie saß und mich schon so anlächelte, wie man es immer tun musste, wenn man seine Freunde sah.

Ich ließ mich neben sie fallen und sah mich um. Sam, mein bester Freund war anscheinend krank, da er nicht bei uns war.

„Lass mich raten, du bist zu spät dran gewesen und hast dich deswegen abgehetzt?", fragte sie mich mit hochgezogener Augenbraue.

Sie kannte mich besser, als irgendjemand sonst.

„Eigentlich war ich mega pünktlich, Ich habe sogar brav meinen Wecker ausgemacht und bin aus dem Bett gerollt, um meiner Pflicht nach zu gehen und Sue zu wecken. Sie war allerdings schon wach und ich durfte mir locker eine viertel Stunde romantische Dinge anhören. Und zu guter letzt gab es wieder Streit.", erklärte ich ihr grob und sie nickte, während sie zwei Mädchen beobachtete, die miteinander tuschelten.

„Wetten es ging wieder um ihre Lieblingsband?", fragte sie mich und ich stöhnte auf.

„Glaubst du sie hat irgendwas anderes als diese Band im Kopf?", fragte ich sarkastisch und ließ mein Kopf nach hinten fallen.

-

Nach der Schule, wollte ich eigentlich relativ schnell verschwinden, da mir ein klitzekleines Missgeschick passiert war, eigentlich nicht der Rede wert, aber man sollte immer darauf achten, bei wem dir das Missgeschick passiert. Aber ob es jetzt aus versehen war oder nicht, darüber konnte man sich streiten.

Pause. Dieses Wort alleine hört sich schon so göttlich an, vor allem, wenn man den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte und Jamie gerade eine ihrer Diäten machte und somit auch nichts dabei hatte. Glücklicherweise hatte sie ihr Geld dabei und lieh mir einen Euro, da ich mein Portemonnaie tatsächlich vergessen hatte und jetzt standen wir in einer Schlange, sie stand natürlich solidarisch mit mir an und wir lästerten über ein paar Schüler. Nach gefühlten Stunden stand ich der Frau, die das Kiosk betrieb endlich gegenüber und bestellte mein Nutella Brötchen.

Wir gingen gemeinsam über den Schulhof und die erste hälfte des Brötchen landetet gut zerkleinert in meinem Magen, aber die andere Hälfte fiel mir aus der Hand, während ich über einen Kieselstein stolperte und letztendlich in jemandes Ausschnitt fiel. In den Ausschnitt von Sarah. Ich nannte sie gerne die Schulschlampe. Aus verschiedenen Gründen. Jeder hatte Respekt vor ihr, da sie regelmäßig jüngere Schüler öffentlich mobbte.

„Sollten wir rennen, oder hier stehen bleiben und die Blicke der anderen genießen?", fragte Jamie langsam und ich wachte aus meiner Starre auf und blickte vorsichtig in die Augen von Sarah. Und in ihnen geschrieben stand mein Todesdatum. Heute.

Und bevor sie mich gleich bekommen kann, um sich zu rechen, ist Luna natürlich spurlos verschwunden. Einfach Puff, vom Blickfeld verschwunden.

Manchmal bin ich doch richtig schlau.

Ich machte mich sofort auf den Weg zu meinem Bruder, der 20 Jahre war. Luke, mein Bruder, hatte das große Los gezogen und musste sich nicht jeden morgen um seine kleinere Schwester kümmern. Aber deswegen war ich jetzt auf meinem Weg. Ich machte so was wie meinen Wöchentlichen Pflichtbesuch, um ihn zu nerven, da er ja nicht täglich Sue ertragen musste.

Mein Handy vibrierte einige male und ich zog es heraus, um zu sehen, ob Sam und Jamie schon geantwortet hätten, da wir für das Wochenende etwas geplant hatten.

Aber es war Twitter.

So wie immer folgten mir irgendwelche Leute, die ich eigentlich gar nicht kannte. Aber was meine Aufmerksamkeit erhaschte, war ein Bild, was meine Schwester mir an meine Timeline gepostet hatte. Das war ein Bild von dem blonden, der wie noch mal hieß?

War das jetzt Zayn oder Nico?

Aber schlecht sah er auf dem Bild nicht aus. Seine Augen faszinierten mich am meisten. Wer konnte so strahlend blaue Augen haben? Ich wünsche mir immer, dass ich auch so blaue Augen habe, aber nein, ich habe nur gewöhnliche grüne Augen.

Während ich weiter zu meinem Bruder ging, öffnete ich wiederstrebend doch die Tumblr App und gab ‚Zayn' oben in die Suchspalte ein.

Aber ich glaube, dass war doch der falsche Name, da andauernd wieder Bilder von dem Typen mit den schwarzen Haaren kamen. Der hatte wirklich viele Tattoos.

Als ich den blonden nur in ein paar Gruppenbildern sah, beschloss ich einfach auf das Twitterprofil von meiner Schwester zu gehen und dort weiter Bilder von dem Blonden zu suchen.

Oh Gott, ich führe mich schon fast wie ein Fan auf. Ich verzog meinen Mund und machte mein Handy aus. Ich steckte es zurück in meine Jackentasche und drückte an der Ampel und wartete dann darauf, dass ich grün bekam. Währenddessen zog aber ein hübscher Porsche 911 Carrera 4 meinen Blick auf sich.

Verdammte Scheiße, war der geil. Ich war mir verdammt sicher, dass es ihn eigentlich noch nicht so auf den Straßen gab, weswegen es mich nicht wundern wird, wenn mir jetzt gleich der Sabber aus meinem Mund läuft.

Wenn ich könnte, würde ich jetzt sofort in das nächste Autogeschäft laufen, meine American Gold auf die Theke knallen und mir den gleichen kaufen. Aber Hey, ich bin 15. Ich habe weder einen Führerschein, noch habe ich eine American Gold Kreditkarte.

Willkommen im realen Leben, Luna.

Als es allerdings hupte, sah ich verschreckt hoch und bemerkte, dass der Fahrer sich aus seinem Fenster gelehnt hatte und zu mir herüber sah.

Oh mein Gott.

Vielleicht fragt er mich gleich, ob er mich auf eine Spritztour mit nehmen kann.

Ich bin tot.

„Willst du ein Foto oder ein Autogramm? Wenn ja, dann komm rüber, ich habe nicht ewig Zeit.", rief der Typ genervt in Englisch.

Bei dem hackt es wohl. Fühlt der kleine Scheißer sich jetzt ganz groß, nur weil er ein Auto von über 60,000 Euro fährt? Was bildet der sich bitte ein?

Ich streckte ihm mein Mittelfinger entgegen und überquerte mit hoch erhobenen Haupt die Straße. Über diesen Idioten werde ich mich jetzt noch den ganzen Tag aufregen. Verdammtes Arschloch. 

Age is just a numberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt