#105 [Hoseok]

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Wie jeden Abend, an dem ich bei Jiyeon bin, laufen wir beide am Strand entlang, während wir Händchen halten und die Sonne beim Untergehen beobachten. Es ist schon eine Art Ritual geworden und im Sommer ist es gleich doppelt und dreifach so schön, da es mittlerweile selbst abends noch warm genug ist, um dass wir mit einem dünnen Pullover oder einer Strickjacke rausgehen können. In Seoul hätten wir vermutlich in T-Shirt rumlaufen können, aber hier am Meer kommt uns noch die kühle Briese der Weiten des Meeres entgegen, sodass es für T-Shirts definitiv zu kühl wäre. 

Nachdem wir eine Weile schweigend gelaufen sind, ist die Sonne schon untergegangen. Leise stellen wir uns also dem Wasser zugewendet hin, ehe ich mich auf den Boden setze und Jiyeon auf meinen Schoß klopfe. Kichernd nimmt das schwarzhaarige Mädchen mein Angebot hat und macht es sich auf meinen gekreuzten Beinen bequem. Ich lege schließlich meine Arme um ihre Taille und stütze mein Kopf auf ihre Schulter, was sie dazu veranlasst, sich nach hinten gegen meine Brust zu lehnen. Schnell hauche ich ihr einen Kuss auf die Wange, woraufhin sie meine Hände mit ihren zu streicheln beginnt. 

"Je mehr ich hier bin, desto mehr kann ich mir vorstellen, für immer hier zu bleiben." seufze ich. 

Jiyeon schaut deshalb etwas traurig lächelnd zu mir und setzt sich daraufhin seitwärts auf mich, damit sie mich mustern kann. 

"Vermisst du die Jungs denn gar nicht?"

"Doch, schon-... Nur.. Solange du hier bei mir bist, fühle ich mich wohl." 

"Also willst du hier bleiben?"

Ich schaue kurz an meiner Schönheit vorbei zum Meer, um meine Antwort zu überdenken. 

Ein Umzug hier her bedeutet noch immer, nicht nur meine Freunde, sondern auch meinen Traum, als Choreograf berühmt zu werden, aufzugeben. Allerdings habe ich mir, während ich mit Jiyeon Zeit verbracht habe, alles durch den Kopf gehen lassen. Wieso sollte ich Verkäufer bei Emart werden, wenn ich hier meine eigene Tanzschule aufmachen könnte? Die Kinder und Jugendlichen dieses Dorfes würden bestimmt gerne Tanzen lernen und wenn ich hier nicht genug Geld verdienen würde, könnte ich einfach jeden Tag in die Stadt fahren und dort arbeiten. Ich könnte vielleicht nicht berühmt werden oder unmengen an Geld verdienen, aber so würde ich meine Leidenschaft noch ausleben können und ich könnte bei Jiyeon leben. Es stimmt zwar, dass ich ziemlich viel Abstand zwischen mir und meine Freunde schaffen würde, aber dennoch würde ich den Kontakt nicht abbrechen, also wo liegt das Problem?? 

"Ja, eigentlich schon.." presse ich schließlich hervor. 

Traurig und entsetzt sieht mich meine Freundin an. 

"Aber was ist mit den Jungs? Du hast doch gehört, wie erleichtert sie waren, als wir sie am Mittwoch Morgen anriefen und ihnen erklärten, dass du nur vorzeitig hergefahren bist.. Es gab nicht einen, der sich darüber nicht gefreut hatte."

"Aber es gibt doch keine andere Möglichkeit!" widerspreche ich nun verzweifelt. 

"Was denkst du, wie lange wir so weitermachen können? Denkst du, ich komme drei bis vier Mal im Jahr vorbei, um dich zu treffen? Denkst du, ich schwänger dich und kann dann weder bei der Geburt noch bei dem Aufwachsen meines Kindes dabei sein, weil ich mehrere Kilometer von dir entfernt wohne und aufgrund meiner Arbeit nicht häufiger kommen kann? Denkst du, wir werden glücklich, wenn wir bis ans Lebensende getrennt leben?? Wenn ich nicht zu dir komme, dann werden wir uns bald trennen.."

Ich schniefe am Ende meines Vortrages und senke meinen Blick, denn Tränen sammeln sich in meinen Augen. 

"Hoseok.."

Nach ihrer Ansprache bleibt es jedoch ruhig, denn sie weiß auch nicht so recht, was sie sagen soll. Vermutlich weiss auch Jiyeon, dass ich recht habe. Aus uns wird nichts, wenn ich nicht mein bisheriges Leben aufgebe. Dass es eigentlich 'Bros before Hoes' heißt, dessen bin ich mir bewusst. Jedoch ist es ein Fakt, dass ich noch nie so sehr von einer Person fasziniert war. Ich liebe alles an Jiyeon. Ich liebe ihr seidiges Haar, ihr süßes, kleines Gesicht. Ich liebe ihren grimmigen Gesichtsausdruck; wie sie ihre Lippen immer leicht spitzt und ihre Augenbrauen zusammenzieht, wenn sie mich entsetzt-genervt anguckt. Außerdem, wie ich es immer schaffe, sie sofort zum Lachen zu bringen, wenn sie auf mich sauer ist. Ich liebe ihre niedliche kleine Lache und ich liebe es, wenn sie tollpatschig ist. Jiyeon kann fantastisch Backen und Kochen, sie ist äußerst liebenswert, nett und höflich. Ich liebe es sogar, wenn sie sich beschwert, beleidigt ist, versucht, mich zu schlagen oder wenn sie mich ausschimpft. Ich liebe sie wirklich und deswegen kann ich sie nicht hinter meine Freunde stellen. 

Live with me my friend *YoonMin*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt