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„Meinst du das wirklich ernst?“, fragte Jungkook schließlich mit zitternder Stimme und hilflos suchte er Halt an der Lehne des Stuhles.
Der Druck, all die Gedanken und der Schmerz waren zu viel für ihn. Alles was er wollte, war seiner Schwester zu helfen und sich von Taehyung fern zu halten, weil er ihm immer und immer wieder wehtat. Von Beginn an.
Doch mit dem Angebot, wurde er wieder einmal vor die Wahl zwischen seinem Glück und dem seiner Schwester gestellt und erneut, würde er leiden müssen.
„Du erpresst mich, weil du willst, dass ich bei dir arbeite und weißt dabei genau, dass das Leben meiner Schwester davon abhängt und ich keine andere Wahl habe, als dein Angebot anzunehmen.“
Immer lauter wurde seine Stimme, während er die kleinen Hände zu bebenden Fäusten ballte und die Tränen an seinen Wimpern kurz davor waren, auf seine Brust zu tropfen.  
„Gehst du immer so mit Menschen um, Taehyung? Denkst du wirklich, du kannst Menschen auf diese Art und Weise besitzen und kontrollieren? Du kommst in meine Wohnung, drängst dich in meine Privatsphäre und behandelst mich dann wie Dreck aber willst jetzt, dass ich weiter dein Assistent bleibe? Was stimmt denn nicht mit dir? Du hast mir mehr als klar gemacht, dass ich deinen Anforderungen für diese Stelle nicht genüge.“
Lautlos tropften die Tränen nun über seine erröteten Wangen und während er mittlerweile brüllte, konnte er beobachten, wie Taehuyngs Augen zu flackern begannen, als dieser sich langsam zu ihm umdrehte.
Es war unmöglich, zu lesen, was der CEO dachte, doch als er die Lippen öffnete, zuckte Jungkook zusammen, denn auch er brüllte.
„Jetzt halt den Mund!“
Wütend funkelten sie sich an und auch Taehyung hatte die Hände zu Fäusten geballt.
Der Jüngere bereitete sich auf alles Mögliche vor, doch das, was Taehyung ihm entgegen brüllte, hatte er nicht erwartet.
„Du bist der beste Assistent, den ich je hatte. Du hast in diesen Tagen mehr gearbeitet als alle deine Vorgänger in ihrem ersten Monat zusammen. Du bist genau der Richtige für diesen Job und ich mag dich, verdammt nochmal!“

Irritiert blinzelte Jungkook und beobachtete, wie verzweifelt sein Gegenüber ihn anstarrte.
Die muskulöse Brust unter dem grauen Kapuzenpullover hob und senkte sich schnell, während Taehyung bedenklich blass um die Nase wirkte.
„Jetzt sieh mich nicht so an.“, knurrte er aufgekratzt und fuhr sich mit fahrigen Fingern durchs wellige Haar.
Die Worte, schnitten durch den Raum und trafen Jungkook, völlig unvorbereitet, mitten ins Herz.
„Du… magst… mich?“, flüsterte er verständnislos und Taehyung verdrehte genervt die Augen.
„Bist du schwerhörig, oder was?“

„Ich muss gehen.“
Unter dem irritierten Blick seines Chefs, packte Jungkook sich seine Jacke und flüchtete, beinahe panisch zur Tür.
„W-was?“, fragte Taehyung verwirrt und beobachtete ihn dabei, wie er eilig sein Büro verließ.
Die Tür fiel laut ins Schloss und die Erkenntnis, es anscheinend vermasselt zu haben, obwohl er endlich einmal ehrlich war, traf den Zurückgelassenen hart.
Nie hatte er um etwas kämpfen müssen in seinem Leben und doch hatte er sich Dr. Mins Worte so zu Herzen genommen, dass er um Jungkook kämpfen wollte. Davon, wie man sich um einen Menschen bemühte den man mochte, hatte er allerdings keine Ahnung.
Gerade ließ er sich kraftlos zurück in seinen Schreibtischstuhl sinken und ballte die Hände zu verzweifelten Fäusten, als die Tür energisch wieder aufgerissen wurde und mit einem Krachen an der Wand dahinter landete.
„Was zum…“, stieß der CEO überrascht aus und seine Augen weiteten sich, als Jungkook zielstrebig auf ihn zu steuerte.
Ohne, dass er wusste wie ihm geschah, kletterte dieser auf seinen Schoß und nahm sein Gesicht mit sanfter Bestimmtheit in die Hände.
Abrupt schien die Stimmung zu kippen und irritiert huschte Taehyungs Blick zwischen Jungkooks dunklen Pupillen hin und her, während er die Luft anhielt.
Ganz plötzlich war er ihm viel zu nah gekommen und hatte jeglichen Sicherheitsabstand überschritten, völlig ohne ihn um Erlaubnis zu bitten.
„Du magst mich, aber ich mag dich mehr und deswegen kann ich hier nicht arbeiten.“
Mit derart wenig Respekt war Taehyung seit langer Zeit niemand mehr entgegen getreten und vermutlich war es genau diese Unerschrockenheit, die ihn seltsam in seine Schranken wieß und ihn ganz ruhig werden ließ.
„Wie meinst du das?“
Seine tiefe Stimme klang aufrichtig verwirrt, als er vorsichtig beide Hände auf Jungkooks Hüften platzierte. Ihm war gänzlich die Kontrolle über die Situation entrissen worden und alles ging so schnell, dass deine Wahrnehmung kaum hinterher kam.
Energisch versuchte er sich aufzurichten, je unsicherer der Blick ihn machte, der ihm zu Teil wurde. Doch Jungkook platzierte seine Hände auf der bebenden Brust vor sich und drückte ihn zurück in das weiche Leder des Schreibtischstuhls.
Es schien, als setze das Herz des CEOs einige Schläge aus, während ihm eine unsichtbare Macht den Sauerstoff zum Atmen raubte. Langsam glitten die kühlen Finger des Jüngeren über seine Brust und kreuzten sich schließlich in seinem Nacken.
Erschrocken schnappte Taehyungs nach Luft, spürte wie Hitze durch seinen Körper schoss und er ungewohnt nervös wurde.
Die Atmosphäre um sie herum war kühl und doch bildete sich zwischen ihnen auf magische Art und Weise so viel Wärme, dass es beiden schon bald zu heiß wurde.
Die schweren Regentropfen warfen durch die Strahlen der Stadt, blaue Lichtbilder an die weißen Wände des Büros. Sie zersprangen ohrenbetäubend laut an der kühlen Glasfront und die vereinzelten Bäume vor dem Vanity Tower, peitschten bedrohlich hin und her.
Die feinen Gesichtszüge Jungkooks, strahlten so viel Eleganz und Sanftmut aus, dass Taehyung das erste Mal in seinem Leben, völlig sprachlos war.
Fast ausgeliefert fühlte er sich doch die Tatsache, dass er trotzdem Gefallen an der Situation fand, irritierte ihn zusätzlich.

„So meine ich das.“, hauchte Jungkook mit erstickter Stimme und sein warmer Atem traf auf den gänzlich fremden Mund vor sich.
„Jungkook, ich-…“
Taehyung schaffte es nicht, zu Ende zu sprechen.
Die sinnlichen Lippen seines Gegenübers unterbrachen ihn und augenblicklich riss der CEO die Augen auf.
Sein gesamter Kopf schien wie leer gefegt, während Jungkook mutig begann, die Lippen gegen seie zu bewegen.
Der Geschmack von fremdem Speichel breitete sich auf seiner Zunge aus und obwohl er schon von hunderten Lippen geküsst wurde, fühlte sich dieser Moment, wie sein erster, richtiger Kuss an.
Sanft krallten sich die Finger des Jüngeren in seinen Nacken und Taehyung fühlte sich leicht wie nie, doch als ihm bewusst wurde, dass dieser Kuss die Antwort auf seine Frage gewesen war und Jungkook ihn tatsächlich mehr als nur mochte, stockte ihm der Atem.
Panisch keuchte er und kämpfte sich los, während auch etwas in seiner Brust kämpfte.
„Was denkst du dir dabei?“, herrschte er Jungkook an und drückte ihn forsch von sich weg.
Er durfte sich nicht leiten lassen. Immerhin lebte er nach strengen Prinzipien und ein Kuss, bei dem er so viel fühlte, untersagte er sich strikt.
Gerade noch so, konnte er den blanken Schmerz in Jungkooks Augen erkennen, als dieser von seinem Schoß geschoben wurde und unsanft auf dem Boden landete.
Peinlich berührt senkte der junge Koreaner den Blick und schlug die Hand vor die bebenden Lippen. Seine Wangen glühten in hellem rot und ungeschickt rappelte er sich auf.
„Das… das war mein erster Kuss. Ich wollte, dass er dir gehört. Das habe ich mir dabei gedacht.“, flüsterte er heiser und wendete das Gesicht ab, damit Taehyung ihn nicht direkt ansehen konnte.
„Verzeih mir.“
Mit diesen Worten stürmte er nun endgültig aus dem Büro und ließ den fassungslosen Taehyung zurück.

BLACK POISON [TaeKook] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt