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Während Jungkook nachdenklich an seinem Kaffee nippte, war Taehyung längst mit seinem Wagen auf dem Weg nach Hause. Irritiert hatte er die Stirn kraus gezogen, als ihm genau in dem Moment ein Hauch von Jungkooks Duft um die Nase wehte, als er sich auf den Fahrersitz sinken ließ.
War er am Abend, trotz Jungkooks Begleitung, noch als einsamer Mann aus seinem Auto gestiegen, schien der Junge ihn nun auf Schritt und Tritt zu begleiten, obwohl er physisch gar nicht anwesend war.
So passierte Taehyung verträumt die belebten Kreuzungen der Großstadt und meinte in jedem hübschen Gesicht, welches vor ihm über die Straße ging, Jungkook zu erkennen. Verwirrt schloss er einen Moment die Augen und öffnete sie erst dann wieder, als die Ampel längst auf Grün geschalten hatte und ein Hupen ihn auf seine Unkonzentriertheit aufmerksam machte.
Tatsächlich stand der, sonst so beherrscht konzentrierte Mann, das erste Mal derart neben sich, dass er in Betracht zog, seinen Therapeuten Doktor Min aufzusuchen.
Immerhin hatte ihn noch nie etwas aus der Ruhe bringen können und es fiel ihm schwer zu verstehen, dass es bei Jungkook anders war.

Gedankenverloren parkte er seinen Wagen, zog sich etwas Frisches an und verließ wenig motiviert sein Loft, um einen wichtigen Termin wahrzunehmen.
Anders als gewöhnlich entschied er sich, zu Fuß zu gehen und so bahnte er sich seinen Weg über die regennassen Straßen Seouls und beobachtete abwesend, wie die Wolkenkratzer aus Glas sich in den grauen Himmel reckten, als wollten sie versuchen, die Wolkendecke zu durchstoßen, um näher an die Sonne heran ragen.
Die verschiedenen Facetten von Grau spiegelten kühl Taehyungs gesamtes Leben wieder und vermutlich wäre ihm der einzige Sonnenstrahl, welcher sich seinen Weg durch die Wolkenwracks bahnte, an anderen Tagen nicht einmal aufgefallen.
Wie ein einzelner Spotlight warf er Licht auf das Gebäude und reflektierte sich in den Glasfenstern. Taehyung huschte ein Schmunzeln über die Lippen, obwohl er sonst nicht oft lächelte.
Der Gedanken, wie ähnlich Jungkook diesem Lichtstrahl war, verblüffte ihn und für einen kurzen Moment schien alles andere in den Hintergrund zu rücken.
Das der Jüngere nicht aus privilegierten Umständen kam, lag auf der Hand und alles was er über ihn wusste, zeugte von einem anstrengenden Leben, welches geprägt von Angst und Kampf gewesen sein musste. Jungkook hatte gekämpft, wie der Lichtstrahl und erfüllte nun Taehyung graues Leben, mit Wärme und Helligkeit.
Ein leises Seufzen entkam seinen Lippen, als er die Hände in die Hosentaschen gleiten ließ und etwas tat, was er noch nie getan hatte.
Er blieb stehen.
Mitten auf dem Gehweg, obwohl er sein Ziel klar vor Augen hatte und die Zeit ihm im Nacken saß, nahm er sich den Moment und beobachtete das Spiel der schweren Wolken und bei genauerer Betrachtung erkannte er, dass sie nicht nur grau waren. Sie waren Dunkelblau und Olivgrün. An manchen Stellen Silbern und an anderen sogar Gold.
So ging Taehyung an diesem Tag zum ersten Mal mit einem Lächeln im Gesicht zu seinem Termin, zuversichtlich darüber, dass sich vielleicht doch noch alles zum Guten wenden würde. Dass ihm der Sonnenstrahl vielleicht die Chance offenbaren würde, die er sich so sehr wünschte, um dem schwarzen Gift, wie er es nannte, endgültig zu entkommen.
Nachdenklich folgte er mit dem Blick einem orangenen Schmetterling, welcher vermutlich vor dem bevorstehenden Regen floh und weiter wanderte. Dorthin, wo die Sonne schien und die anderen Monarchfalter auf ihn warteten. Taehyungs Herz klopfte wild gegen seinen Rippenbogen, als er sich vornahm, es ihm gleich zu tun. Er würde ebenfalls fliehen. Dorthin, wo alles besser war und alles gut werden würde. Dorthin, wo er nicht alleine war und zulassen konnte, geliebt zu werden.

Auch Jungkook hatte ein Lächeln auf den Lippen, doch als sich ein Kribbeln in seiner Nase breit machte, zuckten seine Mundwinkel und geräuschvoll musste er niesen. Gerade noch hatte er mit Namjoon, seinem besten Freund telefoniert. Dieser wollte sich eigentlich mit ihm zum Zocken verabreden aber Jungkook fühlte sich nicht danach. Er war müde und schlapp.
Mit schniefender Nase beugte er sich vom Bett, um sich ein Taschentuch zu angeln und zischte gequält auf, als der Druck in seinem Kopf ihm pulsierenden Schmerz hinter die Augen jagte. Fluchend rieb er sich die Schläfen und putzte sich die Nase.
Der Tag verstrich, zusammen mit den wenigen Sonnenstrahlen, welche am Nachmittag komplett von der dicken Wolkendecke verschlungen wurden und am Abend begann es erneut zu regnen.
Zitternd und in zwei dicke Wolldecken gehüllt, hatte Jungkook sich auf der Couch zusammen gerollt, obwohl Taehyung Duft längst verfolgen war.
Das Prasseln des Regens an den Scheiben, erinnerte ihn an die vergangene Nacht und trotz des Schüttelfrostes, fand er schließlich einen friedlichen Schlaf.

BLACK POISON [TaeKook] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt