POV Lucinda
Stumm erneuerte ich den Verband um meinem Bauch. Ein leichter Schmerz durch die Bewegung durchfuhr meinen Körper und ließ mich zusammenzucken.
Mit müden Augen unter denen tiefe Augenringe lagen, sah ich hinunter auf meine Spiegelung auf der Wasseroberfläche.
Meine Haare waren zerzaust und fettig, ich hatte ziemlich abgenommen, nicht nur weil ich kaum Hunger hatte, auch weil ich alles an Nahrung stehlen musste, was nicht viel war, und ich sah im Großen und Ganzen richtig scheiße aus.
Ich zerstörte das Trauerbild als ich meine Hände hineintauchte und mir das kühle Wasser ins Gesicht spritzte. Weder die Kälte noch meine schmerzenden Muskeln lösten etwas in mir aus.
Ich fühlte mir einfach nur einsam und leer.Es schmerzte an die anderen zu denken, egal wie wenig sie mich gemocht hatten, ich wünschte mich zu ihnen zurück.
Aber mir war klar, dass sie ein Monster wie mich niemals wollen würden.Ich hatte nicht nur unzählige Menschen, sondern auch noch meinen eigenen Vater kaltblütig ermordet!
So viel Unglück hatte ich ihnen auch gebracht... und das nur weil ich zu dumm, schwach, faul, feige und naiv war um zu erkennen, dass das was mein Vater von mir verlangte böse war.
Ich würde diese Schande nie wieder gut machen können...Verdiente ich überhaupt noch das Leben.
Ich wusste es nicht.Trotzdem lebte ich weiter. Wenn man das noch leben nennen konnte. Jeden Tag stand ich mit der Sonne auf, aß ein wenig, jagte oder stahl das was ich brauchte und beschützte, wenn es nötig war, die Menschen die manchmal in der Nähe vorbeikamen. Natürlich zeigte ich mich ihnen nicht und erledigte die Gefahren, meist Raubtiere, aus der Ferne. Meistens aber... ja, dachte ich an Giyuu. Die Gedanken an ihn waren mir sowohl Trost als auch ein Messer, dass mir ins Herz stach, mit der Gewissheit, dass ich ihn verletzt hatte und er mich wohl auch nie wieder wollen würde...
Ich vermisste alles an ihm.
Seine kühle Art, die er mir gegenüber meist jedoch abgelegt hatte.
Seinen ungewöhnlichen zweifarbigen Haori.
Seine weichen, schwarzen Haare, seine wunderschönen dunkelblauen Augen...
Sein Lachen...Aber am meisten vermisste ich seine liebevollen Umarmungen und zärtlichen Küsse, die mein Herz zum Beben und meinen Mund zum Lächeln brachten.
Er war alles für mich gewesen, da ich noch nie zuvor jemanden gehabt habe.Und jetzt kroch ich hilflos und verletzt über den Boden, suchte nach Halt, hoffte, dass mir jemand aufhelfen würde.
Doch dieser Tag würde wohl erst in einem anderen Leben kommen, wenn es denn so etwas gab...Betrübt sah ich zu wie mein Spiegelbild zurückkehrte.
Ich hasste diesen Menschen den ich da sah.
Ich wollte neu anfangen... oder zumindest alles wieder gut machen, was ich kaputt gemacht hatte.
Ich wollte die Zeit zurückdrehen.Über mir donnerte es und ich zuckte erschrocken zusammen. Dunkle Wolken hatten sich über mir gebildet und es begann zu regnen. Langsam durchtränkten die kontinuierlich fallenden Tropfen meine Kleidung und meine Haare.
Vielleicht würde ich krank werden. Doch das war mir egal.Wie lange war es jetzt her, dass ich ihm das letzte Mal in seine Augen gesehen hatte.
Ich schüttelte energisch den Kopf und versuchte die Gedanken an ihn aus meinem Kopf zu vertreiben. Dann richtete ich mich auf und ging zurück zu der Höhle am Berghang in der ich hauste. Am Eingang standen ein selbst gemachter Bogen und Pfeile. Beides hatte ich erstaunlich gut hinbekommen nachdem ich das richtige Holz dafür gefunden hatte. Mit schmerzenden Armen schulterte ich den Köcher und spannte einen Pfeil in den Bogen ein. Mein Schwert hing an einem provisorischen Gürtel, der früher mal mein langes Shirt gewesen war und lag kalt an meinem nackten Bein an. Meine Hose hatte es bei dem Kampf und meiner anschließenden Flucht ziemlich erwischt, links fehlte das Hosenbein bis zur Mitte meines Oberschenkels, rechts hingen ab Kniehöhe etwa nur noch Fetzen herunter.
Kurz gesagt: ich sah mit meinen Klamotten endgültig aus wie der letzte Penner.Der Regen draußen trommelte noch stärker und trotzdem lief ich ohne zu zögern in den Wald. Ich brauchte dringend etwas zu Essen für heute Abend, da musste ich jetzt nun mal durch, denn ich hatte keine Lust zu stehlen. Das wollte ich nur im allergrößten Notfall tun.
Insgeheim hatte ich aber auch die Hoffnung, dass ich vom Blitz getroffen wurde.
Also schlich ich mich geschickt durch das Dickicht, mit einem scharfen Blick, denn durch Hören würde ich heute definitiv nichts erjagen können.Ich unterdrückte die aufkommende Vorfreude als ich zwischen den Zweigen eines Busches einige Gänse entdeckte, die hier anscheinend Rast gemacht hatten. Lautlos spannte ich den Bogen, zielte und...
Volltreffer!
Die anderen Gänse flatterten aufgeschreckt auf und versuchten trotz des Wetters wegzufliegen. Schnell huschte ich zu dem Gebüsch und hob den leblosen Körper des Tieres auf. ‚Heute hatte ich definitiv Glück...', dachte ich und trat wieder den Rückweg an.
Nach einer halben Stunde war ich dann auch wieder bei meinem ‚Zuhause' angekommen und ich machte mich daran die Gans zu rupfen und auszunehmen. Keine schöne Arbeit, doch wenn ich etwas im Magen haben wollte, musste ich das eben machen. Ich war gerade fertig geworden als ich ein leises Scharren am Höhleneingang hörte. Mein Blick schoss in die Richtung aus der das Geräusch gekommen war und wurde weich bei dem Anblick der sich mir da bot. Eine junge Füchsin kauerte am Eingang. Sie war völlig abgemagert und starrte mit gierigen Blicken auf das Fleisch neben mir.
Ein kleines Lächeln huschte über mein Gesicht.
„Hast du Hunger Kleine.", sagte ich leise. Langsam schnitt ich ein großzügiges Stück Fleisch ab und warf es zu der Füchsin, die ängstlich zurückwich. Ich beobachtete wie sie langsam herantrat, schnüffelte und sich dann gierig über das Stück hermachte. Seelenruhig entzündete ich ein kleines Feuer in meiner provisorischen Feuerstelle und steckte Fleischbrocken darauf um sie zu grillen.
‚Würdest du so friedlich fressen wenn du wüsstest was ich getan hätte.', dachte ich mit einem traurigen Blick auf die Füchsin. ‚Wahrscheinlich nicht...'
Seufzend starrte ich in die Flammen und verfolgte ab und zu den Flug der Funken. Ich kam nicht um diese wiederkehrenden Gedanken drumherum... würde ich jemals vergessen oder wenigstens verdrängen können.
Ich hoffte es, doch daran glauben tat ich nicht...Wie um mein jämmerliches Schicksal zu verspotten donnerte und blitzte es laut. Die Füchsin stand immer noch am Eingang, doch sie schien nicht nach draußen gehen zu wollen. Vorsichtig tapste sie immer wieder ein paar Schritte zu mir. Näher und näher. Irgendwann war sie bei der Feuerstelle angekommen und sah mich angespannt an. Ich reagierte nicht.
Das nahm sie wohl als Bestätigung sich wie zuhause zu fühlen und rollte sich auf meinem verdreckten und kaputten Umhang ein, den ich achtlos auf den Boden geworfen hatte. Ein kleines Lachen entfuhr mir.
„Du bist mir ja eine..."Trotzdem konnte meine tierische Gesellschaft die Einsamkeit nicht verdrängen...
Hachja, es ist schön wieder hier zu sein^^
Erstmal Riesendankeschön für Alles bei den ersten fünf Kapiteln. Ich hab mich wirklich gefragt ob ihr euch nen Wecker oder so gestellt habt, als nach zwei Minuten schon mehrere Leute das Buch in die Leseliste hinzugefügt, gevotet und/oder kommentiert haben.
Dankeschön!❤️
Man liest sich im nächsten Kapitel!
Peace and Love,
Pia🖤
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Frozen Blossom Band 2 ||•Kimetsu No Yaiba•||
Fanfic!Abgeschlossen, aber weiterhin für Requests offen :)! Nach dem großen Kampf gegen einen von Kibutsujis mächtigsten Anhängern, ist Lucinda geflohen. Aus Angst und Schuld, weil sie denkt, dass sie für all das verantwortlich ist. Während die anderen S...