Kapitel 30: Grausame Wahrheit

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POV Giyuu

Obwohl sowohl Tanjiro und ich erschöpft waren, rannten wir die scheinbar endlosen Gänge entlang, dem Weg, den uns die Krähe gewiesen hatte, folgend. Schon bevor wir um die Ecke kamen, konnte ich die unheilvolle Präsenz von Kibutsuji spüren. Als wir den Gang verließen und in einem großen Raum ankamen, blieben der Rothaarige und ich stehen.
Nur wenige Schritte von uns entfernt stand Kibutsuji, der nun eine andere Gestalt besaß. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen wie Tanjiros Blick wütend wurde und sein Körper sich versteifte. Auch wenn in mir selbst die Wut aufkam, behielt ich sie unter Kontrolle und zischte ihm zu: "Tanjiro. Beruhige dich."
Wir durften uns jetzt auf keinen Fall Fehltritte leisten. Keine von den anderen Säulen war bisher hier und alleine konnten wir den Teufel niemals besiegen. Glücklicherweise schien der Junge auf mich zu hören, sodass ich meine Aufmerksamkeit voll und ganz auf unseren Gegner lenken konnte, für den Fall dass er uns angreifen wollte. Seltsamerweise machte er keine Anstalten dazu und sah uns nur mit einem undefinierbaren Blick an. Hinter ihm konnte ich eine Bewegung erkennen, doch bevor ich sehen konnte was es war, begann Kibutsuji zu sprechen.
"Ihr seid wirklich unglaublich hartnäckig. Allmählich stört es mich.", knurrte er. "Ist es euch nicht genug, dass ihr bis jetzt überlebt habt? Aber nein, egal was ihr tut und sagt, immer denkt ihr nur daran eure Eltern, Geschwister oder Kinder zu rächen."
Meine Augen verengten sich zu Schlitzen und die Wut ergriff beinahe die Überhand. Ich atmete tief durch und erkämpfte die Kontrolle wieder, während der Teufel ungerührt weiterredete: "Denkt doch an euch und kehrt zurück zu eurem normalen Leben, wie jeder Mensch es führt. Ihr könnt die Toten nicht zurückbringen, warum schert ihr euch also noch darum?"
Er ließ die Frage offen im Raum stehen, schien jedoch keine Antwort zu erwarten. Bevor jedoch irgendeiner von uns etwas sagen konnte, ertönte hinter ihm eine von Wut erfüllte Stimme: "Ich schere mich darum, weil du das Leben von anderen kaputt machst und mit Füßen trittst, als wäre es nichts wert!"
Als er sich umdrehte, konnte ich erkennen, dass am anderen Ende des Raums Lucinda, zusammen mit einer weiteren Frau, stand. Geschockt sah ich die vielen Verletzungen von der Schwarzhaarigen an ihrem Körper. Nichtsdestotrotz schien die Wut sie weiter voran zu treiben, denn sie richtete sich stolz auf, während sie mit einem hasserfülltem Blick weiter sprach: "Du hast nicht nur meine Familie auseinandergerissen, auch die von anderen. Du hast Menschen abgeschlachtet ohne auch nur einen Gedanken an die Hinterbliebenen zu verschwenden. Ich, nein, WIR können die Toten vielleicht nicht zurückbringen, doch wir können die Ursache des Leids zerstören!"
Ihr Blick haftete weiterhin an dem Teufel, der sie nur mit einem Lächeln bedachte, was Lucinda nur noch wütender zu machen schien.
"Lucinda, du scheinst es einfach nicht zu verstehen. Mir scheint, dass du doch nicht so klug bist wie dein Vater immer behauptet hat.", erwiderte er darauf. Lucinda versteifte sich und kniff die Augen zusammen.
"Sag mir nur eins: Warum ist das damals passiert. Wer hatte diesen irren Plan mit mir, du oder mein Vater.", fauchte sie.
In ihrer Stimme schwang deutliche Wut, doch auch eine Spur von Verzweiflung mit. Der Teufel seufzte, als würde ihn das alles unglaublich langweilen, dennoch antwortete er: "Als wir uns das erste Mal begegneten, war ich gerade auf der Jagd. Eigentlich hatte ich mir deine Familie für diese Nacht ausgesucht, doch dein Vater bettelte darum, dass ich euch am Leben lassen sollte. Er würde alles dafür tun, sagte er. Darauf kam mir ein interessanter Gedanke, da ich wusste, dass er ein Forscher war. Ich verlangte von ihm, dass er an Teufeln forschen sollte, vorrangig um herauszufinden wie wir noch stärker werden könnten. Damals schon waren die Teufelsmonde schwach und so kam ich auf den Gedanken, einen Menschen an die Grenzen seiner Möglichkeiten zu treiben und dann in einen Teufel zu verwandeln."
Er machte eine kurze Pause und die Worte legten sich wie eine bleischwere Decke über uns. Lucindas Blick war mittlerweile von wütend zu geschockt übergangen. Ich bemerkte, dass ihre Hände leicht zitterten und sie unregelmäßig atmete.
"Was danach passiert ist, kannst du dir ja denken. Mit den Jahren jedoch zweifelte dein Vater an seiner Entscheidung. Er versuchte sich selbst von dir zu distanzieren, da er dachte, dass das was er getan hatte, falsch war. Letzten Endes wurde er wahnsinnig, sodass wir ihn... entfernen mussten. Seine Forschungen rückte er jedoch nicht raus, weshalb wir beschlossen ihn zu einem Teufel zu machen um... auf anderen Wegen die Antworten von ihm zu bekommen.", endete er schließlich und die Stille kehrte erneut wieder. Auch wenn er es nicht ausgesprochen hatte, wussten wir was er meinte.
'Sie haben ihn gefoltert.', dachte ich. Langsam wurde das Bild klarer, doch gleichzeitig erkannte man auch die Grausamkeit darin. Plötzlich begann Tanjiro neben mir, mit einer monotonen Stimme und starren Blick, zu sprechen:
"Muzan, du bist etwas, das niemals existieren sollte."

Ohne auch nur ein Wort zu sagen, griffen wir an.

POV Lucinda

Die Gefühle in mir waren ein heilloses Durcheinander. Es war fast so als würde in mir ein heftiger Gewittersturm losbrechen, Donner brüllte, Blitze schlugen ein.
Wieder mal konnte ich mein innerstes kaum unter Kontrolle bringen, geschweige denn einen klaren Gedanken fassen. Das was ich gerade gehört hatte, fuhr mir bis ins Mark und stellte das Bild von meinem Vater völlig auf den Kopf. Dann spürte ich plötzlich, wie sich ein Gefühl über alle anderen erhob und mich wieder aufrichten ließ.

Wut.

Ich knirschte mit den Zähnen während ich meinen Blick erhob und ihn auf Kibutsuji fokussierte. Die Worte von Tanjiro hallten in mir wieder und stachelten das Feuer, das in mir wütete nur noch mehr an.
"Oh ja, du solltest nicht existieren.", knurrte ich. Plötzlich bemerkte ich wie Giyuu und Tanjiro auf Kibutsuji losgingen. Gerade wollte ich mich ebenfalls in das Gefecht stürzen, als mir plötzlich noch etwas einfiel. Ich drehte mich um und blickte direkt Tamayo entgegen. "Hör mir zu, ich weiß dass das wahrscheinlich schwer für dich sein wird, aber du musst das uns überlassen. Auch wenn du ein Teufel bist, kannst du nicht gut kämpfen.", sagte ich mit deutlichem Nachdruck in der Stimme.
'Ich will nicht, dass noch jemand durch Kibutsuji sterben muss!', dachte ich wild entschlossen und fixierte meinen Blick auf die Teufelsfrau. Diese sah mich offensichtlich hin und hergerissen an, nickte dann aber schließlich, als sie einsah, dass ich Recht hatte.
"Versorge die Verletzten, die hier ankommen.", sagte ich und drehte mich wieder um.
'Jetzt geht es um alles oder nichts!', dachte ich und stürzte mich blind vor Wut in den Kampf.

Frozen Blossom Band 2 ||•Kimetsu No Yaiba•||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt