Kapitel 32: Vergebung

717 47 23
                                    

POV ???

Alles um mich herum war von einer fast erblindenden Helligkeit durchtränkt.

Ich raffte mich auf den Kopf zu heben und mich umzusehen. Überraschenderweise fühlte sich mein Kopf, sowie der Rest meines Körpers an wie Watte, so leicht war er.
'Wo zum Teufel bin ich hier.', dachte ich und richtete mich in eine sitzende Position auf. Dann kamen mir die letzten Ereignisse in den Sinn und mich überkam ein schrecklicher Verdacht.
'Bin ich tot.', dachte ich.
"Nein, aber du warst kurz davor.", ertönte es plötzlich hinter mir. Als ich die Stimme erkannte, erstarrte ich und drehte mich so schnell um, dass ich mir beinahe etwas im Hals verzerrte.

Hinter mir stand mein Vater.

Überrascht und verwirrt blickte ich ihn an, unsicher was das zu bedeuten hatte. Nichtsdestotrotz wirkte er irgendwie... verändert.
Er sah mich nicht mehr mit diesem eiskalten und erniedrigenden Blick an, nein, man konnte den Ausdruck schon als liebevoll betiteln. Verunsichert stand ich auf, hin- und hergerissen ob ich zu ihm gehen sollte oder nicht. Ohne Vorwarnung jedoch, trat mein Vater auf mich zu und nahm mich fest in den Arm. Sofort erstarrte ich.
'W-was... was hat das zu bedeuten.', schoss es mir durch den Kopf.
Dann beschloss ich jedoch mir nicht den Kopf darüber zu zerbrechen und legte wie von selbst meine Arme um ihn.
"Lucinda... ich weiß nicht was ich jetzt sagen soll. Ich könnte mich entschuldigen, aber das würde alles nicht mal im Ansatz was verzeihen. Ich war so unfassbar fehlgeleitet.", murmelte er. Auch ich wusste nicht was ich sagen sollte und blieb daher stumm.
Dann löste ich mich von ihm und blickte ihm direkt in die Augen.

Reue.

Das war es was sich in diesem Augenblick in seinem Blick widerspiegelte.
Tief Luft holend, fasste ich mir ein Herz und legte all meine Ehrlichkeit in den nächsten Satz:

"Ich vergebe dir."

Seine Augen weiteten sich, dann schüttelte er traurig den Kopf.
"Das kannst du nicht... es ist zu viel passiert.", flüsterte er.
Ich hob meine Hand und legte sie ihm auf die Schulter, während ich ihn weiterhin fest ansah.
"Ich kann es und wenn du mir nicht glaubst, dann werde ich es so lange wiederholen, bis du es tust. Ich weiß was passiert ist und verdammt nochmal, ich vergebe dir.", sagte ich und ich meinte es auch so.

Dieser gebrochene Mann, der vor mir stand, hatte alles verloren was er gehabt hatte und das nur in dem Versuch seine Liebsten zu schützen. Und der Dank dafür war eine Hölle, die sich Leben genannt hatte, voller Leid. Ich wusste, dass er nicht gewollt hatte, dass alles so weit kommen konnte. Ich wusste, dass er das alles aus tiefster Seele bereute.
Einen weiteren Moment lang verharrten wir in Schweigen, dann schien ein Funke in dem Blick von meinem Vater aufzuleuchten.
"Du tust es wirklich, nicht wahr?", fragte er mit leicht zittriger Stimme, wie um sich nochmals zu vergewissern. Ich nickte lächelnd.
"Ja, das tue ich, Vater."
Er holte einmal tief und zittrig Luft und schloss die Augen. Als er sie einen Moment später wieder öffnete, schwammen Tränen darin.
"Danke.", war das einzige was er sagen konnte, bevor er zu Boden sank, als wäre das alles gerade zu viel für ihn.
Ich kniete mich neben ihn und legte ihm meine Hand auf die Schulter. Weil ich nicht wusste was ich noch sagen konnte, blieb ich stumm. Nach einer Weile blickte mein Vater wieder auf zu mir, diesmal jedoch mit einem ernsten Ausdruck.
"Du musst zurück.", sagte er und ich nickte, wohlwissend was er meinte.
"Aber wie. Und was ist mit dir.", gab ich daraufhin zurück und er lachte rau auf.
"Ich werde dahin zurückkehren wo ich hingehöre. In die Hölle."

Traurig sah ich ihn an.
'Warum ist das Leben eigentlich so scheiße unfair manchmal.', dachte ich mir im Stillen. Dann klärte sich der Blick meines Vaters jedoch wieder und fokussierte sich auf mich.
"Und wie du zurückkommst... dein Wille wird dich zurückführen. Du bist stark Lucinda. Und es gibt Menschen, die auf dich warten, die dich brauchen.", sagte er.
Ein wenig verwirrt nickte ich.
'Aber... wie soll denn mein Wille einen Weg finden, wenn um uns herum gar nichts ist.'
Plötzlich weiteten sich meine Augen vor Schreck, als der Körper meines Vaters auf einmal begann transparent zu werden.
"V-vater, geh noch nicht! I-ich weiß nicht wie ich das schaffen soll!", rief ich mit zitternder Stimme. Mein Vater lächelte mich bloß an.
"Doch Lucinda, das kannst du. Ich glaube an dich. Ich wünschte ich könnte dich noch ein Stück weit begleiten, aber meine Zeit hier ist abgelaufen..."
Er hob eine Hand und strich mir damit sanft über die Wange.

"Vergiss nicht, dass ich dich immer geliebt habe, meine Tochter..."

Dann verschwand er und ich sah geschockt ins Leere. Ich atmete einmal heftig auf und blinzelte einige aufkommende Tränen weg.
'Ich muss hier weg!'
"Lucinda... wach auf... Lucinda!", vernahm ich plötzlich leise. Erschrocken blickte ich in die Richtung aus der die Stimmen gekommen waren. 'Giyuu!', dachte ich.
Sofort war ich wieder auf dem Sprung und lief in die Richtung aus der ich die Stimme vernahm. Je näher ich kam, desto mehr Geräusche konnte ich hören.
Hektische Schritte, Rufen, Schreie. Auch meine Umgebung veränderte sich. Zuerst schien sie anzufangen zu pulsieren, dann wurde sie nach und nach dunkler, bevor sie sich völlig schwärzte.
Ein seltsames Gefühl überkam mich, zuerst begann ich nach vorn zu fallen, dann zog mich eine unsichtbare ruckartig nach hinten. Ohne Vorwarnung hörte die Kraft wieder auf und ließ mich in der Leere hängen.

Gerade als ich darüber nachdachte was das jetzt wohl zu bedeuten hatte, spürte ich langsam meinen Körper wieder. Zuerst kam der Schmerz, aber nur dumpf wie als wäre ich betäubt. Dann wurde er schlimmer und schärfer, aber gleichzeitig merkte ich auch wie jemand seine Arme um mich geschlungen hatte. Meine restlichen Sinne schärften sich ebenfalls und ich schlug mühsam die Augen auf.
Zuerst irrte mein Blick irritiert umher, da etwas Schwarzes meine Sicht ausfüllte. Dann begriff ich, dass Giyuu sich über mich gebeugt hatte. Seine Schultern zuckten und ein heiseres Schluchzen ertönte.
'Nein, nein, bitte wein nicht. Ich bin doch hier!', dachte ich erschrocken, doch ich bekam keinen Laut hervor. Stattdessen hob ich erschöpft meine rechte Hand und strich ihm unbeholfen damit über die Haare. Sofort schoss sein Kopf nach oben und seine dunkelblauen, tränengefüllten Augen begegneten meinen. Ein Ausdruck von Schock und Überraschung machte sich auf seinem Gesicht breit, dann sackte er erleichtert etwas zusammen.
"Lucinda... du lebst...", murmelte er, anscheinend immer noch völlig durcheinander. Ich konnte nur nicken und versuchte es mit einem kleinen Lächeln. Für einen kurzen Augenblick riss ich meinen Blick von ihm los und ließ ihn über unsere Umgebung schweifen.
"Haben wir... es geschafft.", brachte ich krächzend heraus und musste husten, was mein Körper mit einer erneuten Schmerzenswelle quittierte.
"Ja... ja das haben wir...", flüsterte Giyuu. Erleichtert sah ich wieder zu ihm hoch.
"D-die anderen..." - "Sie sind okay... bitte spar deine Kräfte."
Brav nickte ich und legte meinen Kopf an seine Brust.

'Endlich... es ist vorbei...'

Vielen, vielen Dank für 2k Reads!🥺❤️❤️
Als kleines "Special" werde ich in ZWEI Tagen die restlichen 3 Kapitel posten^^

Peace and Love,
Pia🖤

Frozen Blossom Band 2 ||•Kimetsu No Yaiba•||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt