Kapitel 8 ✔️

225 19 1
                                    


Die Party war jetzt drei Monate her. Es herrschte weiterhin eine eisige Stimmung zwischen den Barbies und den glorreichen Sieben. Das Klima an der Highschool litt ebenfalls enorm darunter. Hier und dort brachen Streitigkeiten unter den früher friedlichen Schülern aus. Es schien mir so, als ob sich die Hackordnung vor meinen Augen am Ändern war. Mich kümmerte es herzlich wenig. Bedeutete es doch, dass ich in relativer Ruhe lebte. Meist saß ich im Unterricht mit Jenny oder einem der Nerds zusammen. Steffi hing nur noch bei den Cheerleadern herum. Die Jungen hatten sich zurückgezogen und blieben häufig unter sich. Abgesehen von Jake, der gern meine Hilfe beim Deutschlernen beanspruchte und mir im Gegenzug Mathe erklärte. Er entpuppte sich als ein absoluter Schatz. Wieso er keine feste Beziehung hatte, war mir schleierhaft. Ob die Krieger die Zustimmung des Chiefs benötigten, um sich ein Mädchen zu angeln?

Mir fiel ein, dass ich in letzter Zeit keinen der glorreichen Sieben mit einer festen Freundin gesehen hatte, zum Ärgernis der Barbies. Ashley hatte da sowas fallenlassen. Seit Takoda enthaltsam lebte, zogen die anderen mit. Oder es hing damit zusammen, dass die Cheerleader Steffi nicht aus der Gruppe geschmissen hatten. Eine Art Kollektivbestrafung. Was die eisige Stimmung erklären würde. Keine anzüglichen Blicke und Pfiffe mehr. Keine kleinen unscheinbaren Berührungen, wenn sie an den Mädels vorbeigingen. Nicht einmal ein freundliches Hallo. Ein Zustand, unter dem Steffi ebenfalls litt. Sie schmachtete in jedem freien Augenblick Luke hinterher. Nur Jake flirtete laut Ashley mit mir, aber das hatte ich schulterzuckend abgetan.

Kann mir nicht vorstellen, dass ein Wahnsinnstyp wie er etwas von einer grauen Maus wie mir will.

Das waren erst vor wenigen Tagen meine exakten Worte. Ich hielt es für unklug, ihr zu verklickern, dass die Flirterei, vor der ich mich eh drückte, ein Auftrag von Steffi war. Ich hoffte nur, dass er sich nicht in irgendeine Idee verrannte, dass ich etwas für ihn empfand. Denn mehr als einen Freund sah ich nicht in ihm. Zu meiner Erleichterung hatte er bisher nicht versucht, mich zu küssen oder mich anderweitig bedrängt. Daher handelte es sich von seiner Seite mit Sicherheit nicht um Flirten, sondern war rein platonisch. Abgesehen davon stand ich nicht auf blonde Kerle und würde eh im Sommer zurück nach Deutschland fliegen. Da hatte ich nicht vor, mir in der Zwischenzeit von irgendwem das Herz brechen zu lassen. Das war einer der Vorteile, dass ich nie in den Genuss einer echten Beziehung gekommen war. Das mit Moritz zählte nicht. Womöglich vermisste ich den Körperkontakt zu einem Jungen aus dem Grund nicht. Ob ich je auf jemanden traf, für den ich mehr empfand? Seufzend packte ich das Mathebuch aus. Von meinen neuen Freunden hatte niemand Zeit, daher würde ich ausnahmsweise die nächsten Stunden in der Turnhalle verbringen. Aus der Bibliothek war ich geflüchtet, weil dort drei der glorreichen Sieben unvermittelt aufgetaucht waren. Abgesehen davon war es zu kalt, um in der Stadt herumzuirren. Blieben mir nur diese unbequeme Holzbank und das Gekreische der trainierenden Mädchen.

„Willst du ernsthaft beim Cheerleader-Training zugucken?" Jake erschien in meinem Blickfeld und grinste mich frech von der Seite an.

„Nicht so wirklich", gab ich lahm zu. „Aber ohne Schlüssel kann ich nicht nach Hause. Also mache ich halt hier meine Hausaufgaben."

„Dann komm doch mit zu mir. Unsere Eltern sind auf Geschäftsreise." Ich zögerte, biss mir auf die Lippe. Seinem Bruder über den Weg zu laufen, fehlte mir noch zu meinem Glück. Er interpretierte mein Zögern richtig. „Takoda ist ebenfalls nicht da. Ich könnte deine Hilfe bei Deutsch gebrauchen. Dafür helfe ich dir bei Mathe."

„Deal." Schnell schlug ich in die ausgestreckte Hand ein, damit ich es mir nicht anders überlegte. Hauptsache weg aus dieser zugigen Turnhalle. Ich packte mein Buch zurück in den Rucksack, stand auf und folgte Jake nach draußen.

Ein Jahr in Rapid CityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt