Kapitel 37 ✔️

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Ich hatte miserabel geschlafen. Dementsprechend war meine Laune. Zu allem Überfluss hatte Shishiesh mich eng an seine Brust gezogen. Sein Griff um meinen Körper war beunruhigend fest. Dabei hatte ich mich erst abseits von ihm zum Schlafen hingelegt. Doch nach dem zweiten Albtraum, durch den ich ihn aus Versehen geweckt hatte, hatte er kurzen Prozess gemacht und sich zu mir gelegt. Beruhigend hatte er auf mich eingeredet und sanft meinen Kopf und Rücken gestreichelt. Wäre ich nicht so müde und mit den Nerven am Ende gewesen, hätte ich ihn gekillt. Warum? Weil wir beide nackt waren. Daher fand ich seine Nähe unerträglich.

Missmutig betrachtete ich ihn. Sein ebenmäßiges Gesicht, seine langen dichten Wimpern, eine gerade Nase, volle Lippen. Er sah verdammt anziehend aus, doch ich war verheiratet. Wo war Takoda nur? Tränen füllten wieder meine Augen, die noch vom Vortag schmerzten. Zu viel hatte ich geweint. Dabei ebenso die aufgestauten Emotionen der vergangenen Monate herausgelassen. Der Crow hatte Recht. Ich gehörte nicht hierher. Weder in dieses Dorf noch zu den Lakota. Ich fürchtete mich davor, mit der ständigen Angst zu leben, entführt oder gar getötet zu werden. Doch einen Weg zurück gab es nicht mehr. Mein Mann hatte sieben Jahre darum gekämpft, wieder nach Hause zu kommen. Würde es sofort klappen, wenn ich zur Höhle zurückkehrte? Wohl kaum. Davon mal abgesehen. Wie überredete ich einen anhänglichen Krieger dazu, mich ziehen zu lassen? Seufzend wand ich mich in seinem Griff, damit ich wenigstens aufstehen konnte. Mein Hals war rau von innen. Vom vielen Weinen und vermutlich, weil der Zwerg in meinem Bauch Flüssigkeit brauchte.

„Bleib brav liegen. Ich habe nicht vor, dich loszulassen", knurrte Shishiesh mir ins Ohr. Sagte ich ja, anhänglich.

„Ich habe aber Durst", beharrte ich. Seit dem Beginn der Schwangerschaft trank ich mehr. Außerdem war es mir unangenehm, noch länger nackt in seinen Armen zu liegen. Der Gedanke, dass er aber genau dieses ab jetzt von mir erwarten würde, jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Bei dem Crow zu liegen war falsch. Er war nicht mein Ehemann.

Endlich verschwanden seine Arme von meinem Körper, wenn auch widerwillig. Schnell stand ich auf und zog das Lederkleid über, bevor ich einige Schlucke Wasser trank.

„Du kannst dir auch ein anderes Kleid nehmen." Der Crow hatte sich aufgesetzt und wies auf die Ecke mit Frauensachen. Mein Blick fiel auf seine muskulöse Brust und ich wandte schnell den Kopf ab, um nicht zu starren. War ja schön und gut, dass ich als Gefangene bei einem so attraktiven Krieger gelandet war. Aber zum einen sehnte ich mich nach Takoda, zum anderen war ich es nicht gewöhnt, dass Männer Interesse an mir hatten. Verdammt. In Hamburg war ich doch auch nur ein graues Mäuschen, für das Jungs nicht einmal einen Blick übriggehabt hatten. Dann hatte ich diesen Nichtsnutz von Lakota kennengelernt, der vermutlich noch immer seelenruhig auf einem Berg saß, während zwei feindliche Krieger ein Auge auf mich geworfen hatten. Hoffentlich begegnete ich dem Muskelprotz nicht, da sogar Shishiesh mich vor ihm gewarnt hatte. Letzterer stand gerade auf. Hatte ich schon erwähnt, dass er nackt geschlafen hatte? Meine Augen hielt ich auf den Boden gerichtet. Brauchte nicht am frühen Morgen mit seiner Männlichkeit konfrontiert zu werden.

„Anna." Seine Stimme war sanft, dennoch lag etwas Drängendes darin.

„Hm?" Ich starrte weiter auf meine Füße.

„Ich habe grad gesagt, dass du dir ein anderes Kleid nehmen darfst, wenn du möchtest." Er wies erneut auf die Frauenkleidung, die einsam in einer Ecke lag.

„Nein Danke, möchte keine Probleme mit deiner Frau bekommen." Denn warum besaß er sonst Kleider, wenn er keine Ehefrau hatte? Eben. Das passte nicht zusammen. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, dass er bei den Worten zusammenzuckte. Verdutzt sah ich ihn an, direkt ins Gesicht, das er vor Schmerz verzogen hatte. Resignierend schloss er die Augen, als er meinen Blick bemerkte.

Ein Jahr in Rapid CityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt