Als ich die Augen wieder öffnete, standen wir nicht mehr in dem Höhlenraum. Ich lag auf einem weichen Untergrund im Schatten einiger hoher Kiefern. Moment, bei der Höhle gab es nur wenige Bäume. Verdutzt setzte ich mich auf. Schaute mich um. Traute meinen Augen kaum. Überall um mich herum standen hoch in den Himmel wachsende Nadelbäume. Der weiche Untergrund, auf dem ich saß, entpuppte sich als Waldboden. Vögel zwitscherten weit über mir. Ich atmete tief ein. Die würzige Luft des Waldes war ungewohnt für ein Stadtkind wie mich. Selbst im Reservat hatte es nicht so nach unberührter Natur gerochen wie hier. Womöglich bildete ich mir das nur ein. Was war überhaupt passiert? Takoda würde es mir erklären, versicherte ich mir gedanklich. Wo steckte der Lakota nur? Ich schaute mich abermals um.
Takoda stand einige Meter entfernt von mir und zog sich seelenruhig um. Statt Jeans, Shirt und Sneakers trug er seine indianische Kleidung. Der Wind spielte mit seinen langen Haaren, in die er eine Adlerfeder band. Alle Anspannung, jeglicher Stress, den er zuvor gezeigt hatte, schien von ihm abgefallen zu sein. Und ich starrte ihn nur mit offenem Mund an. Er bemerkte meinen Blick und schmunzelte. Mit funkelnden Augen kam er auf mich zu und hielt mir etwas hin.
„Zieh dich mal um, damit wir meine Leute suchen gehen können. Ich hoffe, dass sie nicht zu weit entfernt lagern."
Wie bitte was? Ich schaute ihn verdutzt an. Seine Leute? Wen meinte er?
„Wo sind wir bitteschön?" Denn dass dies nicht mehr der Ort war, an dem wir in die Höhle gegangen waren, erschien logisch. Dafür sah es zu anders aus. Viel naturbelassener, unbewohnter. Als ob die westliche Zivilisation diesen Platz noch nicht erreicht hatte.
„Noch immer in den Black Hills." Er drückte mir das Weiche, das er mir entgegengestreckt hatte, mit Nachdruck in die Hand. Ohne es zu beachten, starrte ich ihn weiter an. Zugegeben, in den Black Hills gab es mit Sicherheit haufenweise Orte, an denen sich niemand herumtrieb. Aber wie waren wir hier gelandet? Hatte es etwas mit dem seltsamen Licht zu tun?
„Wo sind unsere Mitschüler?" Bisher hatte ich keine Stimmen oder andere Geräusche, die auf eine Horde Schüler schließen ließen, gehört. Ich lauschte. Nein, außer Takoda und mir hielt sich hier niemand auf.
„Hoffentlich noch immer dort, wo sie hingehören. Also weit weg von uns." Den Indianer schien es nicht zu beunruhigen, dass wir hier allein waren. Allerdings fand ich seinen Kommentar wenig hilfreich. Mürrisch sah ich ihn an, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich mehr wissen wollte. Sein Gesichtsausdruck wechselte zu nonchalant. Als wäre die Situation, in der wir uns befanden, völlig in Ordnung. Er betrachtete mich kurz, bevor er zu der Stelle zurückging, an der er sich zuvor umgezogen hatte. Dann kramte er weitere Sachen aus seinem Rucksack hervor. Seinen Jagdbogen, sein Beil, einen Köcher mit Pfeilen. Auf eine genauere Antwort wartete ich vergeblich. Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film.
„Könntest du mir bitte erklären, was das hier alles soll?" Ich zeigte auf ihn, die Sachen, unsere Umgebung. Mein Magen krampfte sich mal wieder zusammen. Ich kämpfte gegen die Übelkeit an, die mir im Hals hochstieg. Obwohl mir gerade zum Kotzen zumute war, vermied ich es doch lieber. Schon allein, weil ich danach noch mehr Fragen in Bezug auf meine Gesundheit bekommen würde. Und das hatte Zeit. Erst der Weg zurück in die Zivilisation, dann ein klärendes Gespräch.
„Das werde ich, sobald du dich umgezogen hast. Wir können hier nicht ewig bleiben." Der Kerl hatte die Ruhe weg und kümmerte sich weiterhin um seine Angelegenheiten.
Kopfschüttelnd betrachtete ich die Sachen, die er mir gegeben hatte. Es war die indianische Frauenkleidung und mein Messer. Ich verstand zwar nicht, weshalb er es von mir verlangte, aber ich zog mich wie befohlen um. In der Zwischenzeit nutzte Takoda sein Beil, um damit ein Loch zu buddeln.
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Ein Jahr in Rapid City
Fiction HistoriqueAnna und Steffi, zwei Freundinnen von Kindesbeinen an, wechseln für ein Jahr an eine amerikanische Highschool. Dort läuft allerdings nicht alles so glatt, wie sie es sich vorgestellt hatten. Dabei wird ihre Freundschaft mehr als einmal auf die Probe...