Kapitel 23 ✔️

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Ich gähnte zum wiederholten Male. Seit etwas über einer Woche quälte mich eine bleierne Müdigkeit. Zuerst vermutete ich, dass ich mir etwas eingefangen hatte. Dementsprechend ließ ich die Party bei Max ausfallen. Stattdessen hatte ich zusammen mit Takoda den Abend auf dem Sofa verbracht und Filme geschaut. Erst Crazy Horse, dann Der Traum des Häuptlings und zum Abschluss Die Frau die vorausgeht. Alle drei mit Michael Greyeyes in der Hauptrolle. Takoda hatte sie ausgesucht. Vermutlich wegen dem zweiten Film, der eher ein Liebesfilm war als irgendetwas anderes. Und damit es nicht so auffiel, hatte er ihn zwischen die zwei weiteren Filme gequetscht. Sneaky, sneaky. Aber ich hatte ihn durchschaut. Allerdings war ich zu müde gewesen, um mich mit ihm zu zoffen, und hatte ich mich nur in seine Arme gekuschelt. Schön blöd von mir. Abstand halten klappte nicht so wirklich. Dieser nervtötende, aufdringliche, besserwisserische und unglaublich gutaussehende Lakota ließ mich kaum aus den Augen. Momentan hockte er vor mir, während ich zusammengerollt auf dem Sofa lag.

„Es gefällt mir nicht, dass du so erschöpft bist. Du solltest wirklich zum Arzt gehen." Seine dunklen Augen betrachteten mich besorgt. Seine linke Hand fand ihren Weg zu meiner Stirn.

„Fieber hast du nicht. Ist dir kalt?"

No shit, Sherlock. Seine Wärme fühlte sich fast schon zu heiß an, im Vergleich zu meiner eiskalten Haut.

„Wenn ich müde bin, ist mir immer kalt." Ich zog die Wolldecke hoch zum Kinn. „Und zum Arzt brauche ich nicht. Ist wahrscheinlich nur mein Blutdruck. Manchmal ist er einfach etwas zu niedrig." Ein Klumpen bildete sich in meinem Magen. Hoffentlich bemerkte Takoda nicht, dass ich log. Denn mein Verdacht ging in eine ganz andere Richtung. Doch wollte ich die Pferde im Fall eines Fehlalarms nicht scheu machen.

„Und du meinst wirklich ich kann dich hier für ein paar Stunden allein lassen?" Seine Augenbrauen hatte er hoch in die Stirn gezogen. Die Lippen waren zu einer schmalen Linie gepresst. Die Idee, ohne mich etwas zu unternehmen, gefiel ihm herzlich wenig. Doch ich benötigte dringend etwas Freiraum.

„Klar geht das. Ich lege mich eh gleich ins Bett und versuche, etwas zu schlafen." Wieder gähnte ich. Langsam wurde das echt nervig. Schule klappte mit Müh und Not, doch den Rest des Tages faulenzte ich nur, während die Jungs sich um Essen und Haushalt kümmerten. Denn ihre Eltern waren wie immer irgendwo jobtechnisch unterwegs.

„Ich bringe dich nach oben." Schon spürte ich einen Arm unter meinen Kniekehlen und den anderen am Rücken. Als wäre ich eine Feder, hob Takoda mich hoch und trug mich mit Leichtigkeit die Treppe hinauf.

„Sag mal, hast du abgenommen?", fragte er mich, als er mich auf seinem Bett absetzte.

„Kann sein. Mir ist momentan nicht so nach essen." Der Gedanke allein daran genügte, mir den Magen zuzuschnüren. Da passte definitiv nichts hinein.

„Kein Wunder, dass dein Kreislauf krepiert, wenn du nicht vernünftig isst." Der Lakota vor mir schüttelte missbilligend den Kopf. „Wir bringen nachher Pizza mit. Wenn du nicht isst, schleppe ich dich morgen persönlich zum Arzt." Er beugte sich zu mir runter, bis unsere Nasenspitzen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. „Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?"

„Ja, hast du. Jetzt hau schon ab und lass mich schlafen." Ich grinste ihn frech an und versuchte ihn mit meinen Händen weg zu drücken. Wie zu erwarten mal wieder erfolglos. Er war mir kräftemäßig schlicht überlegen. Obendrein war er dickköpfig. Ich seufzte tief. Da spürte ich seine warmen weichen Lippen auf meiner Stirn.

„Ich mach mir doch nur Sorgen um dich." Widerwillig löste er sich von mir.

„Bis nachher." Er warf mir noch einen besorgten Blick zu, dann schloss er die Tür hinter sich.

Ein Jahr in Rapid CityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt