Kapitel 25 ✔️

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Da hatte Takoda mich doch glatt überrascht, als wir vor dem Museum saßen. Ein größeres Liebesbekenntnis und Geschenk existierte für mich nicht. Eine Sorge weniger. Meine Reaktion hatte ihn zuerst verwirrt, doch ich hatte vor Erleichterung geradewegs losgeheult. Nun fuhren wir mit dem Bus weiter zur Höhle und ich dachte über seine Worte nach. Er würde für mich nach Deutschland ziehen. Für mich. Weil meine Eltern es mir unter keinen Umständen erlaubten, in Rapid City zu bleiben. Seine Entscheidung würde vieles für uns vereinfachen, doch ein anderes Problem würde es nicht lösen.

Ich ballte die Hände zu Fäusten. Mein Magen krampfte sich wie so oft in den letzten Wochen zusammen. Zweifel breiteten sich aus. Warum kehrte ich denn überhaupt zurück? Mama und Papa war ihr Status doch eh wichtiger als mein Wohlergehen. Sie hatten mich nicht einmal angerufen. Immer hatte ich mich bei ihnen melden müssen, seitdem ich in Rapid City war. Und die Gespräche hatten sich nur um die schulischen Leistungen und meine weitere Zukunft gedreht. In Hamburg war es ebenso immer nur ums Lernen gegangen.

„Denk an deine Zukunft."

„Versau sie dir nicht, indem du Party machst."

„Du bist unser ganzer Stolz. Also studiere etwas Vernünftiges."

Betriebswirtschaftslehre. Sie erwarteten von mir, dass ich etwas mit Wirtschaft wählte. Dabei ödete dem Themenbereich mich an und ich verspürte wenig Lust, als Managerin in einer Firma ständig meinen Kopf hinhalten zu müssen. Im mittleren Management bekam man Ärger von oben und die Untergebenen waren eh nur unzufrieden, egal was man für sie erreichte. Hatte solche Gespräche zu Genüge mitbekommen, wenn Freunde meiner Eltern zu Besuch kamen. Ach ja, in einer Bank dürfte ich, wenn es nach meinen Eltern ginge, auch in der höheren Riege arbeiten. Weil man dort gutes Geld verdiente. Es war zum Kotzen.

Was ich davon hielt, war uninteressant. Es ging immer nur um Wohlstand und Ansehen. Ein tolles Beispiel, wozu solch eine Einstellung führte, waren Jakes und Takodas Eltern. Ich hegte seit Wochen den Verdacht, dass sie Takoda damals nur aufgenommen hatten, um auf die Art ihre soziale Ader zur Schau zu stellen. Wieso sonst hätten sie die Jungs schon als junge Teenager ständig in der Obhut des Personals zurückgelassen? Ihre Arbeit war ihnen wichtiger. Das galt heute genauso wie früher. In der ganzen Zeit, die ich bei den Jungs in der Villa wohnte, hatte ich ihre Eltern vielleicht insgesamt fünfzehn Tage gesehen. Selbst dann war es hauptsächlich um ihre Arbeit gegangen. So wollte ich nicht werden. Grimmig starrte ich auf die Rückenlehne des Sitzes vor mir.

Plötzlich spürte ich Takodas Hände an meinen, wie er sanft meine verspannten Fäuste löste. Besorgt sah er mich an.

„Heute Abend reden wir. Du erzählst mir endlich, was dich bedrückt", raunte er mir ins Ohr.

Große Klasse, das hatte mir zu meinem Glück gefehlt. Gab es in der Höhle ein nettes tiefes Loch, in das ich mich werfen konnte? Wieso öffnete sich eine nicht Felsspalte, um mich zu verschlingen? Ein schwerer Klumpen formte sich in meinem Bauch. Verursachte mir Übelkeit, denn mir war nur zu bewusst, dass der Lakota neben mir mit seiner Geduld am Ende war. Ohne Zweifel hatte ich ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen, weil ich ihm nicht sagte, was mich bewegte. Doch jetzt, wo er versprochen hatte, mir nach Deutschland zu folgen, war es an der Zeit ihm alles anzuvertrauen. Hoffentlich änderte das nicht seine Meinung.

Mit einem Ruck bremste der Bus zum Stillstand ab. Fast hätte ich dadurch den Vordersitz geknutscht, doch ein starker Arm um meinen Oberkörper geschlungen, hielt mich gerade noch rechtzeitig zurück. Obwohl das Shirt zwischen seinem Arm und meiner Haut war, kribbelte alles, was er berührte. Es war eine angenehme Wärme, die sich weiter über den Körper ausbreitete. Kein Wunder, dass ich mich nicht von ihm fernhielt, egal wie sehr ich es versuchte.

Ein Jahr in Rapid CityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt