YANN
"Wo bin ich hier?"
Irritiert sehe ich mich um. Alles ist viel zu hell, wie bei einer überbelichteten Kameraeinstellung.
"Du bist dort, wo ich jetzt bin." Neben mir taucht Emma auf und lächelt mich ruhig an. Ihr weißes Kleid weht im leichten Wind. "Aber du kannst hier nicht bleiben, Yann. Du musst wieder zurück."
"Warum?" Ich sehe Emma fragend an.
Ich will nicht zurück. Hier ist es ruhig und friedlich, ich spüre keine Schmerzen und ich habe das Gefühl, endlich ich selbst sein zu können, ohne dafür verurteilt zu werden.
"Weil deine Zeit noch nicht gekommen ist, Yann. Versprich mir, dass du kämpfen wirst."
"Und wenn ich das nicht will? Wenn ich nicht zurück will?" Mein Blick wandert erneut umher. Langsam gewöhnen sich meine Augen an diese unglaubliche Helligkeit und ich erkenne die Umrisse einiger Bäume, während Emma und ich auf einer Wiese sitzen, die selbst im Bilderbuch nicht perfekter sein könnte.
Mir gefällt es hier.
"Für dich ist hier noch kein Platz, Yann. Du bist hier ... nur zu Besuch. Außerdem hast du zuhause noch so einiges vor, oder etwa nicht?", erklärt Emma mir sanft und legt ihre Hand auf meinen Arm.
"Aber hier ist es ... so friedlich. Em, ich will hier bleiben. Bei dir. Du fehlst mir!"
"Yann, ich weiß, dass es für euch nicht einfach ist. Aber glaub mir, du kannst hier nicht bleiben. Außerdem musst du auf meinen Bruder aufpassen." Em lacht leise.
"Er schafft das nicht allein, das weißt du. Und du weißt auch, dass er niemals einfach so zugeben würde, wie sehr er leidet. Du bist ihm wichtig - und er dir!"
"Er hat Al"
"Ach komm schon, seit wann bist du denn so egoistisch? Willst du das wirklich alles Al aufhalsen? Sie war meine beste Freundin - und sie ist auch deine. Das kannst du nicht wirklich wollen. Die beiden sind immer noch der Meinung, dass sie sich langfristig gesehen nicht guttun. Aber wir beide wissen doch, dass die Zwei sich einfach mal endgültig aufeinander einlassen sollten. Dass sie sich endlich eingestehen müssen, dass sie sich nur selbst etwas vormachen.
Und wer soll ihnen das klarmachen, wenn wir beide weg sind? Yann, bitte. Du darfst nicht aufgeben. Es wird nicht einfach und ja, es wird verdammt wehtun, aber du schaffst das!" Ems Worte sind hart, aber ihre Stimme ist total beruhigend und weich.
Trotzdem treffen ihre Worte ihr Ziel.
Langsam nicke ich geschlagen.
"Okay", hauche ich leise und sehe Em traurig an. Ich will sie nicht schon wieder verlieren.
"Kannst du nicht mitkommen?", frage ich leise.
"Nein, Yann." Noch immer liegt dieses friedliche Lächeln auf ihren Lippen.
Ohne Vorwarnung ziehe ich Emma in eine feste Umarmung. Ich beschließe, das nachzuholen, wozu ich bei ihrem Tod nicht mehr die Gelegenheit bekommen habe und verabschiede mich ausgiebig von ihr. Ich weiß, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt. Ich spüre, wie die Realität, das wirkliche chaotische Leben an mir zerren.
"Du musst gehen", wispert Emma an meinem Ohr, löst sich von mir und geht davon, bevor sie schließlich zwischen den überbelichteten Bäumen verschwindet...
ALEXA
Die nächsten Tage verbringe ich entweder bei mir oder Chris zuhause oder bei Yann im Krankenhaus.

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When You Were Gone
Romance《Ich spüre nichts mehr. Weder Alexas Umarmung noch den Schmerz über Emmas Tod. Da ist nichts. Nur das Gefühl, dass da ein wesentlicher Teil von mir fehlt, und die Leere, die stattdessen in mir herrscht. Die Leere, die Em dort hinterlassen hat.》 ~ A...