YANN
"Hey, die Wohnung ist sowieso viel zu groß für mich allein." Chris sieht mich auffordernd an.
Ich kann immer noch nicht glauben, was er mir da gerade vorgeschlagen hat.
"Deshalb wohnt Alex schon mehr oder weniger bei dir", erwidere ich.
"Hat sie auch vorher schon. Ems Zimmer ist leer. Und du weißt selbst, dass du im Moment nicht allein klarkommst. Außerdem ist es nur vorübergehend. Maximal ein paar Wochen, dann schmeiß ich dich schon raus, keine Sorge", argumentiert Chris weiter und insgeheim weiß ich, dass er recht hat.
"Ich..."
"Sag einfach ja. Ich hab sowieso schon 'ne WG, brauch nur noch 'nen Mitbewohner. Und du brauchst in nächster Zeit ein bisschen Unterstützung, also 'ne absolute Win-win-Situation."
Ich schaue Chris skeptisch an und schüttle langsam den Kopf.
Ich kann nicht einfach in Emmas altem Zimmer wohnen. Und ich will auch nicht, dass Chris meint, sich um mich kümmern zu müssen.
"Denk wenigstens drüber nach", bittet er.
"Chris, ich komm schon klar", entgegne ich stur.
"Ha! Halt Stopp! Das hast du nach deiner OP auch gesagt und dann hast du gemerkt, dass du eben nicht klarkommst. Also ziehst du vorübergehend bei mir ein. Dann wär das ja geklärt", meint Chris triumphierend und grinst.
"Okay, wenn du mir deinen Schlüssel gibst, geh ich mal bei dir vorbei und hol ein paar Sachen und morgen kommst du dann mit zu mir", plant Chris gleich weiter, während ich ungläubig den Kopf schüttle.
"Warum versuch ich es überhaupt, mit dir zu diskutieren?", frage ich mich leise und seufze.
"Jackentasche?", fragt Chris derweil und deutet auf meine Jacke.
Ratlos sehe ich ihn an. "Was?"
"Dein Schlüssel", erklärt Chris ungeduldig und sucht einfach die Taschen ab.
Kurz darauf hält er meinen Schlüssel in der Hand.
"Hilfe, ein Raubüberfall! Der klaut meinen Schlüssel", meine ich im Spaß hysterisch und sehe Chris dabei zu, wie er mit seiner Beute winkend zur Tür geht und sich mit einem - für meine Begriffe viel zu freundlichen - "Bis morgen" verabschiedet.
Im selben Moment, in dem Chris durch die Tür ist, kommt Dr. Andrews ins Zimmer.
"Na, soweit alles gut?", erkundigt er sich.
"Sagen Sie's mir", erwidere ich mit einem Blick auf das Tablet in seiner Hand.
Andrews nickt lächelnd und sieht auf das Gerät.
"Also, Blutwerte sind soweit gut, Entzündungswerte in Ordnung - natürlich noch über der Norm, aber gehen eindeutig zurück. Die beiden Rippen wachsen auch gut zusammen, den Humerus - also Oberarmknochen - halten ja die Schrauben zusammen, das wird aber noch ein Weilchen dauern, und die Wunden an deinem Bauch sind auch gut geheilt. Kannst morgen gehen", berichtet er und sieht mich dann an, als warte er darauf, dass ich Freudensprünge mache.
"Ich weiß, was ein Humerus ist, aber danke für die Aufklärung", bemerke ich leicht grinsend.
Andrews seufzt. "Wär schön, dich hier wieder öfters zu sehen - also nicht als Patient, eher als Kollege", meint er ernst und sieht mich bedauernd an.
Ich schüttle entschieden den Kopf. "Wird nicht passieren. Das hier ist vorbei für mich", erwidere ich, bin mir aber nicht ganz sicher, wen von uns ich damit wirklich überzeugen will. Die Arbeit hier fehlt mir schon irgendwie, aber ich habe damit abgeschlossen!
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When You Were Gone
Romance《Ich spüre nichts mehr. Weder Alexas Umarmung noch den Schmerz über Emmas Tod. Da ist nichts. Nur das Gefühl, dass da ein wesentlicher Teil von mir fehlt, und die Leere, die stattdessen in mir herrscht. Die Leere, die Em dort hinterlassen hat.》 ~ A...