ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ ᴢᴡᴀɴᴢɪɢ

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"You don't have to prove nothing, you can just be yourself" - No Judgment, Niall Horan

Der restliche Vormittag zieht mehr oder weniger eindruckslos an mir vorbei. Ich arbeite meine Aufgaben ab, mache gute Miene zum bösen Spiel und ziehe auch meinen Sketch mit Liam, der ein eindrucksvoller Pirat ist, von vorne bis hinten durch, ohne mir etwas anmerken zu lassen.

Das kleine Theater, was mein Freund und ich gemeinsam mit Taylor und Ellen für die zwei Kindergruppen veranstalten, handelt von einer Ballerina und einem Schmetterling, die den tollpatschigen Piraten aus den Fängen der hungrigen Hummel befreien. Dabei ist es uns allen wichtig gewesen, dass Taylor und ich als von der Gesellschaft eher als schwache Figuren angesehene Charaktere den selbstbewussten, starken Piraten retten müssen, der auch mal auf die Schnauze fallen und in Gefahr geraten kann.

Es muss nicht immer alles stereotypisiert werden und am Ende des Karnevalfestes bin ich mit der Aufführung zufrieden.

"Wir werden jetzt wie immer im Turnsaal mit den Kindern und Eltern tanzen, bis jeder abgeholt ist", lässt mich Liam wissen, der gerade an mir vorbeihuscht, und ich bringe nur ein leichtes Nicken zustande, doch er bekommt es gar nicht mit, weil Hasan ihn am Arm davonzieht, um ihm irgendwas zu zeigen, was Daniel kaputt gemacht hat.

In der Turnhalle läuft schon allerlei Karnevalsmusik und Kinder und Pädagogen, wie auch schon eingetroffene Eltern, tanzen ausgelassen, was vor allem den Kleinsten unter uns unheimlich Freude bereitet.

Ich stehe etwas abseits und hadere mit mir selbst, denn einerseits habe ich keine Lust, dort drinnen herumzutanzen und weiter so zu tun, als wäre alles in Butter, aber andererseits ist es mein verdammter Job und den habe ich noch nie vernachlässigt, wenn es mir nicht gut gegangen ist. Man muss für die paar Stunden im Kindergarten gut gelaunt sein und darf weder Wut noch Trauer Luft machen. Die Kinder stehen im Fokus und man selbst rückt ein wenig in den Hintergrund, aber so ist das eben.

"Ich hätte dich fast nicht erkannt", ertönt aus heiterem Himmel Louis' raue, für einen Mann ungewöhnlich hohe, Stimme hinter mir und ich reiße erschrocken den Kopf herum. "Du siehst bezaubernd aus."

Er steht mit den Händen in den Hosentaschen und einem unsicheren Grinsen vor mir. Seine Augen huschen über mein Kostüm und bleiben dann an meinem Gesicht hängen, was mich nervös schlucken lässt.

"Danke, Louis."

"Es ist nur die Wahrheit", entgegnet er schulterzuckend.

"Briana ist hier", teile ich ihm mit und er sieht in den Turnsaal, wo seine Frau lachend mit Freddie tanzt, und blickt dann unbeeindruckt wieder zu mir.

"Das weiß ich, wir haben vorhin telefoniert. Sie hat mich gebeten herzukommen, weil Freddie mir unbedingt seine Verkleidung zeigen möchte."

"Sie weiß von unserem Treffen bei McDonald's."

"Auch das ist nichts Neues. Es haben ja auch genug Magazine darüber berichtet." Er zieht die Augenbrauen fragend nach oben, als wüsste er nicht, was ich ihm damit sagen will.

"Heute Morgen hat sie mir erzählt, dass sie dich immer noch liebt", flüstere ich und er legt den Kopf schief, wie sonntags in seinem Schlafzimmer auf dem Bett.

"Nicht genug, um mich nicht mit diesem aufstrebenden Modeschöpfer zu betrügen." Seine Stimme ist voll Bitterkeit, doch sein Gesicht spiegelt Trauer wider.

"Das... das tut mir leid, aber vielleicht könnt ihr das alles wieder hinkriegen", erwidere ich mit einem ziehenden Gefühl in der Brust, doch Louis schüttelt nach wenigen Sekunden des Nachdenkens den Kopf.

"Vielleicht will ich das gar nicht mehr. Wir sind beide unglücklich, sonst wäre es nicht so gelaufen, wie es gelaufen ist."

"Papi!", schreit plötzlich eine hohe Kinderstimme und Freddie stürmt aus dem Turnsaal auf Louis zu, dessen Gesichtszüge sich sofort erhellen und als sich sein Sohn in seine Arme wirft, hebt er ihn lachend hoch und wirbelt ihn einmal herum, was den Kleinen zum Kichern bringt.

"Sag bloß du hast dich als dein alter Herr verkleidet, statt als Cowboy zu gehen wie letztes Jahr."

"Er wollte es unbedingt", meldet sich Briana zu Wort, deren Katzenohren etwas verrutscht und deren Wangen rot vom vielen Tanzen sind, als sie zu uns in die Bauecke heraustritt.

Freddie hat mittlerweile die Ärmchen fest um Louis' Hals geschlungen und sich eng an seinen Vater gekuschelt, der ihn mit einem liebevollen Schmunzeln im Arm hält.

Ich fühle mich schrecklich fehl am Platz, weswegen ich mich schnell entschuldige und mich zu Liam in die Turnhalle verdrücke, wo mich Emma und Jade schon freudig in Empfang nehmen.

"Tanz mit uns, Harry!", fordern sie und da ich ihren aufgeregten Prinzessinnengesichtern nichts abschlagen kann, bewege ich mich mit ihnen zu dem Lied 'Cowboy und Indianer', während mein Blick immer wieder zu Louis und Briana hinüberhuscht, die sich im Gegensatz zu letztem Mal in der Garderobe ganz in Ruhe und ohne jegliche Aggression unterhalten.

Ob er ihr gerade erzählt, dass er mich geküsst und mit mir nackt in ihrem Ehebett geschlafen hat?
Nein, dann wäre sie vermutlich wütend oder verletzt. Obwohl, vielleicht auch nicht, ich kenne sie ja eigentlich nicht.

Das Gespräch der beiden dauert nicht lange und als sich auch schon ein paar andere Kinder und Eltern verabschieden, treten auch Briana und Freddie den Heimweg an. Der kleine Blondschopf verabschiedet sich mit einem Küsschen auf dessen Mund und einer langen Umarmung von seinem Vater und verlässt dann Hand in Hand mit seiner Mutter den Kindergarten.

Louis' und Brianas einzige Verabschiedung bleibt ein höfliches Lächeln und ein Nicken von der Dunkelblonden.

"Ein bisschen auffälliger könntest du noch hinüberstarren", zischt mir Liam mit gesenkter Stimme zu, der neben mich getreten ist und ich löse betreten den Blick von dem Sänger, der soeben zu uns in den Turnsaal kommt.

"Darf ich dich zum Mittagessen entführen, Harry?", fragt der Wuschelkopf, als er zu uns herantritt und Liam wirft ihm einen argwöhnischen Blick zu, der auch Louis nicht entgehen kann. "Ich habe gekocht und es reicht locker für zwei."

"Ich muss noch arbeiten", erwidere ich, doch eigentlich ist mir einfach total unwohl bei der Vorstellung, wieder bei ihm zu Hause zu sein.

"Es macht mir nichts aus, auf dich zu warten."

"Das muss nicht sein, ich habe wirklich noch Einiges zu tun und muss eine Menge wegräumen", weiche ich erneut seinem Angebot aus und er zieht die Augenbrauen zusammen.

"Gut, ich verstehe schon."

Ohne ein Wort des Abschieds dreht er sich um und geht davon, was mich einen verzweifelten Blick zu Liam werfen lässt.

"Das war richtig so, Harry. Er ist ein verheirateter Mann", sagt dieser und legt mir die Hand auf die Schulter.

"Harry! Ich finde meinen Hut nicht mehr!", klagt Paul, der heute ein kleiner Zauberer ist, verzweifelt und zupft an meinem Tütü herum.

"Na dann lass ihn uns mal suchen gehen", antworte ich, zwinge mir ein Lächeln auf und folge dem kleinen Jungen in den Gruppenraum, doch meine Gedanken sind bei Louis und ich bin hin- und hergerissen, ob meine Entscheidung wirklich die richtige gewesen ist, wie Liam gemeint hat.

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Was sind eure Gedanken zu dem Kapitel?

Habt einen schönen Tag
Maybe

[1156 Wörter]

Treat People With Kindness || larry stylinson fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt