Jungkook Pov.
Letztendlich kann ich mich doch dazu bewegen, meinen Vordermann zu ignorieren und die Aufgaben zu lösen. Dank der Nachhilfe von Namjoon, bin ich schneller fertig, als der Rest der Klasse und bekomme daher die Anweisung vom Lehrer, mich zu den Schwächeren zu setzten und ihnen bei den Aufgaben zu helfen.
Ich mach das wirklich gern, ehrlich und ich konnte es bisher jedem Schüler irgendwie nahe bringen. Doch, als mir Herrn Min sagt, dass ich Jimin helfen soll, bleibt mir ein Kloß im Hals stecken.
Der blondhaarige hat seinen Kopf auf seine Arme gelegt und scheint zu schlafen. Komisch finde ich allerdings auch, dass er es nicht schafft die Aufgaben der Klasse zu lösen, die er bereits hinter sich gebracht hat.Vorsichtig ziehe ich meinen Stuhl neben ihm zurück und setze mich.
Unsicher, wie ich ihn wecken soll, räuspere ich mich einmal laut. Müde hebt er seinen Kopf und sieht mich an."Was?", eröffnet er auch gleich eine Konservation.
"Ich soll dir helfen", erkläre ich mein Dasein.
"Ich brauch keine Hilfe. Geh einfach zu wem anders."
Mit diesen Worten legt er seinen Kopf wieder auf seinen Arm und beendet somit unser Gespräch.
Etwas vor den Kopf gestoßen, überlege ich, wie ich ihn dazu animieren könnte, mitzuarbeiten."Im Gegensatz zu dir kann ich das Thema aber und wenn ich dir helfen will, dann nehms doch wenigstens an", quetsche ich in einem strengen Ton aus mir heraus und bin selbst davon erschrocken. Wieder sieht er mich an.
"Ich kann auch ganz viele Dinge und helfe dir auch nicht", sagt er mit einer rauen Stimme, welche mir ein Schauer über den Rücken jagt. Was sollte das denn jetzt heißen?! Arschloch!
"Hör auf deinen Lehrer in den Arsch zu kriechen, das ist ja wiederlich!", setzt er noch hinterher. Jetzt bin ich wirklich sprachlos. Ohne weiter auf ihn einzugehen, schnappe ich mir meine Sachen und setze mich zurück auf meinen Platz. Was bildet sich dieser Penner überhaupt ein, wer er ist? Ich wollte ihm doch wirklich nur helfen und er ist so asozial zu mir.
Den Rest des Tages hege ich einen unsagbaren Hass gegen diese unhöfliche Person. Warum geht er überhaupt zur Schule, wenn er nichts lernen will? Selbst in den anderen Fächern, hat er einfach nur da gesessen und nicht mitgearbeitet. Aber was rege ich mich überhaupt so über ihn auf, er kann mir vollkommen egal sein. Ich habe meinen Willen gezeigt und das wars. Wütend schlage ich die Tür meines Schließfaches zu und gehe nach draußen, wo bereits Namjoon auf mich wartet.
"Hey, wie war dein Tag?", ist seine tägliche Frage, die er mir stellt, wenn ich aus der Schule komme. Er ist wirklich die einzige Person, die sich für mich interessiert und dafür bin ich ihm unendlich dankbar.
"Ach, wie immer.....", beginne ich, doch schnell komme ich auf Jimin und kotze mich bei Namjoon über ihn aus.
"Er wird seine Gründe haben Jungkook. Geb ihm Zeit, er kennt dich nicht und vielleicht ist er am Ende der Woche ja doch ganz nett", spricht er mir gut zu, doch ich bin gerade so in Rage, dass ich nicht im Traum daran denke, nicht so über ihn zu denken.
Die Ampel an der wir bis eben standen, springt nun auf grün und Namjoon fährt los. Das hätten wir lassen sollen, denn ein Auto, welches noch im letzten Moment über seine 'grüne' Ampel fahren will, rasst mit voller Wucht in unser Auto. Aus Angst schlinge ich meine Arme um meinen Kopf und knalle daher nur mit meinen Ellenbogen gegen das Amaturenbrett des Wagens. Das Auto dreht sich ganze viermal, ehe wir zum Stehen kommen. Ich bekomme nur noch mit wie der Airbag vor mir aufgeht und ebenfalls gegen meinen Ellenbogen knallt. Fast unversehrt, außer ein paar Schürfungen, sehe ich zu Namjoon.
Sein halbes Gesicht ist blutüberströmt. Leblos liegt sein Kopf im Airbag des Lenkrads. Ich kneife meine Augen ein paar Mal zusammen, nur um festzustellen, dass ich keinen Sehfehler habe. Mit meinen zittrigen Händen schnalle ich mich ab und fasse mit beiden Händen seine Schulter. Unsanft versuche ich ihn aufzuwecken, doch er regt sich nicht. Voller Panik steige ich aus und ziehe Namjoon aus dem Auto.
Ich fühle kein Puls, doch bevor ich eine Schockstarre verfallen kann, beginne ich die Herzdruckmassage. Nichts um mich herum nehme ich wahr, ich sehe nur meinen alten Kumpel und das ganze Blut. Tränen steigen in meine Augen und mit jedem tiefen Druck in seinen Brustkorb, schreie ich. Während sich andere um den Unfallverursacher kümmern, kämpfe ich um das Leben, der Person, die immer für mich da ist.
"Namjoon, bitte....", flehe ich, doch er regt sich nicht. Schnell strecke ich seinen Kopf etwas nach hinten und puste in zwei tiefen Atemzügen Luft in seine Lunge.
Nach fünf Minuten bin ich mit meinen körperlichen Kräften am Ende. Erst jetzt treffen die Rettungskräfte und der Notarzt ein. Zufälligerweise war mein Vater heute der Notarzt. Er und sein gesamtes Team kommen zu uns gelaufen, doch bevor sie sich auf Namjoon stürzen, um ihn zu versorgen, hält mein Vater sie zurück.
"Was macht ihr? Helft ihm!", schreie ich heulend das Team an. Doch sie regen sich nicht. Alle sehen zu meinem Vater, welcher seine Finger an die Pulsschlagader am Hals hielt.
"Wie lange versuchst du schon ihn zurück zu holen?"
"5 Minuten", gebe ich mit bebender Stimme von mir.
Er steht wieder auf und guckt auf seine Uhr. Da ich wusste, was das heißt, fange ich noch mehr an zu weinen. Ohne den Patienten überhaupt wirklich behandelt zu haben, verkündet mein Vater die Nachricht.
"Nein, nein.....nein..", schluchze ich und sehe meinen Vater an.
"Todeszeitpunkt 15.18 Uhr am 22.04.2020."
Nach dieser Aussage schickt er sein Team gleich zum zweiten Patienten. Dieser lehnt an der Motorhaube seines zerschmettern Wagens und hält mit seinen Händen seinen Kopf. So als ob er gerade wahnsinnig werden würde. Wieder fange ich verzweifelt an meine Hände in den Brustkorb meines Freundes zu drücken.
Irgendwann lasse ich meinen Kopf auf den leblosen Körper sinken und weine in den Stoff seines weißen, mit Blut befleckten Hemdes. Nach der Versorgung des anderes Patienten, deckt ein Kollege meines Vaters Namjoon noch mit einem Tuch ab, bevor sie mit dem anderen Patienten ins Krankenhaus fahren. Wenige Minuten später, kommt auch der Leichenwagen.
Im Moment verstehe ich nicht was passiert, kann nicht begreifen, dass es das jetzt gewesen sein soll. Dass ihm niemand geholfen hat. Tief in mir spürte ich, dass sie ihn hätten retten können. Er war doch eben noch bei mir gewesen. Kerngesund und quiklebendig. Wie hypnotisiert starre ich die Blutlache an, welche von Namjoon stammt. Noch eben hat er sich mit mir unterhalten, wo war nun hin? Er konnte doch nicht einfach sterben! Und vor allem mich alleine lassen... Meine Augen füllen sich mit Tränen und schon bald kann ich nur noch hilfloses Schluchzen von mir geben.
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False Confidence
Fanfiction||𝚅𝚔𝚘𝚘𝚔|| Jungkook ist am Boden zerstört. Die verfremdete Beziehung zu seinem Vater, der Tod seines einzigen Freundes und vor allem er selbst, machen ihm das Leben schwer. Als einzige Jungfrau des gesamten Jahrgangs, macht er sich selbst umheim...