𝒷𝒶𝓉𝓉𝓁ℯ 𝓅𝓁𝒶𝓃

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Jungkook Pov.

"....und dann hat er mich angeschrien von wegen ich hätte kein Selbstbewusstsein. Ich habe dann einfach meine Jacke geschnappt und bin gegangen", beende ich meine Erzählung von den geschenden zwei Tagen.
Mit meinen Fingerspitzen spiele ich nervös am Flaschenhals des Biers und versuche irgendwie das Etikett zu lösen.
Jimin hat mir die ganze Zeit aufmerksam zugehört. Nur ab und zu hat er mich unterbrochen, um Zusammenhänge besser zu verstehen.

Mitgenommen seufzt er.
"Ach, Kookie. Das hat er bestimmt nicht so gemeint", versucht er mich zu trösten. Dabei glaubt er selbst seinen eigenen Worten wohl kaum. Mit einer hochgezogenen Augenbraue sehe ich ihn an.
"Er hat Recht. Das ist es ja, was mich so stört. Damals habe ich im Club angefangen, weil ich mich immer so klein und unerfahren gefühlt habe. Das fühle ich heute größtenteils nicht mehr. Außer, wenn Taehyung mich mal wieder in eine Situation bringt, die mich restlos überfordert.
Und wenn ich mir vorstelle, jetzt im Club zu kündigen, dann weiß ich ganz genau, dass ich mich wieder so wie vorher fühlen werde.
Er liegt also völlig richtig.
Ich finde es ja nicht mal schlimm, dass wir uns gegenseitig die Meinung gegeigt haben. Mich bedrückt viel eher der Fakt, dass er mich als Niemand betitelt und angeschrien hat. Alles andere ist mir fast egal.
Hat er sonst noch irgendwas gesagt, als du ihn vorhin angeschrieben hast?"

Mein Kumpel schüttelt mit dem Kopf. "Wie gesagt, er hat nicht mal erzählt, dass er im Krankenhaus ist. Ich hab mich einfach nur nach dir erkundigt.
Du bist der Erste der mir sagt, dass ihr einen Unfall hattet.
Weißt du eigentlich schon wieso? Liegt es wirklich an seinen Augen?"

"Als ich vorhin im Wartezimmer gesessen habe, hat mich die Polizei befragt. Wir haben uns eindeutig auf der Vorfahrtstraße befunden, weil die Ampel ja ausgefallen ist.
Taehyung hat wahrscheinlich gebremst, weil er irgendetwas nicht erkennen konnte, oder so. So vermute ich es zumindest. Ganz sicher bin ich mir aber nicht.
Von hinten kam derweil ein Auto und da der Fahrer gerade am Handy war, hat er nicht gesehen, dass wir beide unmittelbar vor ihm waren. Im nächsten Moment hat er uns auch schon gerammt."

"Also seid nicht ihr Schuld!", bemerkt der Blonde freudig und schiebt sich noch eine Hand voll Chips in den Mund.
"So direkt nicht. Aber, wenn Tae halt nicht angehalten hätte, wäre es niemals dazu gekommen."

"Ach Quatsch! Stellt dir einfach mal vor, das Motorad geht während der Fahrt kaputt und ihr steht mitten auf der Straße. Da könnt ihr doch auch nichts für! Und außerdem müssten sich die Beamten das vorher überlegen, ob sie jemanden mit Monochromie eine Fahrerlaubnis ausstellen, oder nicht.
Wenn er wirklich so benachteiligt wäre, dürfte er niemals fahren, Jungkook.
Also hör auf ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben. Du hörst dich fast an, wie dein Vater."

"Und was soll ich deiner Meinung nach machen?", unsicher sehe ich zu ihm auf, da mein Blick die ganze Zeit auf den Flaschenhals gerichtet war.

"Wenn ich das wüsste...Ich an deiner Stelle, würde jetzt erstmal einen Tag über das ganze nachdenken und dabei die verschiedenen Sichtweisen betrachten. Stell dir vor, du wärst Taehyung oder dein Vater. Vielleicht kannst du so besser verstehen, warum sie genau so handeln.
Und wenn du dann über alles nachgedacht hast, fragst du dein Herz, was es wirklich will. Und wenn es Taehyung sagt, dann gehst du ins Krankenhaus und holst ihn die verdammt nochmal zurück!
Ich bin mir sicher, dass er auch zu dir kommen würde, aber sein gebrochenes Bein wird das noch nicht so zu lassen.
Am besten redest du zu allererst mit deinem Vater und erzählst ihm alles.
Auch wenn er sehr streng wirkt, glaube ich, dass er sich einfach nur verletzt fühlt, weil sein einziger Sohn ihm alles verschweigt.

Du kannst es ja so machen:
Wenn er sich unerwartet positiv verhält, dann kannst du glücklich sein und all deine Konzentration auf Taehyung richten. Und wenn nicht, dann ist es halt das Letzte, was du ihm erzählt hast und widmest dich dann voll und ganz Taehyung."

"Und was ist, wenn ich beide verliere? Also meinen Vater und Taehyung?"

"Das wird nicht passieren Jungkook. Taehyung und du ihr seid füreinander bestimmt. So ein kleiner Streit, wird euch doch wohl nicht auseinander bringen.
Und wenn er dir noch einmal dumm kommt, dann sagst du mir Bescheid. Ich habe zufällig die Handynummern von der Secruity aus dem Club in meinem Handy."

"Und was sollen die denn da machen?", irritiert sehe ich ihn an.
Doch Jimin zuckt nur mit den Schultern und setzt sich ein Lächeln auf.
"Weiß nicht. Aber sie hinterlassen aufjedenfall erstmal ordentlich Eindruck."

In diesem Moment ertönt das Zufallen der Haustür. Schnell schaue ich auf meinen Wecker. 22 Uhr, mein Vater kommt nach Hause.
Unwillkürlich zieht sich mein Magen zusammen.
Auch Jimin scheint kurz das Herz in die Hose zu rutschen, denn jegliche Farbe weicht aus seinem Gesicht.
Kurz lauschen wir in die Stille.
Solang das leise Knartschen von der Treppe nicht ertönt, ist alles gut.
Niemand von uns beiden traut sich auch nur, den kleinsten Muks zu machen.

Als schließlich die Tür zu seinem Büro ins Schloss fällt, atmen wir erleichtert auf.
"Ich denke, ich sollte jetzt gehen", flüstert der Ältere mir zu, was ich sofort abnicke. Ungern möchte ich, dass er eine Auseinandersetzung zwischen mir und meinem Vater mitbekommt.
Leise schleichen wir uns nach unten und fast geräuschlos verlässt er wenige Sekunden später, das Haus.

Wie abgepasst öffnet sich in diesem Augenblick die Tür hinter mir.
Alles in mir erstarrt und ich rechne jeden Augenblick mit einer ordentlichen Nackenschelle. Doch nichts passiert.
Mein Vater geht einfach an mir vorbei in die Küche. Dort holt er sich ein Glas aus dem Schrank, füllt es mit Wasser und geht dann, ohne mich einmal anzusehen zurück ins Büro.

Ignorieren ist also jetzt seine Masche.
Für heute solls mir recht sein. Mein Verlangen, heute nochmal angebrüllt zu werden hält sich eh in Maßen.
Vielleicht kümmere ich mich morgen darum.



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