20. Kapitel

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1945

Mrs. Roosevelt und Marlene machten es sich am späten Nachmittag oft mit einem Tee gemütlich. Sie lasen gemeinsam eines Mrs. Roosevelt Lieblingsbüchern, auch um Marlenes Englisch zu verbessern. Leider war das Dschungelbuch von Kipling ein wenig aus der Mode gekommen. Als Mrs. Roosvelt Kind war, gab es kaum ein amerikanisches Kind, das es nicht kannte. Sie lasen gemeinsam die Geschichte, wo es um die Gesetze des Dschungel geht. Der Bär Baloo erklärt dort die Regeln, die für die Wölfe gelten. „Diese Regeln sollten aber von uns allen beachtet werden.", sagte Mrs. Roosevelt nachdenklich. „Wir brauchen Menschenrechte, die auf der ganzen Welt gelten. Jeder Mensch sollte das Recht auf Privatsphäre haben. Im Dschungelbuch darf der Leitwolf nicht einfach in die Unterkunft eines anderen Wolfes kommen. Mir gefällt, wie respektvoll das Recht des Stärkeren im Dschungelbuch ausgehebelt wird: Auch wenn du der stärkere Wolf bist, solltest du nach einer Jagd nicht alles auffressen. Ein Rudel ist immer nur so stark wie sein schwächstes Glied." Marlene hörte gut, schwieg aber. Sie schien es nicht gewohnt zu sein, zu diskutieren oder Fragen zu stellen.

(My Day 173)

Eleanor Roosevelt in ImbachWhere stories live. Discover now