23. Kapitel

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2015

Katharina hatte einige Wochen frei und verwöhnte Feynsinn, wenn er deprimiert und erschöpft aus der Schule kam. Abends kochten sie zusammen oder trafen sich mit Freunden. Feynsinn schlief nur noch fünf Stunden, weil er so viel vorbereiten musste. Er war konfus und unproduktiv. Tagsüber stand er vor den Klassen. Dann Korrigieren, Noten eintragen und Referate für das Seminar und wieder den Unterricht für den nächsten Tag planen. Es gab keine Pause und es ging immer weiter. War er schlecht vorbereitet, rächte sich das sofort. Die Stunde war ein Chaos und die Schüler beschwerten sich wieder bei ihrem Klassenlehrer.

In der nächsten Stunde saßen die Schüler dann wieder faul und frech vor ihm. Sie fingen an, mit ihrem Klassenlehrer darüber zu beratschlagen, wie es mit seinem Unterricht und seiner Zukunft als Lehrer weitergehen würde. Wenn Feynsinn sie weiter nach ihrer Meinung nach, mit schlechten Unterricht quälen würde, wollten sie ihn im besten Fall mithilfe des Klassenlehrers und ihrer Eltern loswerden.

Feynsinn saß am Schreibtisch und ging den Tag durch. Keiner hatte ihm zugehört. Es klingelte. Katharina kam die Treppe hinaufgelaufen. Sie hatte rote Wangen, war verschwitzt und gut gelaunt. „Okay, wie motivierst du deine Mitarbeiter?", fragte sie und trank in großen Zügen ein Glas Leitungswasser. "Ich habe keine Mitarbeiter. Ich habe träge, unkonzentrierte Schüler, die mir nicht zuhören". „Feynsinn, du hast keine Masse vor dir sitzen. Jeder Schüler hat eine andere Persönlichkeit. Dem einen musst du in den Hintern treten, der wird keine einzige Vokabel lernen, wenn du ihn nicht unter Druck setzt. Dem anderen musst du seinen Hintern hinter her tragen. Hast du eine kleine Narzisstin vor dir: Behandle sie wie eine kleine verwöhnte Prinzessin. Lobe sie immer wieder und gib ihr Bonbons. Die meisten Schüler kommen aus nur einem Grund in die Schule: Sie wollen ihren Spaß." „Mich nervt es so, dass alle mehr Disziplin fordern, strengeres Durchgreifen. Zurück zu den klassischen Tugenden wie Pünktlichkeit, Ordnung und Fleiß. Ich soll plötzlich ein autoritärer Sack werden wie mein Vater. Das passt doch überhaupt nicht zu mir." „Du brauchst mehr Struktur und Ordnung. Ich mache mir jeden Abend eine Liste für den Tag. Eine riesige Liste mit allen Dingen, die irgendwann getan werden müssen. Da kommt wirklich jeder Furz drauf, aber auch die großen Lebensziele."

Als Katharina wieder zu arbeiten anfing, wurde es schwierig mit ihr. Sie wurde abweisend und selbst am späten Abend schickte sie ihn noch nach Hause in seine Wohnung. Katharina war auf ihre Karriere und den nächsten Auslandaufenthalt fixiert und daneben gab es dann auch noch ihren Sport. Sie war vom Typ nicht die Frau, die als Mädchen als sportlich durchgegangen wäre. Aber ihre Hartnäckigkeit und ihren Ehrgeiz setzte sie auch in ihrem exzessiven Sportkonsum um.

Feynsinn bereitete mit ihren Freunden eine Überraschungsparty vor. Katharina schaute aus dem Fenster und schien in der Wohnung der Nachbarn auf der anderen Straßenseite ein Ziel anzuvisieren. Dann klingelte es. Ronald kam mit einer neuen attraktiven Freundin vorbei. Bald war die ganze Wohnung voll. Der Geburtstag war auch gleichzeitig ein Abschiedsfest von Katharina. Bettina und die anderen kannten das schon. „Das letzte Mal als Katharina in Afghanistan war, hat sie mir Sand in einer Flasche und einen Aufnäher mit meinem Namen in arabischen Schriftzügen mitgebracht. Außerdem schreibt sie immer Postkarten aus Afghanistan. Als Feldpost funktioniert in Afghanistan die deutschen Briefmarke von der Bundespost."

„Wie ist es denn unter Männern in einem Land wie Afghanistan zu sein, in dem nur Männer in der Öffentlichkeit auftreten?", fragte Ronalds neue Freundin Katharina. „Ich bin daran gewöhnt, in einer Männergesellschaft zu leben. Das ist in Berlin und Bonn auch nicht anders. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Kontakt mit Frauen habe, irgendwie fehlt mir da schon etwas. Als ich das letzte Mal in Afghanistan stationiert war, habe ich eine deutsche Polizistin kennen gelernt." Die deutsche Polizei und die internationalen Gruppen schickten auch immer wieder ihre Leute in das Krisengebiet, damit sie halfen, die afghanische Polizei aufzubauen. 4900 Soldaten der Bundeswehr waren dabei. Zu ihren Aufgaben gehörten viele unterschiedliche Dinge. Sie fuhren mit ihren Jeeps Patrouille, um für Sicherheit zu sorgen. Sie halfen aber auch bei alltäglichen Problemen. Auf einem Foto zeigte Katharina, wie sie einem Dorf einen Wassertank lieferten. „Frieden ist meiner Meinung nur militärisch zu schützen. Internationale Kräfte. Wir Deutschen haben ein merkwürdiges Verhältnis zu unserem Land und ganz besonders zur Bundeswehr. Es hat mich gereizt, gerade auch als Frau, bei der Truppe dabei zu sein. Ich habe den Eindruck, dass ich genau da gelandet bin, wo ich hin soll."

Eleanor Roosevelt in ImbachWhere stories live. Discover now