32. Wer bist du?

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Als wir im Auto sitzen spüre ich Aidens Blick auf mir und sehe unsicher zu ihm. Er lächelt mich an, streicht mit drei Fingern sacht über meine Wange und fährt die Konturen meines Kins entlang. „Du bist wunderschön.", ich spüre wie mir sofort die Röte ins Gesicht schießt und wende meinen Blick schnell ab. Aiden lacht leise neben mir, „Schäm dich doch nicht Honey, du bist nun mal eine wahre Schönheit. Steh dazu mein Engel.". Aus dem Augenwinkel sehe ich wie er leicht grinst und meine Wangen färben sich noch dunkler. „Danke.", krächze ich und lasse meinen Blick auf meine Hände sinken mit denen ich nervös auf meinem Schoß spiele. Aiden streicht sachte über meinen Oberschenkel, dann startet er den Wagen. „Hast du Hunger Babe?", fast wie auf Kommando knurrt mein Magen was Aiden zum schmunzeln bringt, „Ich nehme das mal als ein ja.", sagt er leicht lachend, seinen Blick weiterhin auf die Straße gerichtet. „Vielleicht ein bisschen,", murmle ich und spiele nervös mit meinen Fingern, „ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten.". Aiden schnaubt neben mir, ob vor Belustigung oder doch eher genervt kann ich nicht wirklich raus hören. „Ardy, erstens bekommst du alles was du willst mein Engel und zweitens darfst du mich ruhig duzen.", ich nicke und murmle ein leises okay. Ich bin unsicher wie ich damit umgehen soll, während meiner Ausbildung habe ich gelernt das ich kein Mensch mehr bin. Ich habe keine Rechte und auch keinen Anspruch auf eine angemessene Behandlung. Aber Aiden ist so anders, ich hab seine erste Aktion natürlich nicht vergessen und bin mir immer noch sicher das er ein klein bisschen gestört ist, trotzdem verhält er sich anders als ich mir meinen Master vorgestellt habe. Plötzlich schießt mir eine Frage in den Kopf. Ich weiß nicht woher sie kommt und ich bin mir ziemlich sicher das ich sie nicht stellen sollte, aber so sehr ich es auch versuche, die Frage bleibt in meinem Kopf hängen und vertreibt jeden anderen Gedanken. Schließlich halte ich es nicht mehr aus, die Worte schweben hin und her und mir wird schon fast etwas schwindlig. „Daddy?", meine Stimme ist heißer und für einen kurzen Moment hoffe ich das Aiden es gar nicht gehört hat. Diese Hoffnung wird zerschmettert als ich seine feste Stimme neben mir höre. „Ja mein Engel?", ich beiße mir auf die Lippe. Sollte ich die Frage wirklich stellen? Naja jetzt war es eh schon zu spät, Aiden würde immer wieder nach fragen. „Warum kann ich mich nicht an mein früheres Leben erinnern?", kaum habe ich die Frage ausgesprochen ist es auf einmal sehr still in dem Auto. Ich fühle mich unwohl und ich bereue es die Frage überhaupt gestellt zu haben. Nach einer ganzen Weile räuspert Aiden sich, „Dein Gedächtnis wurde gelöscht, aber du brauchst dich ja auch nicht an dein Leben zu erinnern Honey. Das ist jetzt dein Leben, ich bin jetzt dein Leben. Also was möchtest du essen Babe?". Ich schaue geschockt auf und richte meinen Blick auf Aiden, „Mein Gedächtnis wurde gelöscht? Aber wieso? Was habe ich...", „Schatz,", Aidens Stimme ist leicht genervt und lässt mich sofort verstummen, „es ist einfach so okay? Und jetzt ist gut.". „Aber-", „ARDIAN!", ich zucke zusammen als Aiden seine Stimme erhebt und seine Augen wütend funkeln, „Ich sagte es reicht jetzt! Und wenn ich dich noch einmal über dieses Thema sprechen höre bekommst du eine Bestrafung! Hast du das verstanden?", knurrt Aiden und ich senke meinen Blick. „Verstanden Sir.", murmle ich und kralle meine Finger in meine Handflächen bis ich einen dumpfen Schmerz spüre. „Sehr gut,", Aidens Stimme ist wieder hell und freundlich als wäre nie etwas gewesen, „dann fahren wir jetzt nach Hause und ich lasse uns etwas leckeres Kochen.".

Die restliche Autofahrt verlief schweigend, als wir zuhause ankommen sagt Aiden er müsse noch etwas für seine Arbeit erledigen. Er begibt sich also, nachdem er mir erlaubt hat mich im Haus umzusehen, in sein Arbeitszimmer. Ich dürfe in alle Zimmer und könne das Haus somit ausgiebig erkunden. Was ich jetzt auch tat.
Ich springe gerade auf einem Bein eine der unzähligen Treppen herunter als mir eine Tür auffällt die anders ist als die anderen. Alle Türen hier im Haus sind Weiß und sehen sehr neu aus. Einen Moment überlege ich dann fällt mir ein das nicht alle Türen so aussehen, eine sieht genau so aus wie diese. Nämlich die Tür zu Aidens Arbeitszimmer, das kann sie jedoch nicht sein denn sein Arbeitszimmer befindet sich im ersten und nicht im dritten Stock. Neugierig gehe ich auf die Tür zu, sie ist groß und sieht sehr alt aus. Kunstvolle Schnitzereien schmücken den alten Rahmen, die Tür ist breiter als eine Normale, sie ist wie eine große Salontür aus zwei Teilen zusammengesetzt. Langsam fahre ich mit den Fingern über die Goldenen Klinken, ob sie wohl offen ist? Wie von selbst drücke ich eine der beiden Kliniken, die Rechte, nach unten. Die Tür gleitet gerade zu lautlos auf und gibt den Blick auf unzählige Regale frei, in welchen sich ein Ordner an den nächsten reiht. Ich betrete den Raum und lasse meinen Blick über die Ordner gleiten, alle schwarz. Im vorbeigehen lese ich hier und da die Aufschrift einiger Ordner.
STEUERN.
FINANZEN.
VERTRÄGE.
Mein Blick wandert weiter.
FIRMEN.
GESCHÄFTSLEITUNG.
SCHULDEN.
Gerade als ich den Raum verlassen will erregt einer der Ordner meine Aufmerksamkeit. Er ist anders als die anderen, jemandem der nicht genau darauf geachtet hätte währe er wahrscheinlich gar nicht wirklich aufgefallen. Die Beschriftung dieses Ordners ist anders. Langsam gehe ich auf das Regal zu und lasse meine Finger über das Etikett streichen.
Projekt: Slated
Steht in geschwungner Schrift auf dem Etikett.
Salted. Gelöscht.
Einen Moment lang zögere ich, dann ziehe ich den Ordner Vorsichtig heraus. Ich sehe mich im Raum um und bemerke erst jetzt den großen Holztisch in der Mitte des Raumes. Ich gehe auf ihn zu und lege den Ordner darauf hab. Eine Weile betrachte ich ihn nur, schließlich schlage ich ihn auf. Einige Dokumente sind nicht eingeheftet und liegen lose oben auf dem Stapel drauf. Ich nehme sie zur Hand und blättere sie durch, eigentlich nichts interessantes. Ich will den Stapel zur Seite legen als mir ein Blatt auffällt, welches eine andere Farbe hat als die anderen. Es ist eher gelblich als weiß und als ich es aus dem Stapel hervorziehe liegt es schwer in meiner Hand. Ganz oben auf dem Blatt ist ein roter  Stempel.
TOP SECRET.
Wirklich sehr unauffällig. Ich lasse meinen Blick über das Blatt wandern und überfliege den Text.
Sehr geehrt Herr MacCarthy es ist mir eine Ehre Ihnen Mitteilen zu dürfen das unser Projekt kleine Fortschritte macht. Ich lasse ihnen die Ergebnisse zu kommen. Die Operationen laufen fast reibungslos und nach ein paar Rückschlägen haben wir nun einige Erfolge zu verzeichnen.
Auf ein baldiges Wiedersehen,
Professor L. Davis.
L. Davis? Irgendetwas an dem Namen kommt mir bekannt vor. Ich überlege eine Weile, aber es will mir einfach nicht einfallen. Mein Blick gleitet weiter nach unten und ich entdecke ein Foto von einem Jungen Mädchen. Ihre Augen sehen unfassbar traurig aus und ihre schwarzen Locken umrahmen ihr rundes Gesicht.
Wagner, Sina. 14
Steht unter dem Bild und einige Untersuchungsergebnisse sind darunter abgebildet. Ich runzle die Stirn als ich mir einzelnen, markierte Textstellen durchlese:

Sina zeigt keine Reaktion auf Anreden mit ihren Namen.

Sina kann Bilder ihrer Heimat nicht zuordnen.

Sina zeigt keinerlei Reaktionen auf Gegenstände ihres früheren Lebens.

Irgendwie klingt das alles so als wären genau diese Ergebnisse erwünscht gewesen. Als würden sie genau auf diese Reaktionen hinarbeiten. Mein Blick wandert weiter, überfliegt markierte stellen und ich versuche zu verstehen was das alles soll. Bei der letzten Markierten Stelle stockt mein Atem:

Sina kann sich laut eingehenden Untersuchungen nicht an ihr früheres Leben erinnern . In Folge dieses Erfolges wird sie nun als Mareike Sander entlassen.
Das Slaten war Erfolgreich.

Sie haben ihr Leben einfach aus ihrem Kopf verbannt. Sie haben ihre Erinnerungen geklaut, ihre Persönlichkeit vernichtet.
Slated.
Gelöscht.
Sie haben ihr Leben gelöscht und ihr einfach ein neues gegeben. Auf einmal schießen mir Aidens Worte wieder in den Kopf.
„Dein Gedächtnis wurde gelöscht..."
Hektisch blättert ich die Akten durch. Ich finde noch einige 'Objekte', wie sie in den Akten genannt werden, aber mich finde ich nicht. Wenn das alles stimmt was hier steht, wenn sie das wirklich mit mir gemacht haben. Dann stimmt das nicht was in meiner Akte stand, dann war das alles erfunden. Das würde bedeuten das meine Eltern mich vielleicht doch vermissen, das ich eine Familie habe, das ich nicht der bin für den ich mich halte.
Aber wenn ich nicht Ardian Bora bin, wer bin ich dann?
Ich schau auf die Tischplatte in welcher ich mich spiegle, grau-grüne Augen starren mich an. Einen Moment lang betrachte ich den Jungen auf dem Tisch, dann murmle ich leise, „Wer bist du?"

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So Freunde der Sonne und des Mondes, eigentlich sollte ich schlafen weil ich Morgen eine wichtige Prüfung schreibe und mich ausschlafen sollte. Da ich aber zu aufgeregt bin dachte ich, ich schreib das Kapitel noch zu Ende. Wenn die meisten von euch das hier lesen sitze ich wahrscheinlich gerade vor meinen Prüfungsaufgaben und verzweifle, also immer schön lernen. ;)

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