Kapitel 13

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PoV Levi
Schon in der ersten Nacht fing es an. Ich war noch wach, hatte meine Tür nur angelehnt und hörte Eren schreien. Sofort sprang ich auf, lief zu seinem Zimmer schaltete die Nachttischlampe an und sah Eren völlig verschwitzt und panisch im Bett liegen. Noch immer schlief er. Er krallte sich in seine schweißnassen Haare, krümmte seinen Rücken und schrie.

Ich griff mir seine Handgelenke, fixierte sie mit ein wenig Kraftaufwand neben ihm. Noch immer hatte er seine Augen geschlossen und zappelte. „Eren!", rief ich laut und mit einem lauten Aufatmen wachte er auf, fuhr hoch und saß nun hektisch atmend vor mir. Nur wenige Zentimeter trennten unsere Gesichter. Doch das ignorierte ich.

„Ganz ruhig. Atmen, Eren." Mit einem Mal weiteten sich seine Augen und er machte ein Würgegeräusch. Ich ließ seine Handgelenke los, griff nach dem Mülleimer neben dem Bett und hielt ihn gerade noch rechtzeitig unter Erens Nase.

Er würgte und kotzte sich die Seele aus dem Leib, griff dabei nach meiner Hand und drückte sie fest. Und als er schließlich fertig und am Ende seiner Kräfte war, fing er an zu weinen. Die Stirn auf den Rand vom Eimer gelegt heulte er in sein Erbrochenes, hielt immer noch meine Hand und schluchzte laut. Langsam nahm ich ihm den Eimer aus den Beinen und stellte ihn auf den Boden, rutschte näher an ihn heran und nahm ihn in den Arm.

Die ersten 3 Tage waren immer die Schlimmsten. Man hatte das Gefühl, dass es niemals besser werden würde, dass man umsonst so leiden würde. Man fühlte sich nutzlos.

Eren drückte sich an mich, schluchzte noch immer. Die Mischung aus Rotze, Tränen und Erbrochenem an meiner Schulter war nicht unbedingt angenehm, aber erträglich. Erwin und Hanji mussten bei mir viel Schlimmeres ertragen. Da kam ich mit ein bisschen Kotze schon klar.

„Tut mir leid.", immer wieder murmelte Eren das, während sein hektisches Atmen wieder etwas flacher wurde und ich seinen Rücken zu streicheln anfing. „Tut mir leid."

„Hör auf dich zu entschuldigen. Es ist alles gut."

Es dauerte etwas um ihn davon zu überzeugen aber nach etwa 45 Minuten hatte der Brünette aufgehört zu weinen und löste sich von mir. „Kann ich duschen gehen?" Ich nickte half ihm auf und zog ihn an der Hand, die noch immer die meine hielt, ins Bad, wo ich ihm Handtücher gab.

Während Eren duschte, beseitigte ich den Inhalt des Eimers und desinfizierte ihn, ehe ich in Erens Zimmer das Fenster öffnete und das nass geschwitzte Laken bezog.

Erwin würde wahrscheinlich einen Witz darüber machen, dass ich in dieser Situation aufräumen würde, doch aus eigener Erfahrung konnte ich sagen, dass es wirklich half, wenn man das nicht auch noch selber machen musste.

Nachdem ich das Bett wieder gemacht hatte, nahm ich Rhea, welche ins Zimmer gelaufen war, auf den Arm, streichelte sie ein wenig und wartete in der Küche auf Eren. Ich kippte das Fenster, ließ die schwarze Katze zu ihrem Essen und zündete mir eine Zigarette an. Eigentlich wollte ich aufhören, doch die Dinger waren halt ein guter Stresskiller. Und so ruhig ich in der Situation auch geblieben war, stressig war es auf jeden Fall.

Als ich hörte, wie die Badezimmertür geöffnet wurde sah ich kurz in den Flur, Eren lief mit einem Handtuch um die Hüften in sein Zimmer. Dabei entging mir nicht, wie dünn er wirklich war. Er sah aus, als hätte er seit Wochen nichts gegessen. Ich drehte mich wieder zum Fenster, sah in die Nacht und lehnte meinen Kopf an die kühle Scheibe. Den Fleck, der dadurch entstand, würde ich später wegmachen.

„Danke.", hörte ich es und Eren trat neben mich. Er hatte ein weites T-Shirt und eine Jogginghose an. „Hast- hast du noch eine?", fragte er und deutete auf den glühenden Stummel in meinem Mund. Ich schob ihm die Packung und das Feuerzeug zu und er zündete sich mit zitternden Händen eine Zigarette an. Das schien ziemlich schnell zu wirken, denn schon nach dem dritten Zug hörte er auf zu zittern. „Bist du okay?", fragte ich und drückte meine Kippe im Aschenbecher aus.

„Ich weiß nicht. Denke schon."

„Meinst du, dass wieder schlafen kannst?" Er zuckte mit den Schultern. „Jetzt gerade würde ich das schon hinbekommen, aber ich weiß halt nicht wie lange das anhalten wird.", er begann wieder ein wenig zu zittern, weshalb ich seine Wange in meine Hand nahm und seinen Kopf zu mir drehte. „Entspann' dich." Der Größere sah mir in die Augen, ich nahm langsam meine Hand weg und dennoch blieb der Augenkontakt bestehen.

Er hatte wirklich schöne Augen. „Die ersten 3 Nächte werden schlimm. Lass es einfach zu, versuch nicht extra wach zu bleiben, damit du diese Alpträume und Attacken nicht mehr bekommst, sie werden so oder so kommen. Also tu dir selber einen Gefallen und schlaf ein bisschen.", damit drehte ich mich wieder zum Fenster, sah den vollen Mond an und ließ es einfach auf mich wirken.

Eren nahm einen letzten Zug, drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und fuhr sich durch die nassen Haare. „Ist es okay, wenn ich ein bisschen Gitarre spiele? Oder ist dir das zu laut?"

„Mach ruhig." Seine Gitarre hatte er zusammen mit den Klamotten irgendwie in seine Tasche gestopft bekommen. Eine wahre Kunst um ehrlich zu sein. Nicht die Gitarre - die Fähigkeit das alles zu verstauen. „Danke."

Damit drehte er sich um und verließ die Küche. Nur kurze Zeit später hörte ich leise Musik aus seinem Zimmer. Ich entfernte noch schnell den Fleck, ging nochmal pinkeln und legte mich dann zu Rhea ins Bett und schaltete den Fernseher an.

Doch kaum war er an, schaltete ich ihn wieder aus, öffnete meine Tür einen Spalt und hörte lieber Erens Gespiele zu.

Let me save your life [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt