Kapitel 29

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PoV Eren
Die ersten 3 Tage waren nervig. Sie waren jedoch nicht so schlimm, wie ich es erwartet hatte. Ich hatte mich nicht einmal übergeben und die Alpträume waren auch nicht so schlimm. Thomas meinte, dass es daran liegen könnte, dass ich bereits einen Entzug gestartet hatte. Mein Arzt war der selben Meinung. Fest stand jedoch, dass ich hier schnell raus durfte.

Die Therapiestunden waren nicht unbedingt hilfreich. Ich hatte viel über Levis und meine Beziehung geredet. Wie ich über ihn dachte und wie wichtig mir seine Meinung war. Ihm jedoch sagte ich das nicht. Fand ich zu aufdringlich. Wir telefonierten jeden Abend. Thomas machte schon Witze darüber, dass er uns für den Telefonsex alleine lassen würde. Doch natürlich kam es nicht so weit.

Levi war durchaus attraktiv - was rede ich? Er war heiß. Verdammt heiß. Aber ich hatte einfach keine Lust auf Sex. Nicht mit ihm, nicht mit irgendwem anders. Ich hatte nicht mal Lust mir einen runterzuholen. Ich hatte gelesen, dass Drogenkonsum die Potenz verringern kann. Thomas meinte, ich solle mir nicht so viele Gedanken dazu machen und es einfach auf mich zukommen lassen. "Je mehr du darüber nachdenkst, desto schlimmer wird es." hatte er gesagt. Und er hatte auch Recht. Levi sagte das auch. Jedoch zum Heroin, nicht zum Sex. Davon wusste er nichts.

Armin erzählte mir derweil von den Gruppensitzungen. Von dem einem Mal, an dem Levi sich ein wenig öffnen musste, damit Ymir Ruhe geben würde. Davon, dass die Laune des Schwarzhaarigen deutlich besser war und Armin sich nicht mehr ganz so sehr vor seinem Blick fürchtete. Und ich konnte ihn verstehen. Levi konnte wirklich angsteinflößend sein. Vor allem, wenn er genervt war.

Mikasa und Mama hatten mich zwischendurch angerufen, hatten gesagt, dass Levi mich von hier abholen würde, damit wir ein wenig Zeit für uns hätten.

Und so kam der Tag. Der Tag meiner Entlassung. Die letzte Woche ging schnell vorbei, ich fühlte mich - entgegen meiner Erwartungen - wirklich gut. Energiegeladen. Etwas, was ich ewig nicht mehr gefühlt hatte. Seit einer Woche hatte ich nicht mehr wirklich drüber nachgedacht mir etwas zu holen. Habe meiner Mutter sogar gesagt, wo ich meinen Rest versteckt hatte und sie gefragt, ob sie das, was noch übrig war, entsorgen würde. Ich war seit langem wieder komplett glücklich. Ich fühlte mich nicht mehr wie ein Loser. Fühlte mich nicht mehr wie ein Versager, der nichts auf Reihe bekam und deswegen eine - ziemlich dumme - Ablenkung suchen musste.

Die Tasche gepackt saß ich bei Bozado und besprach mit ihm die letzten Schritte. Ich solle mich einmal in der Woche bei ihm melden. Zwei Monate lang. Mein Therapeut sollte ihm alle zwei Wochen einen kurzen Bericht über mein Wohlbefinden schicken. Herr Ackermann, wie er sagte, war damit wohl sofort einverstanden gewesen. Das hieß er hatte mit ihm telefoniert, wusste von ihm. Doch wie viel wusste er? „Gibt es noch etwas, was du los werden möchtest?", fragte er noch und lächelte mich freundlich an.

Eigentlich war dies die perfekte Gelegenheit ihm nach meinem kleinen Potenzproblem zu fragen. In circa 10 Minuten wäre Levi hier, würde mich abholen. Jegliche Peinlichkeit mit Doktor Bozado wäre irrelevant. „Ähm", begann ich und merkte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss „ich kriege seit einiger Zeit keinen mehr hoch.", sprach ich es dann einfach aus und blickte beschämt zur Seite.

Bozado lachte nur leise auf. „Wie lange schon?" - „Weiß nicht so genau. Vielleicht 6 oder 7 Monate." Er nickte. „Gab es in dieser Zeit denn Grund für eine Erregung? Eine Beziehung oder etwas in der Art?" Verlegen schüttelte ich den Kopf. „Dann klingt das für mich erstmal noch normal. Sieh Eren, dein Körper war fast ein ganzes Jahr daran gewöhnt stimuliert zu sein, nicht im Sexuellen, sondern im Allgemeinen. Es könnte etwas dauern, bis deine Libido wieder kommt, aber das ist kein Grund zur Beunruhigung. Sorgen würde ich mir in einem Jahr machen." - „Ein Jahr?!", entgeistert sah ich ihn an. Hieß das, dass ich jetzt ein Jahr so leben müsste?

Wieder lachte er leicht. „Im Normalfall kommt das Verlangen nach Sex nach dem ersten Monat ohne Drogenkonsum wieder." Erleichtert sah ich ihn an. Einen Monat. Das würde ich aushalten. Ein Jahr wäre glaube ich etwas anderes. Jedenfalls, wenn sich das mit Levi in die Richtung entwickeln würde, die ich mir erhoffte.

Gerade in den letzten Tagen sind wir uns mental sehr nah gekommen. Er hatte mir viel über sich erzählt, vieles aus der Zeit, als er selber so abgestürzt war. Vieles aus der Zeit als seine Mutter und seine Freunde starben. Über den seelischen Beistand von Hanji und diesem Erwin und wie wichtig ihm die beiden waren. Ich hatte nicht eine solche Verbindung zu jemandem. Die Freunde, die ich hatte, haben mich erst in diese Situation gebracht. Sie waren nicht Schuld daran, dass ich angefangen habe Heroin zu nehmen, sie haben mich aber auch nicht abgehalten. Beschissene Freunde, so hatte Levi sie genannt.

Zurück in der Gegenwart verabschiedete ich mich dankbar von Bozado und ging mit zitternden Knien in die Eingangshalle, durch die automatische Glastür, hinaus auf den Parkplatz. Sofort sah ich den schwarzen Jeep, welcher unter einem großen Baum parkte. Als Levi, welcher am Kofferraum lehnte, mich sah, verwandelte sich seine kalte Miene in ein warmes Lächeln und sofort kam er auf mich zu.

Wie in einem dieser kitschigen Liebesfilmen liefen wir aufeinander zu, fielen uns in die Arme und ließen uns eine Ewigkeit nicht mehr los. Ich hatte ihn so vermisst. Selbst wenn wir uns täglich gesprochen hatten, nichts war mit wirklichem Körperkontakt zu vergleichen. FaceTime war keine richtige Konversation, in der man sich ansah. Es war immer ein Bildschirm dazwischen. Doch nun, nun war er hier. Hatte mich im Arm, sein Gesicht an meine Brust gedrückt. Ich legte mein Kinn auf seinen schwarzen Haaren ab, schloss die Augen. „Ich hab dich vermisst.", brachte er es dann leise hervor und löste sich leicht von mir. „Ich dich auch." - „Komm.", damit nahm er meine Hand, zog mich zu seinem Auto, öffnete den Kofferraum und ich legte meine Tasche hinein. Neben einen Koffer und eine Akustikgitarre - meine Akustikgitarre.

„Deine Mutter hat ein paar Sachen für dich gepackt.", erklärte Levi und schob mich zum Beifahrerplatz, öffnete mir die Tür und ich setzte mich hinein. Gerade wollte er die schwarze Tür wieder schließen, da stoppte er sich selber, sah sich um und als er feststellte, dass uns niemand ansah, beugte er sich zu mir nach vorn, legte seine Lippen auf meine und grinste leicht, als ich begann den Kuss zu erwidern.

Auch wenn wir uns noch nicht oft geküsst hatten, hatte ich es vermisst. Ich hatte ihn vermisst. Alles an ihm.

Let me save your life [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt