Kapitel 28

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PoV Eren
Die Klinik war mir unheimlich. Nicht wegen irgendwelchen Geistergeschichten oder verrückten Ärzten. Ich fühlte mich einfach nicht wohl. Keine Ahnung, wie ich es hier aushalten sollte. Auch wenn es nur für eineinhalb Wochen war. Es war nicht, was ich wollte.

Die Frau am Empfang war nett, hatte mich freundlich aufgenommen und mir das Grundlegende erklärt. Den Ablauf des Entzugs. Die Regeln. Hatte mich auf mein Zimmer gebracht und mich dann meinem Schicksal überlassen. Später würde ein Arzt kommen und mich offiziell Willkommen heißen, hatte sie gesagt. Doch das war mir egal.

In dem Zimmer war ich nicht alleine. Ein anderer Typ in meinem Alter saß auf seinem Bett, musterte mich und zog sich schließlich die Kopfhörer runter. „Neu hier oder verlegt worden?" - „Neu.", entgegnete ich so kalt, wie er es tat und legte meine Tasche auf das mir zugewiesene Bett.

„Also Neuer, hast du einen Namen?", fragte er und ich sah zu dem Plastikarmband, welches ich angelegt bekommen habe. Darauf ein Aufkleber mit meinem Namen und der Zimmernummer. Falls ich einen Anfall bekommen würde und nicht fähig wäre zu reden, hatte die Frau mir erklärt. „Eren.", erklärte ich kurz und setzte mich ebenfalls auf das Bett. „Du?" - „Thomas." Ich nickte nur. Er hatte blonde Haare, blaue Augen. „Wieso bist du hier?", fragte er und sofort kam mir Levi in den Sinn, der Ymir tadelnd ansah, als sie mich das fragte. „Shore. Du?" - „Ich auch. Hab den kalten Entzug seit einer Woche hinter mir und soll jetzt auf dich aufpassen."

Ich nickte, entschuldigte mich bereits für die kommenden Panikattacken und Kotzerein. „Wie lange musst du noch bleiben?", fragte ich irgendwann und er zuckte mit den Schultern. „Die haben noch keinen Therapeuten für mich gefunden. Und zu 'ner Gruppentherapie gehe ich nicht. Ist Schwachsinn." Er merkte, dass ich Widerworte geben wollte und hob eine Augenbraue. „Oder nicht?"

„Ich war zwar nicht oft da, weil ich ziemlich schnell im ersten Entzug gelandet war, aber manche von ihnen sind da schon seit Jahren." - „Also bringt es nichts. Ich will in 10 Jahren nicht immer noch zu meinem Therapeuten rennen müssen."

Meine Antwort war nur ein Schulterzucken. Ich wusste nicht, was für Erfahrungen er mit Therapie gemacht hatte. Aber mir war von Anfang an klar, dass eine erfolgreiche Therapie tief gehend und ausführlich war. In ein paar Sitzungen über Probleme und schlechte Tage zu reden brachte nicht viel. Jedenfalls nicht lange.

„Dir gehört der Schrank da, pack lieber aus, die Leiter mögen es nicht, wenns unordentlich ist.", damit zeigte er auf den leeren Schrank neben der Tür, setzte seine Kopfhörer wieder auf und ließ sich nach hinten fallen.
Genoss die Musik.

Ich hingegen schrieb Levi und Armin, dass mein Zimmergenosse ein wenig seltsam war und begann meine Sachen in den Schrank zu räumen. Das Zimmer war relativ groß, neben den zwei Betten und Schränken waren noch ein Tisch und ein Bücherregal hier drinnen. Auf den Büchern lag zwar eine dicke Staubschicht aber immerhin waren sie da.

Gegen 17 Uhr kam eine junge Frau ins Zimmer, lächelte mich freundlich an und bat mich ihr zu folgen. Da sie einen Kittel und ein Namensschild trug, dachte ich mir nichts dabei und folgte der Blondine. „Warte hier, dein Arzt kommt gleich. Dann wirst du gewogen, gemessen, dir wird ein bisschen Blut abgenommen und", sie stoppte und holte einen Becher aus ihrer Kitteltasche „hier musst du einmal rein pinkeln. Wenn du fertig bist einfach hier auf die Ablage stellen. Das Bad ist da hinter der Tür. Wenn was ist bin ich im Zimmer gegenüber.", damit verließ sie den Untersuchungsraum und ließ mich mit dem durchsichtigen Becher in der Hand stehen.

Na toll.

Seufzend verzog ich mich in das kleine Bad, füllte den Becher, verschloss ihn sorgsam, wusch mir die Hände und ging zurück, wo bereits ein Mann Mitte 30 saß und mich ebenso freundlich, wie die Blondine eben, ansah.

„Eren richtig?" Ich nickte, stellte den Becher auf die Ablage, die mir gezeigt wurde ich setzte mich ebenfalls an den Tisch. „Bozado.", stellte er sich vor und reichte mir die Hand. Gezwungenermaßen schüttelte ich diese. „Am Besten fangen wir direkt an.", damit schlug er das erste Blatt an seinem Klemmbrett um und klickte seinen Kugelschreiber.

„Name und Geburtsdatum haben wir schon. Weißt du deine Blutgruppe?" - „AB negativ."

„Weswegen bist du hier?" Unbeeindruckt sah ich ihn an. „Ich denke, dass wissen Sie." - „Ich würde es aber gerne von dir hören." Ich seufzte genervt und begann zu erzählen. „Ich hab mit ein paar Freunden Heroin genommen, bin dann in meinen ersten Entzug, den ich abbrechen musste und hab dann wieder was genommen." - „Wieder Heroin?" Ich nickte.

„Und den Entzug abgebrochen hast weshalb?", beim Schreiben biss er sich leicht auf die Zunge. „Persönliche Differenzen.", zitierte ich Levi. Er nickte.

„Okay. Wann hast du das letzte Mal was genommen?" - „Gestern morgen.", antwortete ich  und hielt automatisch meine Armbeuge zu. Ich hatte Levis T-Shirt an, darüber eine Strickjacke. Doch mir war, als würde der Mann vor mir durch den Ärmel hindurchsehen können. „Bis dato irgendwelche Entzugserscheinungen?"

„Ich hab Kopfschmerzen. Kann aber auch an was anderem liegen." Wieder nickte er und notierte sich etwas. „Kein Schwindelgefühl oder Übelkeit?" - „Nein."

Die Fragerei ging noch ein wenig so weiter, bis er mich schließlich bat mich bis auf die Unterwäsche auszuziehen, damit er die Untersuchungen anfangen könne. Ich tat widerwillig wie mir befohlen, hielt meine Arme vor meinen entblößten Oberkörper und stellte mich auf die Wage. 61,5 Kilo. Wirklich viel war das nicht. Immerhin war ich über 1,80 groß.

Er nahm mir wie angekündigt noch Blut ab, achtete dabei darauf, dass er nicht eines meiner eigenen Einstichlöcher traf, sagte jedoch nichts zu ihnen. Schließlich nahm er noch meine Maße.

Während ich mich wieder anziehen durfte, trug er alles in eine Tabelle an seinem Computer ein und sprach dabei mit mir. Smalltalk oder sowas. „Hast du eine Freundin?" - „Nein."

„Einen Freund?" - „Nein.", irgendwo tat es weh, das zu sagen, doch Levi und ich waren nicht zusammen. Ja wir hatten Gefühle für einander und uns geküsst, aber diese Art von Konversation hatten wir bisher nicht geführt. Und ehrlich gesagt, hatte ich Angst davor.

„Geschwister?" - „Eine Adoptivschwester."

„Du bist sehr wortkarg.", grinste er und drehte sich zu mir. „Hab halt nicht viel zu sagen." Er nickte. „In den nächsten Tagen werde ich mich um dich kümmern, du wirst allerdings auch die Einzeltherapie durchmachen müssen. Und sobald wir sehen, dass der Entzug gewirkt hast, darfst du wieder gehen. Deine Mutter hatte schon deinen Therapeuten angegeben."

Hatte sie das? „Welchen denn? Ich hab zwei.", war ja nicht mal gelogen. Hanji war auch Therapeutin. „Ackermann?" Ich nickte und unterdrückte ein Lächeln. Auch wenn meine Mutter oft Überreaktion zeigte und sich manchmal zu sehr anstrengte, wusste sie immer genau, was sie da tat und wie sie mir wirklich helfen konnte. Und durch diese kleine Sache tat sie es.

Let me save your life [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt