Kapitel 26

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PoV Eren
Das Erste, was zu mir durch drang war ein gleichmäßiges Piepen. Im Sekundentakt piepte es. Es war nervtötend. Nichts anderes zu hören, nichts zu sehen. Nichts zu fühlen. Es war als würde ich schweben, im Nichts.
Doch das hielt nicht lange an, denn dieses Nichts wurde nach und nach immer heller. Aus der schwarzen Leere wurde grelles weißes Licht. Und aus dem Licht vereinzelte Bilder. Mikasa, wie sie neben mir am Bett saß, meine Hand hielt. Mama, sie sie hinter Mikasa stand. Eine Hand auf ihrer Schulter, die andere vor ihrem Mund. Als würde sie versuchen jegliche Geräusche, die sie von sich geben könnte zu unterdrücken.

Mein Blick wanderte weiter durch den hellen Raum - schon wieder ein Krankenhauszimmer.
Niemand anderes war hier, nur Mama und Mikasa. Ich hatte ihn mir also doch eingebildet. Schon wieder. Schon wieder hatte ich eine Halluzination von ihm. Schon wieder war es nicht real. Schon wieder war ich alleine.

„Eren?", murmelte Mikasa leise und drückte meine Hand. Ihr Gesicht wirkte aufgequollen, als hätte sie seit einer Ewigkeit geweint. Mama sah nicht besser aus. Ich drehte meinen Kopf zu ihnen, sah sie schuldig an. Ich wusste, dass ich sie erneut enttäuscht hatte, dass ich erneut versagt hatte.

Nach hundertfachem Fragen, ob es mir denn auch wirklich gut ginge, holten die beiden einen Arzt. „Ich werde in den nächsten fünf Minuten schon nichts Dummes anstellen.", hatte ich gesagt und endlich verschwanden sie.
Mühselig richtete ich mich auf. Hatte einen Schlauch im Arm, der höllisch zog. Hing an einem dieser Geräte. Das war also dieses Piepen.

Mein Blick fiel zum Fenster. Es war stockdunkel. Wahrscheinlich mitten in der Nacht. Der Himmel war zwar sternenklar, doch einen Mond konnte ich nicht sehen. So wie in der Nacht, als Levi und ich zum Strand gefahren waren. Als wir uns geküsst hatten. Als er meine Hand gehalten hatte. Als ich ihm das Herz brach. Was er wohl gerade machte? Ob er schlafen konnte? Oder ob er wieder eine Panikattacke hatte? Er meinte, dass ihm das fast täglich passierte. Das Knarren der Tür holte mich zurück in die Realität.

Zu erst sah ich die schwarzen Haare. Wahrscheinlich Mikasa. Doch die Größe kam nicht hin. Dann Mama. Doch der Körperbau war falsch.

Ich dachte ich wäre nüchtern. Scheinbar nicht. Scheinbar war es immer noch nicht vorbei. „Du bist wach.", murmelte er leise. Wirkte schockiert. Verwundert. Doch hatte wie immer diese kalte Miene drauf. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, im Krankenwagen, da war es nicht so. Er hatte Emotionen, hatte geweint. Und für einen kurzen Moment hatte ich mir eingebildet er wäre wirklich da. Doch das war eine Lüge, er würde nicht zu mir kommen. Mich nicht nochmal retten. Das war ich nicht wert.

„Eren?", Unsicherheit war in seiner Stimme zu hören. Doch ich wollte nicht wieder drauf rein fallen. „Spar dir das.", zischte ich und rutschte ein wenig von ihm weg, als er sich neben mein Bett setzte. „Ich kann verstehen, dass du sauer auf mich bist. Ich hab echt Scheiße gebaut. Ich hätte dich nicht gehen lassen sollen." - „Du hättest nicht wieder kommen sollen. Also hau endlich ab. Ich will dich nicht mehr sehen."

Schweigen. Stille. Unerträgliche Stille. „Du bist eh nicht real. Warum versuch ich's eigentlich?", eher eine Frage an mich selber, doch Levi beantwortete sie. „Ich bin real, Eren. Ich bin wirklich hier." - „Klar. Wir wissen beide, dass sich der echte Levi besser nicht mehr für mich interessierte. Es wäre dumm von ihm her zu kommen."

„Dann bin ich wohl sehr dumm. Ich bin auf jeden Fall dumm. Ich hab dich weggeschickt, habe dich gehen lassen. Habe mich vor dir verschlossen und das war dumm. Das war verdammt dumm.", murmelte er und ich drehte meinen Kopf wieder zu ihm. Die Kälte in seinem Gesicht war verschwunden. Das war der Levi, den ich im Krankenwagen gesehen hatte. Der Levi, den ich in meinem Zimmer gesehen hatte. „Bist du wirklich hier?", misstrauisch sah ich ihn an. Starrte ihm in die blaugrauen Augen, versuchte sie zu lesen. Doch es scheiterte. Es war Levi. Niemand konnte ihn lesen.

Let me save your life [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt