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Pia

Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete ich das Bild, welches sich mir bot. Eine kopflose Leiche lag vor mir auf den Boden und eine alles andere als unscheinbare Blutspur führte zu einer weiteren, die Straße runter. Ich schüttelte den Kopf.

Seit ich, Pia, von Rabbit "geweckt" worden war, drangen Gefühle nur noch sehr schwach und gedämpft zu mir durch. Es war wie als ob ich vor einer Scheibe stehen würde und alles nur gedämpft und als unbeteiligter Zuschauer mit ansehen würde, weil etwas anderes für mich entschied. Rabbit.

Manchmal tauchte ich näher an die Oberfläche auf konnte mitentscheiden, Rabbit zügeln... doch das wurde immer seltener.

Emotionslos betrachtete ich die Leiche. Erst jetzt drang langsam und träge ein leichtes Gefühl des Bedauerns zu mir durch, aber viel abgeschwächter als noch vor einem Jahr. Nein, momentan konnte das ich in mir nur erkennen, was für eine unmenschliche Sauerei das hier war und das ich wieder der Depp sein würde, der es aufräumte.

"Dein scheiß ernst?" Ich drehte mich zu dem blonden Jungen um der für das Gemetzel verantwortlich war. Mike hockte mit angezogenen Knien vor dem Haufen seiner Errungenschaften, um ihn herum lagen sieben weitere Helme.

Ertappt sah Mike zu mir auf. "Sie wollten meine Helme." sagte er mit seiner hellen, kratzigen Stimme, dann hob er einen der neuen Helme auf und leckte ihn ab. Ich wandte mich ab und realisierte nur am Rande, wie eklig ich das früher gefunden hätte.

Ich hatte gewusst, dass so etwas passieren würde, allerdings hatte ich das Portal an einer ganz anderen Stelle vermutet gehabt. Und so war es gekommen, wie es kommen musste und Mike hatte... meinen Job übernommen.

Selber Schuld. flüsterte Rabbit in meinem Kopf.
Es ist nur recht und billig dass sie starben, da sie doch mit einem Messer zu einem Pistolen Duell gekommen waren.

Seit wir uns meinen Körper teilten war Rabbit gesprächiger geworden, fast so als ob sie sich zu einer zweite Persönlichkeit von mir in mir entwickelt hätte, eine die auch ohne Einflüsterungen, Gefühlen und Bedürfnissen kommunizieren konnte. Bedürfnisse und Gefühle die so schnell aufkamen und abebbten wie Wellen am Strand, oder so hartnäckig waren wie diese eine nervige Mücke nachts in deinem Zimmer, die du nicht erwischen kannst. Nur eines hatten all diese "Ideen" gemeinsam: Sie entsprachen keiner Logik und waren vollkommen willkürlich.

Trotzdem hielt es sie aber nicht davon ab es immer noch zu tun. Auch früher hatte sie mit mir in meinem Kopf so kommuniziert, nur zehntausend Mal abgeschwächter. Wie durch diese dicke, durchsichtige Wand hinter der ich jetzt die meiste Zeit über verweile, hatte sie mir ihre Ideen zugeflüstert.

Standet ihr mal auf einer Brücke, habt herunter geschaut und hatten das Bedürfnis euer Handy fallen zu lassen? Jap, das ist euer Es tief in euch drinnen, so wie bei mir Rabbit. Kleine Ticks die ihr ohne Logik und Verstand immer wieder macht? Auch das ist sie. Aber anders als ich habt ihr nicht das Problem in der Welt dieses Es gefangen zu sein, zusammen mit vielen anderen Es und Spirituellen Wesen. Nein, ihr habt noch diese dicke, durchsichtige Wand zwischen euch und eurem Es, die verhindert, dass das Es euer komplettes Leben übernimmt.

"Wohl eher kamen sie mit einer Pistole zu einer Messerstecherei. Dabei hatte ich ihnen damals sogar gesagt, dass das nichts bringt." Rabbit kicherte.

Wie wahr, wie wahr.

Seit wir uns verbunden hatten, hatten wir viel gelesen, denn auch wenn Rabbit meistens vorne weg war, so langweilte ich mich doch oft, denn auch meinem schlafenden Bewusstsein wurde langweilig wenn ich wacher wurde. Und da sich die Schulbücherei auch in dieser Dimension befand, hatten Rabbit und ich eine neue Lieblingsbeschäftigung gefunden, woraus Rabbit so einiges an Vokabular mitgehen lies.

Dimension 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt