Wütend schrien wir auf und traten gegen eine brüchige Wand, die bei dem Aufprall in sich zusammensackte.
Wie hatte das passieren können, wie, wie, wie, wie?!? Unsere Augen leuchteten, unser Blut kochte und mit einer ausholenden Bewegung schleuderten wir die kleine Phiole mit unserem Blut auf dem schwarzen Boden der anderen Dimension.
Und doch war es nicht vollständig. Mein Blut war nicht vollständig, etwas fehlte, etwas Entscheidendes. Die Macht die das Portal öffnete, dieser kleine Hauch der Verbindenden Energie war verschwunden.
Nur noch der Nachhall ging von den zersplitterten Fläschchen aus, dass zu meinen Füßen lag. Wieder schrien wir auf und kickten die kleinen Splitter weg, dann sanken wir mit über dem Kopf zusammengeschlagenen Armen auf den Boden zusammen.
Es war nicht da, nicht da, nicht da. Doch wo war es? Wo war die Essenz, wo war das Portal? Warum hatten mich die Rufe zu meinem Blut geführt, mein nutzloses Blut ohne die Essenz?!? Zitternd atmeten wir durch und mit bebenden Gliedern starrte ich auf meine zu Krallen verkrampften Hände.
Meine rechte Hand und der gesamte Arm waren immer noch schwarz wie die Nacht, und alle zehn Finger leuchteten in einem blassen hellblau. Das Portal war in mir, aber ein Teil fehlte immer noch. Wie hatten sie es geschafft mein Blut und die Essenz zu trennen? Warum hatte die Kraft des Portals mich zu meinem Blut gerufen und nicht zu sich selber?
Wo ist es?
Zischte Rabbit in mir und ihr Kopf zuckte unkontrolliert von einer Seite zur Anderen. Ich biss die Zähne zusammen. „Ich weiß es nicht." Flüsterte ich mit weit aufgerissenen Augen.Schritte hinter mir ließen uns mit gefletschten Zähnen herumfahren, als Amy mich unberührt aus ihren kalten Augen anstarrte und mir wortlos einen kleinen, zusammengefalteten Zettel hinhielt.
„Was ist das?" fauchten wir mit unserer kratzenden Stimme die wie Schmirgelpapier über die Haut glitt. Amys Augen flatterten, dann ließ sie den Zettel wortlos fallen. Leise flatterte er zu Boden.
„Deine Freunde." Ein Geräusch das wie eine Mischung aus Fauchen und Knurren klang, entglitt meiner Kehle, ein unmenschliches Geräusch.
„Sie sind nicht meine Freunde!" Spuckten wir in derselben Tonlage aus und funkelten sie an, während das Pulsieren in meinen Fingerspitzen stärker wurde.„Oh." Sagte Amy nur und wandte sich von uns ab. Mit flackerndem Blick starrten wir auf den weißen Zettel zu unseren Füßen herab. Was mochte das sein? Vorsichtig ging ich in die Knie und streckte mit zur Seite gelegte Kopf die Hand nach dem glatten Papier aus, als meine Hand von Rabbit zurück gerissen wurde.
„Nein!" Kreischte sie durch meinen Mund und hieb ihre langen Klauen in meine Haut.
Keuchend brach ich auf den Boden zusammen und starrte auf meine schwarze Haut, auf der sich helle Kratzspuren abzeichneten.
„Sie gehören mir!"Zischte Rabbit hervor und verdrehte meine Augen nach hinten.
„Du hattest deine Chance, und es hat nichts gebracht. Ich werde gehen und sie jagen, sie ausweiden, sie mit mir nehmen. Sie gehören mir!"
Mit der linken Hand holte ich aus und scheuerte mir selber eine, sodass mein Kopf ruckartig zur Seite flog und meine Augen zu tränen begannen.
„Nein." Keuchte ich und krallte mich an die Oberfläche, drängte Rabbit mehr und mehr wieder zurück. „Das wirst du nicht tun." Mit einer Hand wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, mit der anderen griff ich nach dem kleinen Zettel und versuchte angestrengt meinen fliegenden Atem zur Ruhe zu bringen.
Rabbit wurde stärker, mit jedem Tag den wir hier verbrachten. Noch konnte ich sie zurückdrängen, doch die Zeit wurde knapp. Knurrend kratzte sie unter der Oberfläche, doch ich ließ sie nicht mehr nach oben kommen. Wie lange konnte das noch gut gehen?
Mit zitternden Händen faltete ich das zerknickte Papier auseinander und las die wenigen Buchstaben auf dem makellosen Material. Ungläubig zog ich die Augen zusammen und automatisch entwich mir ein Laut des Unglaubens.
Dann knüllte ich den Zettel zusammen und warf ihn in die verlassenen Gassen der umliegenden Straßen.
Es tut mir leid.
Bitte komm zurück, wir werden auf dich aufpassen. Versprochen.
D.Ein ungläubiges Lachen brach aus mir heraus als ich an die wenigen Zeilen dachte. Ein Lachen das mehr an den Wahnsinn grenzte als gut für mich war. Es tat ihm leid? Was tat ihm leid, meine Situation? Sein Versuch mich hinrichten zu lassen? Mein mickriges, damals noch allzu menschliches Dasein?
„Sag es mir, Dwayne, sag es, sag es!" zischten wir und mein Atem kam viel zu schnell aus meiner Lunge.
„Sag mir was dir LEIDTUT!"„Du solltest dankbar sein." Mein Kopf flog herum und mit glühenden Augen und zu einer Fratze verzogenen Gesicht starrten wir Amy an.
Ihre dunklen, leblosen Augen sahen uns einfach nur kalt von oben herab an. Aber da war noch mehr. Verwundert kniffen wir die unseren zusammen und legten den Kopf schief.Da war was unter der Oberfläche. Ein Gefühl, eine Emotion. Amy starrte zurück, ohne auch nur einmal geblinzelt zu haben.
„Du solltest glücklich sein."
Mir blieb der Atem weg. Sprachlos sah ich sie an, und eines meiner Augen klärte sich komplett und zeigte nur noch mich.Durch das andere blickte Rabbit. Amy hatte noch nie ein Wort in ihrem Satz betont, noch nie.
„Was meinst du damit?" spuckte Rabbit für uns durch meinen Mund aus, doch Amy blieb still. Für ein paar Sekunden starrten wir uns alle drei einfach nur an.
Dann glitt Amys Blick langsam zu mir, zu meinem Auge, weg von Rabbit.
„Du solltest glücklich sein." Wiederholte sie wieder und mir blieb die Spucke weg.
Dieses Mal sprach sie unwiderruflich zu mir und nur zu mir, mit jedem ihrer Worte sprach sie nur mich alleine an.
„Für dich betreten sie unsere Dimension, für dich kamen sie zurück. Dich haben sie gesucht, dich wollen sie retten." Etwas flackerte in ihren Augen auf, und plötzlich konnte ich es deuten. Hass und Neid lag in ihren Augen und ließ meinen Atem stocken. Sie sah mich aus ihren kalten Augen inmitten in ihrem kindlichen Gesicht an, Augen die die Dummheit ihres Gegenübers kannten und verurteilten.
Trocken schluckte ich. Oh ja, in diesem Moment hasste Amy mich wirklich und aus tiefsten Herzen. Denn ich und der zerknüllte Zettel standen für all das, was sie nie bekommen hatte. Was ihr verwehrt geblieben war. Der Weg zurück oder allein die Menschen, die mich zurückholen wollten.
„Doch für uns ist nie jemand gekommen. Nach uns hat nie jemand gesucht." Flüsterte sie. Ein neues Gefühl trat an die Oberfläche. Trauer, so eine unerschöpfliche Trauer die mir bis ins Mark fuhr.
„Du solltest glücklich sein." Hauchte sie ein letztes Mal.
Dann blinzelte sie und wandte ihre toten, kalten Augen von mir ab. Und ohne ein weiteres Wort zu sagen ging sie einfach davon.
DU LIEST GERADE
Dimension 2
ParanormalPia Schröder gibt es nicht mehr, davon sind die Mitglieder des Raven-Clans überzeugt. Seit ihrem Verschwinden aus dem Deutschen Hauptquartier wurde sie nicht mehr gesehen, und weder Familie noch Freunde scheinen sich an das siebzehnjährige Mädchen e...