Dimension 2

26

Raven

Wie ein Junge der Mist gebaut hatte und jetzt zum Rektor gerufen worden ist, saß Dwayne in dem länglichen Gang mit den breiten Eichenholztüren.

Es war, als hätte er eine Maske aufgesetzt. Nach außen hin glich er einer kalten, teilnahmalosen Puppe, doch innerlich spielten seine Gefühle Wrestling.

Das gesammte Gespräch spielte sich immer und immer wieder in seinem Kopf ab, auch wenn es jetzt schon wieder ein paar Stunden zurück lag. Er wollte Pias Worte nicht wahrhaben, wollte die Endgültigkeit nicht akzeptieren. Und trotzdem klang die alleseinnehmende Wahrheit noch immer in ihm nach.

Dennoch drehte sich sein Magen bei der bloßen Vorstellung um, zu groß war die Zerstörung von allem was er gewollt hatte. Die Schließung des Portals würde einen immensen Rückschritt bedeuten, ihre ganzen Möglichkeiten wieder auf Null zurücksetzen. Hinweg war die Möglichkeit die andere Dimension zu erforschen, die spirituellen Wesen zu verstehen. Pia zu retten.

Eine Tasache mit der er sich immer noch nicht abgefunden hatte.

Alles wofür er je gekämpft hatte, alles wofür er stand, wurde zunichte gemacht. Und das nicht zuletzt durch ihn selbst.

Doch fals er jetzt nicht handelte, fals er jetzt die falsche Entscheidung traf und Pia recht hatte... dann waren sie alle verloren.

"Verdammte Scheiße." Murmelte Dwayne nur und wischte sich die dunklen Strähnen aus der Stirn. Sein Haar war in den letzten Monaten schon wieder ziemlich lang geworden. Er musste es dringend wieder schneiden lassen, beziehungsweise Jace eine Schere in die Hand drücken und beten, dass dieser dem bekloppten YouTube Video auch korrekt folgte.

Er selber war im Schneiden so untallentiert wie ein Nielpferd auf Koks, und fünfzig Mäuse für einen Friseur alle drei Monate hin zu blättern sah Dwayne aus purer Sturheit nicht ein.

Als er es zum letzten Mal selber versucht hatte, hatte er notdürftigerweise im Nachhinein zum Rasierer greifen müssen.
Seitdem machte das Jace.
Auch vorher schon hatte er jegliche Frisösen gemieden wie die Pest, allerdings hatte es damals noch-

Dwayne schluckte und schloss für einen Moment die Augen. Da war er wieder, dieser Stich der Erinnerung der ihn wie ein Blitz durchzuckte. In letzter Zeit kamen sie immer öfter, und damit der miteinhergehende Schmerz.

Hannah.

Dwayne schüttelte den Kopf und atmete tief durch. Jetzt war nicht der richtige Moment. Er musste abwägen und planen. Doch zuerst musste er diesen Affenzirkus der Distriktführer überstehen.

Ein letztes Mal atmete er tief ein und verschloss all seine Gefühle und Gedanken in einer kleinen Box tief in seinem Inneren. Anstelle dessen weckte er die kalte Wut, die schon so lange in ihm glühte und jederzeit neu entfacht werden konnte.

Sie floss durch seine Adern wie flüssiges Eis, machte ihn unnahbar, unantastbar.

Die Tür zu seiner Rechten klickte leise als sie geöffnet wurde und Dwayne öffnete seine silbergrauen Augen. Ein gefährliches Glitzern ging von ihnen aus, welches jeden warnte, sich nicht mit ihm anzulegen.

Für den Moment hatte er sich vollkommen unter Kontrolle, eine Gabe die er schon vor langer Zeit hatte lernen müssen.

Dann erhob er sich und drehte sich zu den wartenden Distriktleitern um.

Ein kalter Wind brachte Dwaynes Schal zum Flattern und spielte mit dem Saum seiner Jacke.

Die Nacht warf dunkle Schatten auf die langen Wege des abgelegenen Parkes, der nur vereinzelt von ein zwei Straßenlaternen erhellt wurde.